• Das Bundesgesundheitsministerium soll geplant haben, minderwertige Masken an Obdachlose, Menschen mit Behinderung oder Hartz-IV-Empfänger zu verteilen.
  • SPD-Chefin Saskia Esken fordert den Rücktritt von Gesundheitsminister Jens Spahn, sollten die Vorwürfe zutreffen.
  • UPDATE 7. Juni, 13 Uhr: Kanzlerin Angela Merkel und CDU-Chef Armin Laschet stellen sich hinter Spahn - und attackieren ihrerseits die SPD.

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In der Affäre um minderwertige Corona-Schutzmasken verstärkt SPD-Chefin Saskia Esken den Druck auf Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

"Sollten sich die Vorwürfe gegenüber Jens Spahn und dem Bundesgesundheitsministerium bewahrheiten, ist er in seinem Amt nicht mehr haltbar", sagte Esken den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Montag.

Esken wirft Spahn respektloses und menschenverachtendes Verhalten vor

"Das Verhalten von Jens Spahn ist menschenverachtend", urteilte Esken. "Wer minderwertige Masken an Menschen mit Behinderung, Obdachlose und Pflegeeinrichtungen verteilen will, um sein Versagen zu kaschieren, handelt respektlos."

Auf Nachfrage unserer Redaktion, wie realistisch ein Rücktritt des Bundesgesundheitsministers rund dreieinhalb Monate vor der Bundestagswahl überhaupt sei, verwies Esken auf ein Beispiel aus den Reihen der SPD.

"Franziska Giffey hat aus den Vorgängen rund um ihre Dissertation Konsequenzen gezogen hat und ist als Bundesfamilienministerin zurückgetreten. Das war rund vier Monate vor der Bundestagwahl und offenkundig realistisch", sagte Esken. Spahn und seine Partei müssten daher schauen, "welche Verantwortung sie übernehmen angesichts der beispiellosen Vorgänge".

Kanzlerin Merkel: "Wenn ich sehe, was mit Jens passiert: Das entbehrt wirklich jeder Sachgrundlage"

Kanzlerin Angela Merkel und CDU-Chef Armin Laschet stellen sich hingegen hinter ihren Parteikollegen. Merkel sagte am Montag nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen in einer hybriden Sitzung des CDU-Vorstands, die Vorwürfe seien von Fakten nicht gedeckt. Die SPD versuche, die Pandemie-Politik in ein schlechtes Licht zu stellen.

"Wir alle unterstützen Jens Spahn", sagte die Kanzlerin nach den Informationen aus Teilnehmerkreisen. Die Argumentation des Bundesgesundheitsministeriums sei hieb- und stichfest. Nach "Bild"-Informationen hatte Merkel in der Präsidiumssitzung vor der großen Vorstandsrunde gesagt: "Wenn ich sehe, was mit Jens passiert: Das entbehrt wirklich jeder Sachgrundlage."

Sie habe von einem Versuch gesprochen, "durch negative Stimmung Schaden anzurichten". Dies sei "fernab von dem, was man guten Umgang nennt". Sie habe die Runde aufgefordert: "Wir müssen jetzt dagegenhalten."

CDU-Chef Laschet attackiert SPD

Laschet kritisierte nach Teilnehmerangaben im Vorstand: "Das ist der Versuch der SPD, mit Negative Campaigning Punkte zu sammeln, und es funktioniert nicht." Die SPD spiele mit den Ängsten der Menschen, wenn sie solche Sachen über Masken in die Welten setze. Die SPD wolle der CDU schaden.

Mit Blick auf Esken habe Laschet gesagt: "Was Frau Esken da macht, hat mit Anstand nichts zu tun."

Minderwertige Masken an Obdachlose und Menschen mit Behinderung?

In der Auseinandersetzung zwischen den Regierungsparteien geht es um eine große Zahl mutmaßlich minderwertiger Masken, die das Bundesgesundheitsministerium 2020 zumeist in China gekauft hatte.

Laut "Spiegel" wollte es solche Masken an Obdachlose, Menschen mit Behinderung oder Hartz-IV-Empfänger verteilen. Das für die Maskensicherheit zuständige, SPD-geführte Arbeitsministerium habe dem seine Zustimmung verweigert. Nunmehr sollten die Masken für den Katastrophenfall in der Nationalen Gesundheitsreserve eingelagert und mit Eintritt des Verfallsdatums vernichtet werden.

Spahns Ministerium sieht keinen Grund zur Beanstandung

Spahn hatte die Vorwürfe am Montagmorgen scharf zurückgewiesen. Er sagte: "Es war übrigens eine Idee des Arbeitsministeriums selbst, mit einem Sonderkontingent an Obdachlose und Eingliederungshilfe Masken zu verteilen." Entscheidend sei, dass es bei allem, was die Regierung tue, um Masken gehe, die sicher seien und den Infektionsschutz gewährleisteten. Genau darauf hin seien alle Masken, die verteilt worden seien, geprüft worden.

Zuvor hatte das Gesundheitsministerium am Sonntag ein vierseitiges "Faktenblatt" zu dem Thema an die Medien geschickt. Die Schutzmasken, die "zur Verteilung an Gemeinschaftseinrichtungen vorgeschlagen wurden, erfüllen nachweislich die Anforderungen des Infektionsschutzes", heißt es darin. Zwischen Gesundheits- und Arbeitsministerium habe lediglich Unstimmigkeit darüber bestanden, welcher Prüfmaßstab anzuwenden sei. Beide diskutierten Prüfmaßstäbe seien aber in Fragen des Infektionsschutzes gleich.

Weil das Arbeitsministerium auf zusätzlichen Untersuchungen der Masken bestanden habe, die aber sehr langwierig ausfielen, seien an die Sozialeinrichtungen letztlich in Deutschland produzierte FFP2-Masken verschickt worden. (hub/mf/afp/dpa)

Der Artikel wurde zuerst am 7. Juni um 11:06 Uhr veröffentlicht und später aktualisiert.

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