Serge Gnabry zählt beim FC Bayern und im DFB-Team schon jetzt zu den Leistungsträgern. Joachim Löw revolutioniert passenderweise ein altbekanntes Credo von Louis van Gaal ("Müller spielt immer"). Der Leidtragende ist unter anderem: Thomas Müller.

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Joachim Löw ist ein kluger Mann. Er weiß um die Strahlkraft seiner Worte und der peniblen Beobachtung seiner Schritte in der Öffentlichkeit. Dementsprechend dürfte er auch geahnt haben, was seine jüngsten Aussagen bezüglich Serge Gnabry für einen Nachhall haben würden.

"Müller spielt immer", hatte einst Louis van Gaal über den damals jungen Burschen Thomas Müller gesagt. "Serge Gnabry spielt immer bei mir", sagt Löw heute und revolutioniert damit ein altbekanntes Credo, nein ein Gesetz.

Denn Müller spielt(e) wirklich immer. Ob unter van Gaal, Jupp Heynckes, Pep Guardiola, Carlo Ancelotti, Niko Kovac beim FC Bayern oder eben Löw: Sie alle hielten dieses Gesetz ein. Bis vor Kurzem. Der Bundestrainer brach es Anfang des Jahres und setzte Müller in der Nationalmannschaft vor die Tür. Er baut nun auf andere. Gnabry zum Beispiel.

Auch beim FC Bayern ist der Offensivspieler überraschend schnell zum absoluten Leistungsträger aufgestiegen. Und auch beim FC Bayern könnte Müller zeitnah einer der Leidtragenden sein. Denn: Gnabry spielt immer.

Löw baut lieber auf Gnabrys Dynamik denn auf Müllers Instinkt

Eines sei festgehalten: Serge Gnabry ist ein gänzlich anderer Spielertyp als Thomas Müller. Und doch haben sie eines gemein: Beide sind unheimlich effektiv in ihrem Spiel. Genau jene Effektivität traf auf Müller im DFB-Dress in den vergangenen zwei, drei Jahren jedoch nicht mehr zu, woraufhin Löw reagierte.

Anschließend erklärte er: "Wir wollen mit jungen Spielern und einer neuen Spielidee in die EM-Qualifikation gehen", und nannte "Handlungsschnelligkeit", "Dynamik" und "Flachpassspiel" als wichtige Indikatoren. Oder an einem Beispiel festgemacht: Löw baut nun lieber auf Gnabrys Dynamik denn auf Müllers Instinkt.

Und das hat sich bisher ausgezahlt. Gnabrys Treffer zum 2:0 gegen Nordirland war sein neunter im zehnten Länderspiel. Damit traf der 24-Jährige im Schnitt alle 86 Minuten ins Netz. Es gibt schlechtere Werte.

Kein Wunder also, dass Löw sich im Anschluss an die Partie vor die Kamera stellte und schwärmte: "Serge macht es wirklich klasse. Nicht nur im Abschluss, sondern er ist auch ein wichtiger Zielspieler für uns geworden." Und weiter: "Er ist fußballerisch auf einem extrem hohen Niveau." Die Folge: Gnabry spielt immer.

Gnabry ist "die größte Überraschung" beim FC Bayern

Gnabrys Aufstieg in der deutschen Nationalmannschaft geht Hand in Hand mit seiner rasanten Entwicklung beim FC Bayern. Kaum einer hatte ihm diese Rolle beim deutschen Rekordmeister zugetraut, als er von seiner Leihe von der TSG 1899 Hoffenheim an die Säbener Straße zurückkehrte.

Nicht einmal sein Noch-Präsident Uli Hoeneß. "Wir dachten, na ja, den holen wir jetzt einmal zurück, und dann schauen wir, ob er hin und wieder spielt", verriet er beim "kicker" Ende Mai, schob aber nach: "Jetzt ist er Stammspieler, macht sehr viel Spaß und ist die größte Überraschung in dieser Saison, und zwar in positiver Hinsicht."

Gnabry selbst fühlte sich durch dieses Lob geehrt und sprach von einem "Extra-Schub". Die Überraschung, sich beim deutschen Branchenprimus durchzusetzen, dürfte sich für ihn jedoch in Grenzen gehalten haben. "Ich bin mit dem Ziel gekommen, mich durchzusetzen. Darauf habe ich von Anfang an hingearbeitet und so soll es bleiben", gab er sich gegenüber "Goal" selbstbewusst.

Dieses Ziel hat der Flügelflitzer schnell in die Tat umgesetzt. Gnabry spielt immer.

Wird Gnabry auch beim FC Bayern zur Gefahr für Müller?

Nun ist es so, dass Müller auch unter Niko Kovac noch immer zu den Leistungsträgern gehört. 45 Pflichtspieleinsätze in der abgelaufenen Saison untermauern das eindrucksvoll. Aber: Auch Gnabry hat sich beim FCB schnell in die Stammelf gespielt, Kovac betitelt er als wichtigen Förderer.

Dieser Förderer steht jetzt vor einer schweren Aufgabe. Mit der Ankunft von Philippe Coutinho muss Müller im Zentrum um seinen Platz bangen. Die halbrechte Position, die er vor allem in der Vergangenheit immer wieder bekleidete, ist allerdings durch Gnabry besetzt, wenn auch taktisch anders interpretiert.

Damit bleibt die Frage, wo für Müller in der ersten Elf noch Platz sein soll. Geht man davon aus, dass die Bayern im Winter, spätestens aber im nächsten Sommer noch einen Flügelflitzer verpflichten und Gnabry dann möglicherweise ins Zentrum hinter Robert Lewandowski rückt (also genau Müllers Position), wiederholt sich, was Müller schon unter Löw geschah. Er ist nicht mehr gesetzt.

Gnabry spielt immer, Müller hat immer gespielt, könnte es bald lauten. Horst Hrubesch sagte über Gnabry einst im "kicker": "Ich sehe bei ihm kein Limit." Und Gnabry? Der betonte schon im März bei seiner Vertragsverlängerung bis 2023: "Das Wichtigste ist, immer zu spielen." Und so kam es auch. Gnabry spielt immer.

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