Das Auftaktspiel gegen die Ukraine hatte die deutsche Nationalmannschaft bei der Fußball-EM 2016 in Frankreich zwar gewonnen. Doch der 2:0-Sieg offenbarte vor allem im Defensivverhalten noch Schwachstellen, die im Anschluss zu Kritik führten. Diese Kritik möchte Abwehrchef Jerome Boateng vor dem Polen-Spiel so nicht stehenlassen und spricht von einer falschen Darstellung in der Öffentlichkeit.

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Shkodran Mustafi und Bastian Schweinsteiger waren die Torschützen beim mühsam erkämpften 2:0-Auftaktsieg Deutschlands gegen die Ukraine bei der Fußball-EM 2016. Souverän war die Leistung des DFB-Teams dabei allerdings nicht, die Ukraine hatte mehrmals die Chance zum Ausgleichs- und Anschlusstreffer.

Defensive Probleme gegen die Ukraine

Das Defensivverhalten der deutschen Mannschaft hatte noch einige Abstimmungsprobleme offenbart, welche der Ukraine gute Tormöglichkeiten bescherten. Als Beleg dafür wird Jerome Boatengs grandiose Rettungstat auf der Linie gegen Yevhen Konoplyanka als eine der spektakulärsten Szenen dieser EM in Erinnerung bleiben.

Nun ist es eben dieser Jerome Boateng, der in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" die Kritik an der deutschen Defensive kritisiert. Es geht dem Innenverteidiger vom FC Bayern um eine selektive Wahrnehmung in den Medien und der Öffentlichkeit, mit der man sich auf die DFB-Abwehr einschießen würde. "Es ist jedenfalls nicht so, wie es manchmal in der Öffentlichkeit dargestellt wird."

Boateng fordert - nicht zu Unrecht - die tatsächlich bestehenden Abstimmungsprobleme im deutschen Team als Ganzes zu betrachten und nicht nur an einem Mannschaftsteil - der Abwehr - festzumachen. "Es ist kein Problem der Abwehr", betont der 27-Jährige und nimmt für eine moderne Defensivarbeit auch die Offensive in die Pflicht.

Jerome Boateng: "Das Problem geht vorne los"

"Das Problem geht vorne los, da wird der Gegner vielleicht nicht mehr richtig angelaufen, und dann fällt es automatisch auch dem Mittelfeld schwer, aggressiv dagegen zu gehen." Dadurch entstünde eine unheilvolle Kettenreaktion, die zwangsläufig zu gegnerischen Torchancen führen würde. "Das war es, was gegen die Ukraine passiert ist."

Man müsse einfach die vorab besprochenen taktischen Vorgaben einhalten und die entsprechenden Laufwege auch gehen. "Stürmer und Mittelfeldspieler könnten es uns Abwehrspielern manchmal leichter machen."

Umgekehrt müsse aber auch die Defensive die Grundlage für erfolgreiches Offensivspiel bilden. "Wir Abwehrspieler müssen ja auch dafür sorgen, dass wir Konter abfangen und unsere Offensivspieler gleich wieder anspielen. Es geht nur zusammen! Das muss für uns die Lehre aus dem ersten Spiel sein", erklärt Boateng in der "SZ" und beruft sich dabei auf ein Mantra des Mannschaftssports: Man gewinnt zusammen und man verliert zusammen.

Kein erneuter Spannungsabfall gegen Polen

Dies gelte auch für einen weiteren Fehler im Spiel gegen die Ukraine, den man schon gegen Polen zwingend vermeiden müsse: "Nach dem Führungstor ist die Spannung einfach ein bisschen runtergegangen. Wenn das im weiteren Verlauf des Turniers gegen andere Mannschaften passiert, dann klingelt's ein-, zweimal."

Vor allem, wenn man sich wie im Gruppenspiel gegen Polen (ab 20:45 Uhr im Live-Ticker) einem Weltklassestürmer wie Robert Lewandowski gegenübersieht. "Robert ist ein Top-Stürmer, aber natürlich kommt es auch bei ihm auf die Tagesform an", meint Jerome Boateng. "Wenn er gut drauf ist, dann kann er plötzlich innerhalb einer Halbzeit fünf Tore schießen."

Damit das nicht gegen Deutschland passiert, sind Boatengs Worte und seine Kritik an der Kritik auch als Mahnung zu verstehen: Erfolgreiche Defensive beginnt im Angriff - und andersherum.

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