• Uli Hoeneß zerlegt bei seinem Debüt als TV-Experte von RTL verbal den DFB, fordert personelle Konsequenzen und kritisiert das Krisenmanagement in Zeiten von Corona.
  • Als DFB-Vertreter bei der UEFA und FIFA bringt Hoeneß seinen langjährigen Bayern-Kollegen Karl-Heinz Rummenigge ins Spiel.

Mehr Fußballthemen finden Sie hier

Uli Hoeneß ist ein Mann der klaren Worte und war Jahrzehnte beim FC Bayern München als "Abteilung Attacke" bekannt. Daran knüpfte der 69-Jährige an, als er am Donnerstagabend beim Länderspiel zwischen Deutschland und Island sein Debüt als TV-Experte von RTL gab.

Das Spiel an sich, welches mit 3:0 für Deutschland endete, bot keinerlei Grund zur Kritik. "Nicht nur das Ergebnis hat mich überzeugt, sondern auch die Art und Weise, wie es zustande gekommen ist. So habe ich mir das vorgestellt", sagte Hoeneß.

Kaum war das Spiel abgearbeitet, lederte er allerdings so richtig los. Das Ziel seiner Attacke: der Deutsche Fußball-Bund.

DFB soll Führungsstruktur überdenken

"Der DFB muss seine Führungsstruktur überdenken. Es kann nicht sein, dass das so weitergeht", sagte Hoeneß. "Das Verhältnis zwischen Generalsekretär Friedrich Curtius und dem DFB-Präsidenten Fritz Keller ist ein Trauerspiel."

Was er damit meint? "Keller wurde als Präsident gewählt. Im gleichen Atemzug wurden die Rechte des Präsidiums eingeschränkt, damit sie weiterhin wurschteln können wie sie wollen. Das kann so nicht sein."

Hoeneß fordert personelle Konsequenzen beim DFB: "Ich denke da speziell an den Generalsekretär, der für mich völlig überfordert ist mit dieser Position."

Auch DFB-Schatzmeister Stephan Osnabrügge bekam von Hoeneß sein Fett weg: "Der Schatzmeister ist ein Arbeitsrechtler. Und wir wissen selbst, die Steuerfahndung geht beim DFB in etwa so oft ein wie der Briefträger. Das kann so nicht weitergehen."

Hoeneß spricht von "drei Unzufriedenen" beim DFB

Hoeneß war nicht zu stoppen. Sein nächstes Opfer ist Rainer Koch gewesen, der im Jahre 2019 bereits fünf Monate interimsweise der DFB-Präsident gewesen ist.

"Rainer Koch glaubt eigentlich, dass er der Geeignete wäre. Und deshalb versuchen diese drei Unzufriedenen ständig, das Geschäft zu machen. Der Leidtragende ist Fritz Keller. Wenn sich da nicht eine vernünftige Lösung findet, dass irgendjemand im Verband mal ruhig arbeiten kann, dann wird das nichts mehr."

Hoeneß bringt Rummenigge bei FIFA und UEFA ins Spiel

Damit nicht genug. Auch die DFB-Vertreter bei den Verbänden FIFA und UEFA seien völlig falsch besetzt. "Wir sind mit Herrn Koch bei der FIFA vertreten. Jetzt soll Peter Peters, der bei Schalke nicht gerade gute Arbeit geleistet hat, in das UEFA Board gehen."

Dies seien laut Hoeneß nicht die geeigneten Personen. Daher bringt er seinen langjährigen Vorstands-Kollegen vom FC Bayern München ins Spiel.

"Mein Vorschlag wäre, dass Karl-Heinz Rummenigge, der ja beim FC Bayern aufhört, beide Ämter irgendwann übernehmen sollte", sagt Hoeneß. "Das heißt, das Amt des DFB bei der UEFA und bei der FIFA. Dann hätte der DFB den besten Vertreter."

Coronakrise im Fußball: "Es gibt keine Konzepte"

Damit war die Kritik am DFB allerdings noch nicht abgeschlossen. Im Gegenteil: Auch deren Krisenmanagement in der Corona-Pandemie kritisierte Hoeneß scharf.

"In all diesen Zeiten höre ich vom DFB überhaupt nichts. Die Pandemie ist ein Riesenproblem für den Amateur- und Jugendfußball. Es gibt keine Konzepte."

Und weiter: "Jetzt müssten die Herrschaften mal anfangen, Konzepte zu entwickeln. Es sind hunderttausende von Jugendliche aus den Vereinen ausgetreten, weil sie nicht mehr kicken und trainieren können."

"Wir brauchen die Nachwuchsarbeit, wir brauchen den Amateurfußball. Der muss von denen besser bearbeitet werden und von der Bundesliga besser unterstützt werden, damit wir das gemeinsam verändern."

Dies sollte im Interesse des gesamten Fußballs sein: "Denn wenn der Jugend- und Amateurfußball kaputt geht, können wir auf Dauer auch keinen optimalen Profisport haben."

Spiel fand trotz Corona-Infektion statt – Hoeneß befürwortet das

Doch es ging bei dem Experten-Debüt von Hoeneß nicht nur um den DFB. Auch zu anderen Themen bezog er Stellung.

Eine klare Meinung hatte Hoeneß zu der oftmals aufkommenden Kritik, dass der Fußball bei Quarantäne-Regelungen bevorteilt werden würde. Der Hintergrund: Am Tage des Spiels wurde bekannt, dass Nationalspieler Jonas Hofmann positiv auf Corona getestet wurde. Dennoch konnte das Spiel stattfinden.

"Die Leute müssen verstehen, dass Fußball in diesem Fall Beruf ist. Und wenn bei BMW oder bei Daimler-Benz ein Corona-Fall auftritt, geht auch nicht die ganze Belegschaft nach Hause", bringt Hoeneß als Vergleich.

"Wenn die Hygiene-Konzepte greifen und die Gesundheitsbehörde das überprüft und für gut empfunden hat, dann können sie auch spielen. Aber es darf keine Vorteile für den Fußball geben."

Hoeneß verteidigt Engagement in Katar

Dass die Nationalspieler vor Anpfiff mit dem Slogan "Human rights" gegen die Menschenrechtssituation beim WM-Gastgeber Katar protestierten, beurteilte Hoeneß positiv: "Wir wollen ja die mündigen Spieler haben. Es ist völlig berechtigt, so etwas zu machen."

Bei dieser Gelegenheit rechtfertigte er auch gleich die oftmals in der Kritik stehenden Kooperationen des FC Bayern München nach Katar: "Eine WM in Katar und ein Engagement des FC Bayern kann dazu führen, dass die Arbeitsbedingungen besser werden. Wenn Spieler solche Aktionen machen, dann machen sie das im Sinne der Vereine und Verbände."

Auch bei den nächsten beiden Länderspielen von Deutschland, und zwar gegen Rumänien am Sonntag und gegen Nordmazedonien am Mittwoch, wird Hoeneß wieder als TV-Experte agieren.

Man darf gespannt sein, wen er sich dann vorknöpft.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.