Festzelt, Bier und heftige Attacken auf die politische Gegnerschaft. Das Volksfest Gillamoos in Niederbayern wird alljährlich zur Bühne der Bundes- und Landespolitik. Und einer wird besonders bejubelt.

Mehr aktuelle News

Verbale Angriffe auf die politische Gegnerschaft und neuerliche Debatten über die Flugblatt-Affäre: Einen Tag nach der Entscheidung des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), seinen Vize Hubert Aiwanger (Freie Wähler) im Amt zu belassen, stand der politische Frühschoppen beim Volksfest Gillamoos in Niederbayern ganz im Zeichen der Vorwürfe.

Allerdings ging Aiwanger selbst bei seiner umjubelten Rede am Montag gar nicht auf das Thema ein. Wenige Wochen vor der bayerischen Landtagswahl am 8. Oktober attackierte er vor allem die Ampel-Parteien in Berlin.

Merz über Söder: "Genauso war's richtig"

CDU-Chef Friedrich Merz lobte derweil Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) für die Aufarbeitung der Flugblatt-Affäre. Söder habe in den vergangenen Tagen eine verdammt schwierige Aufgabe gehabt, und die habe er bravourös gelöst, sagte Merz beim gemeinsamen Bierzelt-Auftritt mit Söder in Abensberg: "Sehr gut, genauso war's richtig, das so zu machen." Söder indes schwieg in seiner Rede zur Causa Aiwanger.

Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef hatte am Sonntag seine Entscheidung mitgeteilt, Aiwanger am Ende trotz der Vorwürfe rund und ein antisemitisches Flugblatt aus Schulzeiten im Amt zu belassen.

Aiwanger selbst warnte vor einer politischen Spaltung des Landes. "Dieses Land wird derzeit politisch tief gespalten bis hin zu einer Situation der Regierungsunfähigkeit", sagte der bayerische Wirtschaftsminister. Als Beispiel nannte er Umfragen in ostdeutschen Bundesländern, in denen "Randparteien" mehr als 50 Prozent der Stimmen auf sich vereinten. "Dann ist die Demokratie in höchster Gefahr", sagte Aiwanger. Seine Partei wolle deshalb "ein Angebot der vernünftigen Politik" an Wähler der Mitte machen.

An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

Söder über Ampel: "Schlechteste Regierung, die Deutschland je hatte"

Auch Merz und Söder attackierten in ihren Reden die Ampel-Regierung zur Halbzeit der Legislaturperiode in scharfen Worten. "Wir sind fest entschlossen, es spätestens in zwei Jahren besser zu machen als diese Regierung", sagte Merz. Deutschland habe eine bessere Regierung verdient. "Fachkräftemangel haben wir in erster Linie in der Bundesregierung – und nicht bei den Ingenieuren in Deutschland."

Merz warf SPD, Grünen und FDP unter anderem schwere Fehler in der Energie- und in der Migrationspolitik vor. Die Abschaltung dreier funktionierender Atomkraftwerke kritisierte er als "Dämlichkeit" und "Schwachsinn".

Söder sagte: "Die Hampel-Ampel ist die schlechteste Regierung, die Deutschland je hatte." Es gebe "Woche für Woche Hin und Her", sagte er. Nach der Bundestagswahl 2025 werde die Union die Ampel ablösen, sagte Söder optimistisch voraus. "Die Ampel wird das Jahr 2025 nicht mehr erfolgreich als Regierung bestreiten. Die lösen wir gemeinsam ab."

Klingbeil: "Da verschwindet Anstand"

Die Flugblatt-Affäre spielte vor allem bei SPD und Grüne eine Rolle. Aiwanger verhalte sich unanständig, kritisierte SPD-Bundeschef Lars Klingbeil. Es würde der politische Diskurs verschoben, "da verschwindet Anstand aus der Politik", sagte er. Söder warf er Egoismus vor: "Der guckt nur auf sich selbst, aber nicht auf dieses Bundesland", sagte Klingbeil.

"Allein der Anschein von Antisemitismus in der Staatsregierung schadet dem Antrieb unseres Handelns", sagte der Spitzenkandidat der bayerischen Grünen, Ludwig Hartmann: "Der Populismus ist der Feind unserer Demokratie."

Politischer Frühschoppen auf dem Volksfest Gillamoos
Grünen-Politiker Ludwig Hartmann, Winfried Kretschmann und Katharina Schulze (von links) auf dem Gillamoos-Volksfest. © dpa / Daniel Löb

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der ebenfalls auf dem Gillamoos-Volksfest zu Gast war, kritisierte vor allem Aiwangers Äußerungen bei einer Demonstration im Juni in Erding. Dort hatte er zum Beispiel gesagt, eine schweigende Mehrheit müsse sich "die Demokratie zurückholen". "Wenn ein stellvertretender Ministerpräsident sagt, man müsse sich die Demokratie zurückholen - die ihn selber an die Macht gebracht hat, nämlich die schweigende Mehrheit in der Wahlkabine - dann stimmt was nimmer, und dann ist das gefährlich. Und das ist nimmer lustig", sagte Kretschmann.

In allen Krisen sei eins das Allerwichtigste: Der Zusammenhalt der Bevölkerung. "In Krisen polarisiert man nicht, treibt nicht immer alles auf die Spitze", betonte der Grünen-Politiker und nannte als Beispiel Aiwangers Aussage, die Grünen propagierten das "Insekten-Fressen". (dpa/fab)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.