Gelingt Angelique Kerber in Wimbledon die Titelverteidigung? Startet Alexander Zverev endlich bei einem Grand-Slam-Turnier durch? Und wer ist der Geheimtipp unter den Deutschen? Wir haben die Chancen der deutschen Teilnehmer in London unter die Lupe genommen.

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Wimbledon ist das prestigeträchtigste Tennis-Turnier der Welt. Angelique Kerber gewann im vergangenen Jahr als erste Deutsche seit Steffi Graf 1996 das Grand-Slam-Turnier von London. Bei den Herren ist der letzte Triumph schon etwas länger her. 1991 siegte Michael Stich im legendären Finale gegen Boris Becker.

Wir verraten, wie in diesem Jahr die Chancen der deutschen Teilnehmer bei dem legendären Rasen-Turnier sind.

Alexander Zverev: Aus dem Formtief befreit?

Die Nummer 5 der Weltrangliste erlebte bislang ein schwieriges Jahr. Mehrere Nebenschauplätze, vor allem der Streit mit seinem Ex-Manager und die Trennung von seiner Freundin, machten ihm das Leben schwer und läuteten einen Negativlauf ein.

Zuletzt allerdings zeigte seine Formkurve wieder nach oben. Er gewann das Turnier von Genf und erreichte bei den French Open das Viertelfinale. Das dürfte Selbstvertrauen für Wimbledon geben. Allerdings hat der 22-Jährige noch nie ein Turnier auf Rasen gewonnen.

Auftaktgegner für Zverev ist der 25-jährige tschechische Qualifikant Jiri Vesely. Die beiden haben auf der Tour bislang noch nie gegeneinander gespielt.

Einige Tennis-Legenden sehen Zverevs Entwicklung insgesamt kritisch. "Irgendwann wurde sein Spiel von den Gegnern erkannt. Er hat sich nicht weiterentwickelt", sagte etwa Boris Becker in der "Sport Bild". John McEnroe beurteilte das ähnlich: "Zverev spielt zu defensiv."

Jan-Lennard Struff: Unerwartet durchgestartet

Der 29 Jahre alte Jan-Lennard Struff zählt zu den Aufsteigern der vergangenen Monate und ist auf Platz 33 der Weltrangliste vorgeprescht. Bei den French Open 2018 erreichte er zum ersten Mal in seiner Karriere das Achtelfinale eines Grand-Slam-Turniers und scheiterte dort erst an der Nummer eins, Novak Djokovic.

In Paris schaltete Struff in der 2. Runde den Mann aus, der ihm in Wimbledon in Runde eins gegenübersteht: Radu Albot aus Moldawien (Weltranglistenplatz 40). Bei den French Open musste der Tiebreak in drei der vier Sätze die Entscheidung bringen.

Der Start in die Rasensaison verlief für Struff gut. In Stuttgart gelangte er bis ins Halbfinale. "Das war insgesamt ein sehr guter Rasensaisonstart, so gut wie nie", wird Struff vom "Tagesspiegel" zitiert: "Es gab ja Saisons, da bin ich nach Wimbledon gekommen und hatte auf Rasen kein Match gewonnen. Es gab auch Jahre, in denen habe ich auf Rasen gar kein Match gewonnen."

Philipp Kohlschreiber: Wimbledon ist ein gutes Omen

Der Auftakt in die Rasensaison hätte für die Nummer 57 der Welt kaum schlechter verlaufen können. In Halle wie auch in Stuttgart scheiterte er bereits in der 1. Runde. "Ich bin momentan nicht so solide, wie ich es gerne wäre", sagte der 35-Jährige Routinier bei Sky Sport.

Dennoch gibt er sich zuversichtlich. "Ich muss mir über das Training wieder Selbstvertrauen holen", sagte er und fügte hinzu: "Ich bin heiß darauf, dass ich die Rasensaison noch ins Positive rücke."

Was Mut macht: In Wimbledon sorgte Kohlschreiber schon öfter für eine Überraschung: 2012 erreichte er dort zum ersten und bislang einzigen Mal das Viertelfinale eines Grand-Slam-Turniers.

Das dürfte diesmal allerdings schwierig werden: Sein Auftaktgegner ist Titelverteidiger Novak Djokovic. Bislang konnte Kohlschreiber nur zwei von zwölf Duellen mit Djokovic gewinnen - eines davon aber immerhin in dieser Saison: in der dritten Runde in Indian Wells, auf Hartplatz.

Kevin Krawietz & Andreas Mies: Das Erfolgsdoppel von Paris

Ihr Sieg bei den French Open zählt zu den größten Tennissensationen der letzten Jahre. Das deutsche Doppel Kevin Krawietz und Andreas Mies ging ungesetzt ins Turnier und triumphierte am Ende.

