• CDU und SPD wollen in Berlin Koalitionsgespräche beginnen.
  • Damit wäre zum ersten Mal seit 20 Jahren ein CDU-Politiker Regierender Bürgermeister von Berlin.
  • Auch die Verhältnisse im Bundesrat würden sich ändern.
Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Lukas Weyell sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Es gebe Zweifel an der Ernsthaftigkeit an Sondierungsgesprächen durch die Grünen, war aus der Berliner SPD zu hören. Außerdem sei unsicher, inwiefern die Linke weiter als sicherer Koalitionspartner zur Verfügung stehen werde, wenn die Partei sich dem Erwarten nach weiter aufspalte.

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Die CDU hingegen habe sich bereit gezeigt, bei wichtigen Vorhaben mitzuziehen und sei daher der bessere Koalitionspartner. Sie werde also als Bürgermeisterin unter dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner für eine Landesregierung aus CDU und SPD werben, so Giffey.

Nachdem die SPD-Spitze bereits am Mittwoch den Weg für Koalitionsgespräche freigemacht hatte, stimmte der Landesvorstand der CDU am Donnerstag ebenfalls zu. Nun stehen alle Zeichen auf Große Koalition aus den beiden Volksparteien – die derzeit einzige auf Bundes- oder Landesebene. Damit wird Berlin seit über 20 Jahren zum ersten Mal wieder von der CDU regiert. Doch was bedeutet das für die Bundespolitik?

Veränderte Verhältnisse im Bundesrat

Im föderalen System der Bundesrepublik bestimmen die Regierungen der Länder auch politische Entscheidungen auf EU- und Bundesebene mit. Das wichtigste Organ hierfür ist der Bundesrat.

Der Bundesrat fungiert so als eine der beiden Kammern der Legislative neben dem Bundestag. Einige der Gesetze, die durch den Bundestag erlassen werden, müssen durch den Bundesrat ebenfalls beschlossen werden. Sollte dieser nicht zustimmen, kommt es zu einem Vermittlungsausschuss, so wie kürzlich beim Bürgergeld geschehen, als die unionsgeführten Bundesländer das Gesetz blockierten, dass die Ampel-Regierung vorgelegt und der Bundestag beschlossen hatte.

Im Bundesrat hat jedes Bundesland nach Einwohnern berechnete Stimmenanteile. Berlin verfügt mit über 3,5 Millionen Einwohnern über vier Stimmen. Die Landesregierungen müssen gemeinschaftlich abstimmen, Koalitionsregierungen müssen sich also vor den Abstimmungen im Bundesrat darüber einigen, wie die Stimmen abgegeben werden sollen. Kommt keine Einigung zustande, kann sich enthalten werden. Mit einer unionsgeführten Regierung in Berlin hätte die CDU/CSU als deutlich mehr Einfluss im Bundesrat als bisher.

Blockade-Möglichkeit der Union

Bisher hatte die Union im Bundesrat Zugriff auf 39 Stimmen. 36 sind für die absolute Mehrheit notwendig, die es benötigt, um Gesetzesvorhaben zu kippen. So konnte die Union beispielsweise beim Thema Bürgergeld ihr Veto einlegen und das endgültige Gesetz maßgeblich mitbestimmen, obwohl sie auf Bundesebene nicht in der Regierung ist. Sollte die Union jetzt in Berlin mitregieren, würden weitere Stimmen hinzukommen, sie würde ihren Einfluss also ausbauen können.

Das würde eine Hoffnung der Ampel-Regierung auf Bundesebene beenden: Die Ampel-Parteien hatten nämlich gehofft, dass nach der Hessen-Wahl im Oktober auch dort eine Ampel-Koalition regieren könnte. Damit würden der Union fünf Stimmen im Bundesrat fehlen und sie könnte ihre Blockade-Haltung dort nicht mehr aufrechterhalten. Mit den zusätzlichen Stimmen aus Berlin hätte die Union aber auch dann weiter eine Mehrheit.

Die Ministerpräsidentenkonferenz

Ein wichtiges Organ der Vermittlung zwischen Bundespolitik und Landesregierungen ist die Ministerpräsidentenkonferenz. Sie ist ein informelles Gremium der Landesregierungen, in dem länderspezifische Themen besprochen werden. Lange fristete sie ein Schattendasein, bis sie im Zuge der Corona-Pandemie zum zentralen Gremium zur Beratung über Maßnahmen wurde.

Die Ministerpräsidentenkonferenz wurde aufgrund der immer komplexeren Koalitionsregierungen auf Bundes- und Landesebene zum immer wichtigeren Organ der Kompromissfindung. Dort haben nach wie vor CDU und SPD das Sagen, weil sie an den meisten Landesregierungen maßgeblich beteiligt sind.

Für die Ministerpräsidentenkonferenz würde eine Regierung aus CDU und SPD in Berlin den Status Quo weiter zementieren und dafür sorgen, dass die Union und die SPD ihren Einfluss auf die Bundespolitik ausbaut.

Verwendete Quellen:

  • rbb24.de: Warum Giffey eine Koalition mit der CDU will
  • Bundesrat.de
Transparenzhinweis: In der ursprünglichen Fassung des Textes befand im sechsten Absatz ein inhaltlicher Fehler bzgl. des Abstimmungsprozederes im Bundestag. Wir haben diesen Fehler korrigiert und das Vorgehen darüber hinaus ausführlicher erläutert.
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