Kai Havertz hatte es bei seinem Start beim FC Arsenal nicht leicht. Inzwischen ist der 24-Jährige aber zum absoluten Leistungsträger gereift, was an verschiedenen Faktoren liegt. Fakt ist: Die "Gunners" sind auch dank Havertz bereit für das Viertelfinale in der Champions League.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Andreas Reiners sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Popstar Shakira war weit und breit nicht zu sehen. Das weltbekannte "Tsamina mina, eh, eh. Waka Waka, eh, eh” ertönte trotzdem lautstark. Textlich leicht abgeändert allerdings, denn es folgte: "60 Million down the drain, Kai Havertz scores again". Heißt so viel wie: "60 Millionen Pfund in den Sand gesetzt, Kai Havertz trifft wieder."

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Die Fans des FC Arsenal feiern den deutschen Nationalspieler mit dem Lied inzwischen. Eigentlich war der Hintergrund der Gesangseinlage Häme. Kritik. Und Frust, nachdem es zwischen Havertz und dem FC Arsenal nach dem Wechsel im vergangenen Sommer lange nicht funken wollte.

Es war der 30. September 2023, als das Lied in Bournemouth das erste Mal in der Fankurve ertönte, Havertz hatte damals seinen ersten Pflichtspieltreffer erzielt. Englische Fans sind mit ihrer Kritik oft humorvoll, aber auch pointiert. Dass sie sich inzwischen selbst ein Stück weit auf die Schippe nehmen, indem sie Havertz mit dem gleichen Lied nun hochleben lassen, ist auch eine Art Ritterschlag. Insgesamt spiegelt das Lied seinen Werdegang in dieser Saison ziemlich gut wider.

Der Deutsche selbst feiert es, wie er gefeiert wird. "Ich mag den Song, ich mag die Melodie. Also für mich gibt es da nichts dran auszusetzen. Ich glaube, mittlerweile hat es auf jeden Fall Klick gemacht. Ich fühle mich extrem wohl", sagte er bei Sky.

Er liebe den Verein, er liebe die Spieler, den Staff und die Fans, so Havertz: "Also für mich war es das absolut Richtige, das zu machen", sagte er. Und verriet, dass "Waka Waka" hin und wieder auch in der Kabine gespielt wird, was ein "cooles Gefühl" sei.

Vom Fehleinkauf zum Leistungsträger

Ein cooles Gefühl verspürt Havertz auch endlich bei den "Gunners", nachdem er angesichts der Ablösesumme von umgerechnet rund 75 Millionen Euro im Herbst noch als Fehleinkauf und Millionenflop abgestempelt wurde.

Doch Trainer Mikel Arteta, der Havertz unbedingt wollte und vom FC Chelsea holte, hielt an dem 24-Jährigen fest. Der zahlt das in ihn gesetzte Vertrauen und die fast schon liebevolle Geduld inzwischen mit konstanten Top-Leistungen zurück.

Nach nur einem Treffer und einer Vorlage in den ersten 19 Pflichtspielen dreht Havertz mehr und mehr auf, vor allem in den vergangenen Wochen. Zuletzt beim 3:0 bei Brighton & Hove Albion traf er zum fünften Mal in den letzten sieben Ligaspielen.

Außerdem steuerte er parallel vier Vorlagen bei – auf mehr Torbeteiligungen kommt in der Premier League in diesem Zeitraum niemand. Neun Tore und fünf Assists sind es insgesamt in der Liga.

Havertz sorgt zusammen mit Saka, Jesus und Ödegaard für Spektakel

"Ich bin sehr zufrieden mit ihm", sagte Arteta zuletzt auf einer Pressekonferenz: "Er hat einen großen Einfluss auf die Mannschaft. Er hat gerade bei uns angefangen, es ist seine erste Saison, er baut Beziehungen auf. Er ist so gut, er ist so intelligent, er kann noch viel besser werden", so der Arsenal-Coach. Dass Havertz das aktuelle Niveau erreicht hat, hat verschiedene Gründe.

Zum einen ist er nicht der Alleinunterhalter, "er hat einige fantastische Spieler um sich herum", betont Arteta. "Wir haben versucht, das richtige Umfeld für ihn zu schaffen, was meiner Meinung nach für jeden Spieler sehr wichtig ist."

