• Die EU-Spitzen treffen den türkischen Präsidenten Erdogan, um über die gegenseitigen Beziehungen zu sprechen.
  • EU-Ratspräsident Charles Michel bekommt einen Stuhl neben Erdogan, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen muss auf einem Sofa Platz nehmen.
  • Kritiker unterstellen dem türkischen Machthaber mangelnden Respekt gegenüber Frauen.

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Die Sitzordnung bei dem Treffen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und den EU-Spitzen in Ankara hat für Irritationen und Kritik gesorgt.

Abgeordnete des Europaparlaments kritisierten, dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei dem Besuch in der Türkei anders als EU-Ratspräsident Charles Michel keinen Platz auf einem Sessel neben Erdogan bekam, sondern abseits auf einem Sofa sitzen musste. In sozialen Netzwerken bekam der Vorfall schnell den Titel "SofaGate".

Von der Leyen und Michel waren am Dienstag nach Ankara gereist, um Möglichkeiten für eine Verbesserung der Beziehungen der EU zur Türkei auszuloten.

Kein Stuhl? Von der Leyen reagiert mit einem "Ähm"

In einem von der EU verbreiteten Video ist zu sehen, wie die Kommissionschefin zum Auftakt im türkischen Präsidialamt zunächst stehen bleibt und mit einem "Ähm" reagiert, als sich Erdogan und Michel in zwei nebeneinander stehende Sessel setzen. Später ist sie auf einem Sofa an der linken Seite in beträchtlichem Abstand zu sehen.

Dort saß sie dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu gegenüber, der ebenfalls an dem Gespräch teilnahm.

Cem Özdemir: Machos wie Erdogan setzen solche Zeichen bewusst

Unter anderem auf Twitter wurde danach daran erinnert, dass der frühere EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei Treffen mit Erdogan auf Augenhöhe sitzen durfte.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir kommentierte: "Solche Zeichen setzen autoritäre Unterdrücker & Machos wie #Putin, #Erdogan & Co bewusst. (...) Kann man sich gefallen lassen, muss man nicht. Respekt bekommt man so jedenfalls nicht bei den Herren!"

Im März war die Türkei aus der Istanbul-Konvention des Europarats, die Gewalt gegen Frauen verhindern und bekämpfen soll, ausgetreten. Die Entscheidung stieß auf scharfe Kritik. Die Bundesregierung etwa sprach von einem falschen Signal an Europa, aber vor allem an die Frauen in der Türkei.

Die Grünen-Politikerin Claudia Roth bezeichnete den Schritt als "Schlag ins Gesicht" für alle Frauen und demokratisch gesinnten Menschen in der Türkei. Erdogan hatte erst Anfang März einen "Aktionsplan für Menschenrechte" angekündigt, darunter den Kampf gegen Gewalt gegen Frauen.

EU-Kommission kritisiert Sitzordnung bei Erdogan nicht

In der EU-Kommission wurde unterdessen darauf verwiesen, dass von der Leyen das Treffen mit Erdogan genutzt habe, um mit ihm eine lange und sehr offene Diskussion über Frauenrechte und den Rückzug der Türkei aus der Istanbul-Konvention zu führen.

Offene Kritik an der Sitzordnung gab es zunächst allerdings nicht. Als ein Grund gilt, dass Michel als Präsident des Europäischen Rates in der protokollarischen Rangordnung über der EU-Kommissionspräsidentin steht.

Annäherung zwischen der EU und der Türkei

Bei dem Treffen mit Erdogan wollten die EU-Spitzen am Dienstag einen möglichen Ausbau der Beziehungen zur Türkei ausloten. Hintergrund sind Beschlüsse des EU-Gipfels vor eineinhalb Wochen. Bei ihm hatten sich die EU-Staats- und Regierungschefs darauf verständigt, die Beziehungen zur Türkei schrittweise wieder auszubauen. Mit dem Beschluss will die EU die Eskalation weiterer Konflikte abwenden.

In der Migrationspolitik und besonders im Rahmen des 2016 abgeschlossenen Migrationsdeals mit Ankara zählt die EU unter anderem auf die Türkei als Partnerin, um Geflüchtete an der Weiterreise in Richtung Europa zu hindern.

Im vergangenen Jahr hatte sich zudem der Streit zwischen Griechenland und der Türkei wegen umstrittener Erdgasforschung Ankaras im östlichen Mittelmeer gefährlich zugespitzt. Die EU hatte der Türkei im Dezember scharfe Sanktionen angedroht. Ankara beendete später die umstrittenen Erdgaserkundungen und signalisierte Gesprächsbereitschaft. (hub/dpa)

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