Der Parteivorstand hat entschieden: Die CDU wird erst 2021 einen neuen Vorstand wählen. Friedrich Merz ist einer der heißesten Kandidaten für die Nachfolge von Annegret Kramp-Karrenbauer. Ihm gefällt die Entscheidung überhaupt nicht - er wittert eine Verschwörung.

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Die Corona-Pandemie wirbelt die Planungen der CDU durcheinander. Der Bundesvorstand der Partei hat am Montag entschieden, den für Anfang Dezember geplanten CDU-Parteitag, auf dem ein neuer Parteivorsitzender gewählt werden sollte, wegen der hohen Infektionszahlen erneut zu verschieben. Das teilte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak nach Gremiensitzungen mit.

Die Parteispitze bevorzugt demnach aber weiterhin einen Präsenzparteitag. Über das weitere Vorgehen soll Mitte Dezember erneut beraten werden. Wenn die Corona-Pandemie einen Präsenzparteitag nicht zulasse, müsse über Alternativen wie einen digitalen Parteitag und eine Briefwahl beraten werden, sagte Ziemiak. Spätestens im Januar soll demnach eine endgültige Entscheidung fallen.

Friedrich Merz, neben NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und Außenexperte Norbert Röttgen einer der drei Kandidaten auf den Chefposten, kritisierte die bereits zuvor durchgesickerten Pläne scharf.

"Wenn wir diesen Parteitag jetzt auch nicht machen, dann lässt sich das nur mit Corona nicht mehr begründen", hatte der CDU-Politiker ohne Amt im ARD-"Morgenmagazin" gesagt, bevor die Entscheidung feststand.

Es gebe "beachtliche Teile des Partei-Establishments", "die verhindern wollen, dass ich Parteivorsitzender werde", raunte Merz. Der Ex-Unionsfraktionschef wittert offenbar eine Verschwörung der Parteispitze gegen ihn.

Ein Jahr vor der Bundestagswahl noch ohne neue Führung

Beweise für die Behauptung präsentierte Merz nicht. In der CDU wird spekuliert, Merz dringe auch deshalb auf eine rasche Entscheidung, weil er in Umfragen zum CDU-Vorsitz derzeit klar vor Laschet und Röttgen liegt.

Der 64-Jährige hatte an den CDU-Vorstand appelliert: Wenn kein Präsenzparteitag möglich sei, "dann lasst uns wenigstens einen digitalen Parteitag machen". Der Vorsitzende solle per Briefwahl bestimmt werden. Die CDU müsse den Parteitag stattfinden lassen. "Wir sind jetzt ein Jahr vor der Bundestagswahl, deswegen braucht die Partei eine neue Führung", betonte Merz. Seine Bitten verhallten.

Vor den Sitzungen der CDU-Spitze war über verschiedene Alternativen zu dem Parteitag am 4. Dezember in Stuttgart spekuliert worden. Im Gespräch waren neben einer Verschiebung auch andere Veranstaltungsorte oder ein dezentraler Parteitag an verschiedenen Orten.

Schon Parteitag im April platze wegen Corona

Die amtierende Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte im Februar ihren Rückzug angekündigt. Die Wahl ihres Nachfolgers war eigentlich für April geplant; wegen der Corona-Pandemie war der Bundesparteitag auf den 4. Dezember verschoben worden. 1.001 Delegierte sollten sich zu diesem Termin unter strengen Hygienevorschriften in Stuttgart versammeln.

Merz gehört wie auch Röttgen weder dem CDU-Präsidium noch dem Parteivorstand an. Er blieb also bei der Entscheidung für die Verschiebung außen vor. Anders der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Laschet, der als stellvertretender Parteivorsitzender Teil des Präsidiums ist.

Laschet machte bereits am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Anne Will" seine Haltung klar: "Ich glaube, dass man nicht in einer solchen Zeit, wo man den Menschen zumutet, Veranstaltungen nicht mehr zu besuchen, das Haus nicht mehr zu verlassen, dass wir mit 1.000 Menschen dann einen Präsenzparteitag machen können."

CDU-Mitgliederbeauftragter warnt vor Hängepartie

Anders als Merz hatte sich Röttgen nach dem Spitzengespräch am Sonntag zufrieden gezeigt. "Wir haben lange, aber konstruktiv und gut gesprochen und haben auch eine Linie gefunden, die die Parteivorsitzende morgen mitteilt", sagte er der dpa.

Die CDU-Mitglieder bevorzugen nach Ansicht des Mitgliederbeauftragten der Partei, Henning Otte, überwiegend eine baldige Entscheidung über den neuen Parteivorsitzenden. "Was verhindert werden muss, ist eine parteipolitische Hängepartie", sagte Otte der dpa in Berlin.

Doch genau danach sieht es jetzt aus. Für einen digitalen Parteitag fehlt derzeit noch die Gesetzesgrundlage. Ebenso muss rechtlich geprüft werden, ob eine Briefwahl möglich wäre. Laut CDU-Generalsekretär Ziemiak dauert die Durchführung einer solchen Wahl von der Vorbereitung bis zur Auszählung mindestens 70 Tage. (dpa/afp/mf)

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