Wer kein Aufenthaltsrecht in Deutschland hat, soll künftig einfacher abgeschoben werden. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, der vom Kabinett verabschiedet wurde. Er muss noch den Bundestag passieren.

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Abschiebungen aus Deutschland sollen beschleunigt werden. Das sieht ein Gesetzentwurf von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor, der am Mittwoch nach Angaben aus Regierungskreisen das Kabinett passiert hat.

Darin ist unter anderem vorgesehen, die Höchstdauer des sogenannten Ausreisegewahrsams von derzeit 10 auf 28 Tage zu verlängern. Ferner sind erweiterte Befugnisse von Behörden sowie ein härteres Vorgehen gegen Schleuser geplant. Mit dem Gesetz, das noch vom Bundestag verabschiedet werden muss, will die Bundesregierung die Zahl der kurzfristig gescheiterten Abschiebungen reduzieren.

SPD-Politiker warnt vor einseitiger Debatte

SPD-Innenpolitiker Hakan Demir hatte im Vorfeld der Entscheidung vor einer zu starken Konzentration auf das Thema Abschiebungen gewarnt. "Wir brauchen auf jeden Fall mehr Balance im Ton und auch in den Gesetzen, die wir jetzt voranbringen müssen", sagte Demir am Mittwoch im ZDF-Morgenmagazin. Es sei nötig, auch über andere Aspekte von Migration zu sprechen.

Gleichwohl betonte Demir, dass es grundsätzlich einen Konsens über die Abschiebung von Menschen gebe, die kein Recht hätten, in Deutschland zu bleiben. "Konsens ist aber nicht, dass es das wichtigste Problem ist", führte er aus.

Nur vergleichsweise wenige Menschen seien derzeit überhaupt ausreisepflichtig. "Wir reden aber die letzten sechs, sieben, acht Monate nur über diese 0,1 Prozent". Themen wie die schnellere Arbeitsaufnahme von Geflüchteten gerieten somit in den Hintergrund.

CDU wirft Scholz zu zögerliches Handeln in Migrationspolitik vor

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann warf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ein zu zögerliches Handeln in der Migrationspolitik vor. "Der Kanzler redet seit Wochen, seit Monaten - es passiert konkret nichts", sagte Linnemann am Mittwoch im ARD-"Morgenmagazin". Es sei jetzt 50 Tage her, dass Scholz der Opposition die Zusammenarbeit in der Migrationspolitik angeboten habe. "Er will mit uns zusammenarbeiten, aber in Wahrheit macht er es nicht."

Jeden Tag kämen tausend illegale Zuwanderer nach Deutschland, pro Monat würden aber nur tausend abgeschoben, kritisierte Linnemann. "Das Verhältnis stimmt überhaupt nicht." Es müsse deshalb jetzt reagiert werden. Der CDU-Politiker forderte "einen großen Migrationspakt".

Dazu gehören für Linnemann unter anderem schärfere Grenzkontrollen, die Ausweisung weiterer Länder zu sicheren Herkunftsstaaten und das Umstellen von Geld- auf Sachleistungen für Geflüchtete. "Die Vision" müsse sein, dass nur noch Menschen nach Deutschland kämen, die einen positiven Asylbescheid hätten. Der CDU-Generalsekretär betonte: "Wir können nicht die Menschen der ganzen Welt aufnehmen."

Nicht alle Personen ohne Aufenthaltsgenehmigung können abgeschoben werden

Mitte des Jahres waren 279.098 Menschen in Deutschland ausreisepflichtig - nur einem Bruchteil von ihnen droht aber potenziell eine Abschiebung. Denn 224.768 dieser Menschen haben eine sogenannte Duldung, wie aus der Auskunft der Regierung an die Linksfraktion hervorgeht.

Geduldete sind Menschen, die zwar ausreisepflichtig sind, aber aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden. Das kann etwa daran liegen, dass sie keine Ausweisdokumente haben, krank sind oder ein minderjähriges Kind haben, das eine Aufenthaltserlaubnis besitzt.

Nicht alle Ausreisepflichtigen sind abgelehnte Asylbewerber. Jemand kann zum Beispiel auch ausreisepflichtig werden, weil sein Visum abläuft.

Über das Thema Migration wollen Scholz und die Länder-Spitzen bei der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) am 6. November beraten. Die Länderchefs sprachen sich bereits im Vorfeld unter anderem für eine Bezahlkarte für Geflüchtete und schnellere und konsequentere Rückführung abgelehnter Asylbewerber aus.

Pro Asyl kritisierte Entscheidung schon im Vorfeld

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl hatte die Pläne der Ampel-Regierung vor der Entscheidung indes als "rechtsstaatlich fragwürdige Verschärfungen" kritisiert. Der Gesetzentwurf von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sehe "schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte ohne jede Verhältnismäßigkeit" vor, teilte die Organisation mit. Das Vorhaben werde "dem Rechtspopulismus weiter Vorschub leisten" und Kommunen nicht wie behauptet entlasten.

"Verschärfte Abschiebungsregeln werden kaum dazu führen, dass nennenswert mehr Menschen abgeschoben werden", erklärte die rechtspolitische Sprecherin von Pro Asyl, Wiebke Judith. "Aber sie führen zu noch mehr Härte und Verletzungen der Grundrechte." Schon jetzt sei "jede zweite Abschiebungshaft rechtswidrig, schon jetzt werden Familien getrennt und Kinder nachts aus dem Schlaf gerissen".

Bedenken an dem Abschiebepaket kommen in der Ampel-Koalition außerdem aus den Reihen der Grünen. Sie kritisieren teilweise zu weitgehende Grundrechtsbeschränkungen. (dpa/AFP/ank/lag)

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