In der Offensive sorgt Havertz zusammen mit Bukayo Saka, Gabriel Jesus und Martin Ödegaard, die sich hervorragend unterstützen und ergänzen, für Spektakel. Denn nicht umsonst stellen die "Gunners" mit 75 Toren die beste Offensive der Liga. Daneben macht ihm auch das Zusammenspiel mit seinem früheren Chelsea-Teamkollegen Jorginho das Leben einfacher, beide kennen sich bestens.

Mehrere Faktoren für den Erfolg

Hinzu kommt der persönliche Faktor. Denn der Gegenwind hat Havertz am Anfang durchaus zugesetzt, die Kritik musste er erst einmal abschütteln. "Wir haben ihm Selbstvertrauen gegeben, ich denke, wir haben ihm hoffentlich die Liebe gegeben, die er braucht.

Und danach hat er die Anerkennung von den anderen Spielern und den Mitarbeitern des Vereins und jetzt sicher auch von unseren Fans", so Arteta, der weiß: "Ein Spieler, der dieses Herz und diese Entschlossenheit hat - dafür lieben ihn alle."

Und dann wäre da noch der spielerisch-taktische Faktor. Denn Havertz ist theoretisch flexibel einsetzbar, ob nun als Mittelstürmer, als falsche Neun, als Acht, als Nummer 10 oder gar als Linksverteidiger wie beim fehlgeschlagenen Experiment in der Nationalmannschaft. Bei Arteta hat Havertz den Platz gefunden, der seine Stärken am besten zur Geltung bringt.

Zuletzt wurde er regelmäßig als Mittelstürmer aufgeboten, ohne dabei aber klassisch als Knipser im Strafraum auf den Ball zu warten. Havertz glänzt mit seinen herausragenden technischen und spielerischen Fertigkeiten, er agiert mannschaftsdienlich als Anspielpartner und mit tiefen Laufwegen und beschäftigt den Gegner mit seiner unangenehmen Spielweise im Grunde permanent.

Unglaubliche Offensiv-Qualitäten

Was in Arsenals 4-3-3-Formation wunderbar funktioniert. Er ist ein wichtiges Puzzlestück in dem Verbund, mit dem Arteta einen Titelkandidaten geformt hat. "Er hat unglaubliche Fähigkeiten, um in der Angriffsphase die Räume der Verteidiger zu besetzen, den Ball zu spielen, um den Spielzug zu verbinden, besonders wenn man direkter spielen muss", lobte Arteta.

Doch nicht nur das: "Ich denke, sein Beitrag in der Defensive ist hervorragend für das Team, sein Arbeitseinsatz und der Einsatz beim hohen Pressing insbesondere."

Ein weiteres Erfolgsgeheimnis: Der Trainer setzt auf den Flow. Arteta erklärt das so: "Oft entscheiden die Spieler, wo sie spielen sollen, und wir können bestimmte Vorstellungen haben, aber dann sieht man bestimmte Beziehungen und einige Dinge fließen". Und wenn es fließe, müsse man es laufen lassen, so der Arsenal-Coach: "Ich denke, dass Kai im Moment im Flow ist und er sich dort wirklich wohlfühlt, der Rest der Mannschaft fühlt sich mit ihm dort wohl und die Dinge passieren ganz natürlich."

Was dazu führt, dass zum Beispiel die britische Tennis-Ikone Andy Murray bei X fragte: "Wie gut ist Kai Havertz?!" Er lieferte selbst eine Antwort: "Einfach einer der besten Offensiven in der Premier League!"

"Wir spielen jede Woche am Limit, vielleicht geht es ja noch besser."

Kai Havertz vor Arsenals Spiel gegen die Bayern

Die Bayern haben im Viertelfinale der Champions League also alle Hände voll zu tun mit einem hervorragend aufgelegten Havertz im Speziellen und dem aktuellen Spitzenreiter der Premier League im Allgemeinen, der laut Havertz möglicherweise sogar noch mehr im Köcher hat. "Wir spielen jede Woche am Limit, vielleicht geht es ja noch besser", sagte er bei TNT Sports. Einstellung und Einsatz der "Jungs" seien "phänomenal", ergänzte er, "jeder gibt in jedem Spiel alles, deshalb sind wir so erfolgreich".

Man müsse so weitermachen, es stehe jetzt das nächste große Spiel an" sagte Havertz: "Ich habe Spaß und werde versuchen, der Mannschaft zu helfen. Ich hoffe, dass ich so weitermachen kann." Damit das "Tsamina mina, eh, eh. Waka Waka, eh, eh” auch gegen die Bayern ertönt.

Verwendete Quellen:

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