Die Spitzen der Ampelkoalition haben sich geeinigt, wie sie im kommenden Jahr das 17-Milliarden-Euro-Loch im Haushalt 2024 stopfen wollen. Bei einer Pressekonferenz im Bundeskanzleramt bleiben Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner konkrete Aussagen schuldig. Klar scheint aber: Heizen und Tanken könnten aber teurer werden.

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Die drei Herren treten lächelnd vor die Presse. "Diese Koalition ist handlungs- und einigungsfähig, auch bei schwierigen Aufgaben", sagt Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am Mittwochmittag im Bundeskanzleramt. Nach vierwöchigen Verhandlungen will er zusammen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) aufzeigen, wie die Regierung den Ausweg aus der Haushaltskrise finden will. Doch Einzelheiten nennt das Trio kaum.

Finanzloch von 17 Milliarden Euro zu stopfen

Am 15. November hatte das Bundesverfassungsgericht die Umlenkung alter Kredite in den Klima- und Transformationsfonds für unzulässig erklärt. Diese Entscheidung hatte weitreichende Folgen für die Bundesregierung, denn für das kommende Jahr 2024 fehlen ihr damit Finanzmittel in Höhe von rund 17 Milliarden Euro.

Tage- und nächtelang haben Scholz, Habeck und Lindner seitdem im Kanzleramt nach Auswegen gesucht: Wie sollte das Haushaltsloch gestopft werden? Nur durch Einsparungen, auch bei Sozialleistungen und Klimaschutz? Oder auch durch höhere Schulden oder höhere Steuern?

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Haushalt 2024: Darauf hat sich die Koalition geeinigt

Offenbar ist eine Mischung aus verschiedenen Maßnahmen geplant. Scholz, Habeck und Lindner schneiden die Themen aber nur an. Nachfragen sind bei der mit Spannung erwarteten Pressekonferenz am Mittwochmittag nicht erlaubt. Auch eine schriftliche Zusammenfassung der Ergebnisse gibt es nicht. Das Trio rauscht nach seinen Stellungnahmen wieder ab. Bekannt ist bisher aber:

  • Der Bund will die Schuldenbremse 2024 einhalten, also nicht mehr neue Schulden als 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung aufnehmen.
  • Eine Ausnahme will der Bund beim Sondervermögen für die Folgen der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz (Aufbauhilfefonds) machen. Wie genau das passieren soll, blieb am Mittwoch unklar. "Dazu laufen nochmals vertiefte Prüfungen“" sagte Scholz.
  • Zudem behält sich die Regierung die Möglichkeit vor, die Schuldenbremse im Laufe des kommenden Jahres doch noch auszusetzen – wenn die Lage der Ukraine im Verteidigungskrieg gegen Russland sich verschärfen sollte.
  • Steigen sollen offenbar die Preise für Benzin und Heizen. Die Ampel will den sogenannten CO2-Preis stärker erhöhen als geplant: auf 45 Euro pro Tonne CO2. Was genau das für die Verbraucherpreise bedeuten kann, blieb aber unklar. In Berlin ist am Mittwoch zu hören, dass das Heizen mit Gas künftig um drei bis vier Euro pro Monat und das Tanken um zwei bis drei Cent pro Liter teurer werden könnte.
  • Die Spitzen der Koalition wollen zudem einen eigentlich geplanten milliardenschweren Zuschuss zu Entgelten für das Stromnetz streichen. Das berichtete die Deutsche Presse-Agentur. Auch damit könnte Strom teurer werden.
  • Unter anderem die Ministerien für Arbeit, Umwelt und Verkehr werden im kommenden Jahr Einsparungen vornehmen. "Es wird keine Reduzierung von sozialen Standards geben", sagte Finanzminister Lindner. Am Bürgergeld und an der Einführung der Kindergrundsicherung will die Bundesregierung damit festhalten.
  • Beim Bürgergeld soll allerdings der sogenannte Bürgergeldbonus wegfallen. Diesen Zuschuss bekommen Bezieher, wenn sie eine mindestens achtwöchige Weiterqualifierung machen.
  • Es gibt auch Abstriche beim Klimaschutz: Die Umweltprämie für Elektroautos will der Bund auslaufen lassen, zudem soll es Kürzungen bei der Förderung der Solarindustrie geben: "Das tut mir weh" sagt Habeck. Allerdings bleibe der Klima- und Transformationsfonds so trotzdem erhalten.
  • Mehr Geld soll durch den Abbau von klimaschädlichen Subventionen in die Bundeskasse kommen. Konkret bedeutet das: Eine Steuer auf Kerosin für innerdeutsche Flüge soll kommen. Das bestätigten Regierungskreise am Mittwoch. Allerdings erwähnten Scholz, Habeck und Lindner diesen Punkt in ihrer Pressekonferenz nicht.
  • Abschaffen will die Ampelkoalition Steuervergünstigungen für Agrardiesel. Damit kämen höhere Kosten auf Landwirtinnen und Landwirte zu.
  • Eine Änderung soll es auch bei der sogenannten Plastikabgabe geben. Diese müssen Hersteller von Einwegverpackungen eigentlich an die Europäische Union zahlen. Stattdessen fließen die Mittel bisher aber aus dem Bundeshaushalt an die EU. Damit will die Koalition jetzt Schluss machen.

Wie geht es jetzt weiter?

Auch wenn es jetzt eine Einigung gibt: Den Haushalt 2024 kann der Bundestag nicht mehr in diesem Jahr beschließen – das stand schon vorige Woche fest. Die nötigen Beschlüsse von Bundestag und Bundesrat können erst im Januar und Februar fallen. Bis dahin gilt eine vorläufige Haushaltsführung. Das heißt: Der Bund kann weiterhin Geld ausgeben für Gehälter seiner Beamten, für Sozialleistungen oder bereits begonnene Investitionen. Allerdings liegen zahlreiche Förderungen des Staates derzeit auf Eis – zum Beispiel für den energetischen oder altersgerechten Umbau von Gebäuden.

Nicht nur deshalb ist die politische Diskussion über den Haushalt 2024 mit diesem Tag noch keineswegs vorbei. Nicht nur von der Opposition ist Kritik zu erwarten. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz bezeichnete die Beschlüsse bereits als "Formelkompromiss".

An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

Die Ökonomen Michael Hüther und Tobias Hentze vom Institut der deutschen Wirtschaft kritisierten am Mittwoch unter anderem die möglicherweise steigenden Strompreise. "Das bedeutet eine spürbare Belastung auch für Unternehmen und schränkt den Energiekostenkompromiss aus dem November auch gleich wieder ein", hieß es in einer Pressemitteilung. Gleichzeitig forderten sie eine Reform der Schuldenbremse, um mehr Investitionen zu ermöglichen. "Allein das Gesicht wahren zu wollen, reicht nicht aus."

Auch die Regierungsfraktionen werden sich genauer mit den Absprachen von Scholz, Habeck und Lindner beschäftigen. Genau wie die Bundesministerien. Deren Sprecherinnen und Sprecher konnten am Mittwoch in der Bundespressekonferenz noch keine Fragen zu Einzelheiten der Beschlüsse beantworten.

Verwendete Quellen

  • Pressekonferenz im Bundeskanzleramt
  • Pressekonferenz in der Bundespressekonferenz
  • Deutsche Presse-Agentur
  • Pressemitteilung des Instituts der Deutschen Wirtschaft
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