Manchester United ist trotz der Transfers von Zlatan Ibrahimovic und Paul Pogba wieder nur Mittelmaß, Trainer Jose Mourinhos Maßnahmen sorgen eher für Verwirrung als Stabilisation. Ergibt sich in diesem Chaos einer neue Chance für Bastian Schweinsteiger?

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Am Anfang gab es noch etwas zu feiern. Also zumindest eine Kleinigkeit und nur für einen der rotgewandeten Spieler. Zlatan Ibrahimovic trat an zum 800. Pflichtspiel seiner Profikarriere. Manchester United ist der achte Klub des Schweden seit 1999. Aber selbst damals, mit Malmö FF, hat Ibrahimovic kaum einmal drei Spiele in Folge innerhalb einer Woche verloren.

Das ist ihm jetzt in Manchester passiert und mit dem Superstar auch dem Rest der roten Bande. Der vernünftige Saisonstart mit zwar überschaubaren Leistungen, aber wenigstens drei Siegen aus drei Spielen ist verwischt, United hinkt Lokalrivale City schon sechs Punkte hinterher. Und Jose Mourinho, der große Heilsbringer, sieht sich einem leichten Anflug von Kritik ausgesetzt.

Schlechte Abstimmung ist nicht zu übersehen

Die Fans sind sauer, weil Mourinho einen ungewöhnlichen Fußball spielen lässt, der dann am Ende auch nicht erfolgreich ist. Nicht erst gegen Watford waren Passagen zu sehen, in denen der eine Teil der Mannschaft nach Ballverlust nach vorne schob, um sofort ins Gegenpressing zu gehen, während der Rest zurückfiel und in der Defensive die Reihen schloss.

Das kratergroße Loch im Mittelfeld bespielen dann auch vermeintlich schwächere Gegner konsequent und kommen so immer wieder zu Torchancen. So kassierte United unter anderem das entscheidende Gegentor in der Europa League gegen Feyenoord Rotterdam.

Gegen Watford ging noch deutlich mehr schief und trotzdem wollte Mourinho wieder einmal auch den Referee in der Verantwortung sehen. "Wir können und müssen an uns arbeiten, sowohl aus kollektiver als auch individueller Sicht. Aber ich kann nicht kontrollieren, was die Referees machen. Ich kann an ihren Fehlern nichts ändern."

Manch einem Fan kommen diese Worte bekannt vor. Und nicht wenige ermüden sie bereits nach wenigen Wochen der noch jungen Saison. Längst ist auch Mourinhos Personalauswahl Gegenstand der Debatten. Gegen Watford durfte wieder einmal Marouane Fellaini im Mittelfeld ran. Der Belgier ist so etwas wie der Dauer-Sündenbock der United-Fans, seit drei Jahren ist Fellaini im Prinzip nur geduldet - und bekommt doch bei jedem neuen Trainer wieder seine Einsatzzeiten.

Wayne Rooney floppt im Mittelfeld

Wayne Rooney trieb sich gegen Watford in einem 4-3-3-System im Mittelfeld rum und damit viel zu weit entfernt vom gegnerischen Tor. Was genau Mourinho zur Systemumstellung weg vom 4-2-3-1 und zur eigenwilligen Rolle Rooneys getrieben hat, war auch danach nicht zu erfahren. Vielleicht war es eine Reaktion auf sein Gegenüber Walter Mazzarri, der als einer wenigen Trainer in der Premier League mit einer Dreierkette spielen lässt. Aber seit wann richtet sich Manchester United nach einem Klub wie dem FC Watford?

Nimmt man dann noch die Worte des Trainers aus dem Sommer dazu, schließt sich der Kreis und die Verwirrung ist perfekt. "Ich sehe Rooney als eine Neun, eine Zehn, vielleicht eine falsche Neun", sagte Mourinho damals. "Aber ganz bestimmt nicht auf der Sechs oder in der Halbposition auf der Acht." Aber genau dort wurde Rooney eingesetzt. Erst nach der Pause beorderte Mourinho den alternden Star weiter nach vorne auf die Zehn.

Und wenn dann auch noch Rekordtransfer Paul Pogba nicht in die Spur findet und keine Bindung zu den Kollegen schafft, spielt United eben wie United in diesen Tagen spielt: Uninspiriert, ideenlos und teilweise sogar konfus.

Die ersten Fans jedenfalls sehen sich schon wieder erinnert an die letzten Jahre. Seit dem Abgang von Sir Alex hat es kein Coach geschafft, United wieder zurück zu alter Stärke zu führen. Mourinho sollte jetzt alles besser. Bislang ist kaum eine Besserung in Sicht. Auch deshalb werden die Rufe nach einer neuen Spielausrichtung und anderen Spielern schon wieder lauter.

Bekommt Bastian Schweinsteiger eine Chance?

Bastian Schweinsteiger schien im Prinzip schon weg aus Manchester, angeblich wollte der Klub den Vertrag des Deutschen auflösen, um ihn frei zu machen für mögliche Interessenten und Schweinsteiger damit von der Gehaltsliste kriegen. Angeblich stellte United dem Spieler acht Millionen Euro Abfindung in Aussicht.

Aber der Routinier ist immer noch da - und im Gegensatz zum Europapokal für die Premier League gemeldet. In den sozialen Medien mehren sich die Forderungen nach einer Rückholaktion des Deutschen. Und in der Tat könnte ein sicherer Passspieler wie Schweinsteiger der verunsicherten Mannschaft ein bisschen mehr Ruhe und Stabilität verleihen und die überforderten Stars durch seine Anwesenheit auch eine Spur entlasten.

Aber Mourinho wäre nicht Mourinho, würde er jetzt auf Druck von außen einknicken und den abgeschobenen Schweinsteiger "begnadigen". Es ist trotz der sportlichen Tristesse kaum zu erwarten, dass der Deutsche in naher Zukunft die Chance bekommt, United auf dem Spielfeld zu helfen. Dafür waren Mourinhos Signale der letzten Wochen zu stark und eindeutig.

Der Trainer jedenfalls würde eine ganze Menge seiner Aura verspielen. Eine erneute Chance für Schweinsteiger würde eher als Schwäche Mourinhos ausgelegt werden, nicht als großzügige, einsichtige Geste des Portugiesen zum Wohle des Klubs. Und diese Blöße dürfte sich Jose Mourinho eher nicht geben.

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