Ab 2025 soll für jedes Grundschulkind eine ganztägige Betreuung an der Schule gewährleistet sein. Ein Sondervermögen von zwei Milliarden Euro soll für Investitionen zur Verfügung stehen. Aus den Bundesländern sowie von Städten und Gemeinden kommt Kritik.

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Grundschulkinder von der 1. bis zur 4. Klasse sollen ab 2025 ein Anrecht auf eine Ganztagsbetreuung haben. Das Bundeskabinett hat dafür am Mittwoch in Berlin in einem ersten Schritt die Einrichtung eines Sondervermögens in Höhe von zwei Milliarden Euro beschlossen.

In den Jahren 2020 und 2021 sind dem Gesetzentwurf zufolge jeweils eine Milliarde Euro für das Sondervermögen vorgesehen, die jeweils zur Hälfte aus dem Haushalt des Bundesfamilien- und des Bildungsministeriums kommen. Die Mittel können bis Ende 2028 ausgegeben werden.

Das Geld ist für Investitionen in Räumlichkeiten und Gebäude an den rund 15.000 Grundschulen in Deutschland gedacht. Dadurch soll der geplante Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung ab 2025 erfüllt werden.

Qualität der Angebote muss stimmen

Viele Stolpersteine liegen aber noch im Weg: Bundesländer sowie Städte und Gemeinden bezweifelten am Mittwoch, dass das Geld reichen wird und forderten mehr.

Gewerkschaften warnten, dass 2025 gar nicht genug Personal da sein werde, um die Ganztagsbetreuung für so viele Kinder sicherzustellen. Die Einführung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule hatten CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart.

Die Regierung begründet das Vorhaben unter anderem mit einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Es sei schlicht nicht möglich, dass Eltern einer geregelten Arbeit nachgingen, wenn Erstklässler oft schon um 12:00 Uhr wieder vor der Haustür stünden. "Mit leerem Magen, aber mit einem Ranzen voller unerledigter Hausaufgaben", sagte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) am Mittwoch in Berlin.

Der Ausbau der Ganztagsbetreuung solle Menschen auch Mut machen, sich für Kinder zu entscheiden, sagte Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU). Die Qualität der Ganztagsangebote in den Schulen und Horten müsse aber stimmen. "Nur dann werden Kinder und Eltern die Ganztagsangebote nutzen."

Rechtsanspruch könnte an fehlendem Personal scheitern

Der Plan ist, dass ab 2025 alle Kinder in Deutschland von der 1. bis zur 4. Klasse einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung haben werden, an fünf Tagen in der Woche, für acht Stunden am Tag. Über 50 Prozent der Grundschulkinder würden bereits jetzt ganztägig betreut, sagte Giffey.

Sie rechnet damit, dass in den kommenden Jahren bis zu einer Million zusätzliche Plätze geschaffen werden müssen, damit der Rechtsanspruch ab 2025 erfüllt werden kann. Vor allem im Westen gebe es Nachholbedarf.

Der Ganztagsausbau wird unter anderem vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßt. Er warnte allerdings davor, dass der Rechtsanspruch ab 2025 am fehlenden Personal zu scheitern drohe.

Die Bundesländer müssten "sofort ihre Ausbildungskapazitäten für Erzieherinnen und Erzieher sowie Grundschullehrkräfte massiv ausweiten", sagte die stellvertretende DGB-Chefin Elke Hannack der Deutschen Presse-Agentur.

Zwei Milliarden Euro reichen nicht

Aus den Bundesländern und von Städten und Gemeinden kam Kritik an der Finanzierung. Länder und Kommunen dürften am Ende nicht auf den laufenden Betriebskosten für die Ganztagsbetreuung sitzen bleiben, sagte der Präsident der Kultusministerkonferenz Alexander Lorz (CDU) am Mittwoch.

Zwei Milliarden seien schon allein für Bayern nötig, sagte die bayerische Familienministerin Kerstin Schreyer (CSU).

Wer einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung verspreche, müsse diese auch bezahlen, kritisierte Schleswig-Holsteins Familienminister Heiner Garg (FDP) die Bundesregierung.

Die Kosten für den Ganztagsausbau werden auch nach Ansicht von Familienministerin Giffey deutlich über den zwei Milliarden - nämlich bei schätzungsweise fünf bis sieben Milliarden Euro - liegen. Natürlich gebe der Bund etwas dazu. "Aber so oder so müssten die Länder diese Aufgabe angehen, weil die Eltern und Familien in Deutschland das erwarten", sagte Giffey.

Geld fließt erst, wenn sich Bund und Länder einig sind

Der Streit zeigt, dass noch schwierige Verhandlungen mit den Ländern anstehen, bevor der Rechtsanspruch umgesetzt ist. Der Bund hat nun zwei Milliarden Euro ins Schaufenster gestellt.

Ähnlich wie zuvor schon beim "Gute-Kita-Gesetz" oder beim "Digitalpakt Schule" fließt das Geld aber erst, wenn Bund und Länder vereinbart haben, wie es verteilt wird, welche eigenen Beiträge die Länder beisteuern und wie konkret der Rechtsanspruch auf den Ganztagsplatz ausgestaltet werden soll. Das soll im kommenden Jahr in Angriff genommen werden. (ff/dpa/afp)

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