Gegen die Niederlande hielt Ann-Katrin Berger mit überragenden Paraden den Sieg für das deutsche Team fest. Im WM-Jahr hat die Bundestrainerin auf der Torhüterinnenposition die Qual der Wahl. Und Berger macht im Exklusiv-Interview eins deutlich: Sie will es Martina Voss-Tecklenburg so schwer wie möglich machen.

Ein Interview

Frau Berger, wichtigste Frage gleich vorab: Wie geht’s dem Sprunggelenk?

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Ann-Katrin Berger: Dem Sprunggelenk geht’s soweit ganz gut. Keine Beschwerden. Ich bin zuversichtlich für das Spiel gegen Brasilien.

Gegen die Niederlande ist dem DFB-Team der erste Sieg im WM-Jahr gelungen. Besonders souverän war der Auftritt jedoch nicht. Was sind Ihrer Meinung nach aktuell die größten Baustellen im deutschen Team?

Baustellen hören sich immer so groß an. Wir mussten uns erstmal ausprobieren, Erkenntnisse sammeln. Manche Spielerinnen haben andere Positionen und in neuen Konstellationen gespielt. Ich glaube, wir haben viel Platz für Verbesserungen: im Aufbauspiel natürlich, aber auch bei kleinen taktischen Dingen. Wir müssen das Spiel manchmal ein bisschen besser auslaufen lassen, aber das sind Kleinigkeiten. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass wir alle mitten in der Saison sind und einige Spiele absolviert haben. Aber bis zur WM habe ich da gar keine Bedenken. Wir sind, wie man gesehen hat, super besetzt. Obwohl fußballerisch noch Luft nach oben war, haben wir 1:0 gegen die Niederlande gewonnen. Ich glaube, damit kann man schon mal ein wenig zufrieden sein. Und ins Detail gehen wir auf jeden Fall vor der WM.

Im nächsten Spiel geht es gegen Brasilien (Dienstag, 11.4. LIVE in der ARD). Beeinflusst es eigentlich die Vorbereitung des Teams, dass Spiele anderer Nationalteams außerhalb der großen Turniere bei den Frauen medial kaum stattfinden?

Vor fünf Jahren hätte man die Frage noch bejahen können, aber mittlerweile ist alles so digital, dass man sich vieles im Vorfeld anschauen kann. Ganz aktuell hat Brasilien gegen England gespielt, das heißt, da haben wir schon ein paar Ideen gekriegt, wie wir die Räume gegen die Brasilianerinnen nutzen können. Auch wenn wir nicht so oft gegen südamerikanische Teams spielen - oder generell außerhalb von Europa - kann man sich mittlerweile sehr gut Informationen einholen.

In Nürnberg sind schon 30.000 Tickets verkauft. Können sich die Fans auf ein starkes Duell freuen?

Das auf jeden Fall. 30.000 ist schon eine tolle Zahl und gegen Brasilien wird es hoffentlich eine tolle Atmosphäre. Deutschland gegen Brasilien ist auch im Frauenfußball eine große Hausnummer.

Eine große Nummer ist eigentlich auch jede deutsche Partie gegen die Niederlande. Trotzdem zeigte das ZDF das Spiel der Frauen nur im Stream und nicht im TV. Was ist Ihnen wichtiger: ein volles Stadion oder die Aufmerksamkeit einer Fernsehübertragung?

Ich würde sagen, beides. Man kann sich nicht auf eins festlegen. Natürlich wünschen wir uns volle Stadien, aber es gibt auch Menschen, die es nicht ins Stadion schaffen. Mittlerweile haben wir so viele Menschen begeistert, dass ich mir wünschen würde, dass wir regelmäßig im TV gezeigt werden. Darauf arbeiten wir hin.

Berger zu TV-Rechten bei der WM: "Hoffe wirklich, dass es so schnell wie möglich geklärt wird"

In Deutschland sind die TV-Rechte für die WM noch immer nicht vergeben. Kriegt man da als Nationalspielerin nicht innerlich einen Schreikrampf?

Man kann das von zwei Seiten sehen. Es ist schon mal etwas Gutes, wenn mehrere Parteien verhandeln. Aber gleichzeitig ist man neugierig, wo die Spiele zu sehen sein werden. Ich hoffe wirklich, dass es so schnell wie möglich geklärt wird. Viele können nicht nach Australien reisen, aber wir wollen die Menschen in Deutschland natürlich trotzdem erreichen.

Sie spielen für den FC Chelsea. Ist England in der Entwicklung des Fußballs der Frauen wirklich weiter, oder wirkt es nur so, dass England fünf Schritte voraus ist und Deutschland hinterherläuft?

Durch die EM hat sich in England schon einiges geändert. Dort wird in das englische Nationalteam viel Geld investiert, aber auch in die Liga. Man muss gleichzeitig bedenken: Vielleicht wird dort mehr investiert, jedoch bekommen kleinere Ligen oder Vereine nicht so viel Geld. Die mediale Begleitung in England ist überragend, dafür gibt es im Hintergrund an anderen Stellen Defizite. In Deutschland gibt es noch Luft nach oben. Aber durch die EM erzählen auch die Mädels hier, dass die Bundesligaspiele deutlich mehr Zuschauerinnen und Zuschauer haben. Und das freut mich sehr für sie. Wir haben es uns einfach über die Jahre hinweg verdient.

Berger: "Natürlich würde ich gerne spielen"

Die EM in England war ein gutes Stichwort. Dort saßen Sie lediglich auf der Bank. Nun haben Sie sowohl beim FC Chelsea, als auch im DFB-Team in letzter Zeit überragende Paraden gezeigt. Eigentlich gilt Merle Frohms als deutsche Nummer eins im Tor, oder gibt es eventuell doch eine Torhüterinnenfrage im deutschen Team?

Ich würde nicht sagen, dass es eine Torhüterinnenfrage gibt. Es gibt gute Torhüterinnen im Team. Deutschland hatte auf dieser Position noch nie Probleme, würde ich behaupten. Ich versuche, es der Trainerin (Martina Voss-Tecklenburg, Anm.d.Red.) so schwer wie möglich zu machen. Ich versuche, meine Leistung im Verein zu bringen und andererseits, wenn ich wie gegen die Niederlande die Chance bekomme, diese dann auch zu nutzen. Das ist im Endeffekt das Einzige, was ich machen kann. Schlussendlich entscheidet es die Bundestrainerin.

Also wird es kein "Kahn vs. Lehmann"-Reloaded geben, wie wir es bei den Männern 2006 erlebt haben?

Nein, in der Hinsicht sind Merle Frohms und ich gute Sportskameradinnen. Natürlich würde ich gerne spielen, das ist keine Frage, ansonsten wäre ich nicht bei der Nationalmannschaft. Im Verein ist es genauso. Ich versuche, mein Bestes zu geben, damit ich spiele und wenn ich dann die Möglichkeit habe, versuche ich, mich zu zeigen.

Was bedeuten Ihnen die Auftritte mit dem DFB-Team?

Es ist ein überragendes Gefühl, für die Nationalmannschaft zu spielen. Es war schon immer mein Traum. Ich bekomme auch in meinen alten Jahren immer noch Gänsehaut. Jedes Spiel für die Nationalmannschaft oder auch einfach Fußball zu spielen sind für mich schöne Momente. Und die genieße ich gerne. Ich hoffe, dass ich das noch ein paar Jahre mehr machen kann.

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