Auf Rasen haben sie bislang allerdings ihre Probleme. In Halle und in Antalya verloren sie jeweils ihr Auftaktmatch. In Wimbledon sind sie an Nummer 13 gesetzt und treffen in der 1. Runde auf die ungesetzte Kombination Marcelo Demoliner/Divij Sharan aus Brasilien und Indien. Ein weiterer Grand-Slam-Sieg ist aber eher unwahrscheinlich.

Angelique Kerber: Titelverteidigerin und Favoritin?

Angelique Kerber, ehemalige Nummer 1 der Weltrangliste, steht aktuell auf Position 5, gewann in ihrer Karriere bereits drei Grand-Slam-Turniere und ist in Wimbledon Titelverteidigerin.

In der 1. Runde hat es die 31-Jährige in diesem Jahr gleich mit einer Landsfrau zu tun. Das bisher einzige Duell mit der gleichaltrigen Tatjana Maria verlor Kerber.

Barbara Rittner, Head of Womens Tennis im deutschen Verband, glaubt trotzdem an Kerber und sagte gegenüber Sky Sport: "Für mich ist sie die Favoritin auf den Titel. Sie hat das perfekte Spiel für Rasen. Sie macht einen guten und fitten Eindruck."

Ihre Sandplatzsaison verlief enttäuschend. Bei den French Open scheiterte sie bereits in der 1. Runde. Auf Rasen läuft es besser: In Mallorca erreichte sie das Halbfinale, in Eastbourne das Endspiel.

Julia Görges: Vorjahres-Halbfinalistin mit neuem Trainer

Julia Görges spielte vor einem Jahr in Wimbledon das wohl beste Turnier ihres Lebens, erreichte das Halbfinale und scheiterte dort erst an Serena Williams. Momentan steht die 30-Jährige auf Position 17 der Weltrangliste.

Auch wenn sie noch nie ein Rasenturnier gewann, scheint ihr dieser Belag durchaus zu liegen. Zuletzt spielte sie das Turnier in Birmingham und gelangte bis ins Finale, das sie erst gegen die French-Open-Siegerin und neue Nummer eins der Welt, Ash Barty, verlor.

Ende Mai nahm sie einen Trainerwechsel vor und wird nun von dem erst 27-jährigen Ex-Profi Sebastian Sachs gecoacht.

In Wimbledon ist Görges gegen die neun Jahre jüngere und ungesetzte Elena-Gabriela Ruse aus Rumänien, der sie auf der Tour noch nie gegenüberstand, in der 1. Runde klar favorisiert.

Tatjana Maria: Der Geheimtipp?

Die 31 Jahre alte Tatjana Maria befindet sich in einer guten Form und ist vor allem auf Rasen immer stark einzuschätzen. Zuletzt stieß die Nummer 65 der Weltrangliste in Nottingham und in Surbiton jeweils bis ins Halbfinale vor.

Im Einzel stand sie achtmal im Hauptfeld von Wimbledon, viermal davon kam sie über die 1. Runde hinaus. 2015 kam sie im Einzel bis in die 3. Runde. 2018 erreichte sie im Doppel sogar das Viertelfinale. Dieses Turnier liegt ihr also.

Gut möglich, dass sie auch diesmal für die eine oder andere Überraschung gut ist. Die ist jedoch schon in der 1. Runde nötig. Denn dort heißt die Gegnerin Angelique Kerber.

Andrea Petkovic: Eine Karriere mit Höhen und Tiefen

Die Karriere von Andrea Petkovic ist ein Auf und Ab. Im Jahr 2011 wurde sie plötzlich zum deutschen Tennisstar, als sie auf Position 9 der Weltrangliste stand. Seitdem gab es viele Verletzungsprobleme, aber auch einige Highlights wie die Halbfinalteilnahme bei den French Open 2014. In Wimbledon allerdings kam sie nie über die dritte Runde hinaus.

In diesem Jahr steht ihr mit Monica Niculescu (31) aus Rumänien eine ähnlich erfahrene Spielerin gegenüber, die bereits ihre 18. Saison als Profi bestreitet. Petkovic kennt die gleichaltrige Niculescu aus bereits sechs direkten Duellen, die Bilanz ist ausgeglichen.

Aktuell steht Petkovic auf Platz 69 der Weltrangliste. In Mallorca spielte sie ihr erstes Rasenturnier der Saison und scheiterte in der 1. Runde. In Eastbourne gelangte sie immerhin in die 2. Runde.

Verwendete Quellen:

  • Sport Bild (26/2019): "Legenden zerlegen Zverev"
  • Sport.sky.de: "Wimbledon: Angelique Kerber für Barbara Rittner Favoritin"
  • Sport.sky.de: "Nach Aus in Halle: Kohlschreiber richtet Fokus auf Wimbledon"
  • tagesspiegel.de: "Jan-Lennard Struff ist so gut wie noch nie"
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