Eigentlich war die Abstimmung über das Brexit-Abkommen für den Dienstag geplant, doch Theresa May hat den Vorgang verschoben. Statt eines neuen Termins legt sie nun ein Zeitfenster "vor dem 21. Januar" fest.

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Die britische Regierungschefin Theresa May will dem Parlament ihr Abkommen zum EU-Austritt bis zum 21. Januar zur Abstimmung vorlegen. Die Abstimmung im Unterhaus werde "vor dem 21. Januar" stattfinden, teilte Mays Sprecher am Dienstag in London mit.

May hatte die eigentlich für diesen Dienstagabend angesetzte Abstimmung kurzfristig abgesagt, weil sich eine deutliche Niederlage abgezeichnete.

Sie hofft nun auf "Zusicherungen" im Brexit-Abkommen mit Brüssel und reiste dafür zu Gesprächen mit dem niederländischen Regierungschef Mark Rutte und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach Den Haag und Berlin. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, Merkel werde May "auf Wunsch der britischen Seite" empfangen - eine eher ungewöhnliche Formulierung.

Nur noch drei Sitzungen im Unterhaus im Jahr 2018

Im Parlament hatte May angekündigt, sie werde ihren EU-Kollegen die "deutlichen Bedenken" des britischen Unterhauses vortragen und "weitere Zusicherungen" aus Brüssel verlangen.

Als schwierigste Hürde in dem Abkommen erweist sich der Backstop, die Garantie, dass mit dem Brexit keine neuen Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland eingeführt werden sollen. Ansonsten wird ein Wiederaufflammen des Konflikts in der Ex-Bürgerkriegsregion befürchtet.

Die Regelung sieht vor, dass Großbritannien als Ganzes so lange in der Europäischen Zollunion bleiben soll, bis das Problem durch ein neues Abkommen gelöst ist. Nordirland muss zudem Regeln des Binnenmarkts einhalten.

Dagegen gebe es tiefgehende und weit verbreitete Bedenken, sagte May am Montag im Parlament. Sie glaube weiterhin an das Abkommen. "Und ich glaube, dass in diesem Haus eine Mehrheit dafür gewonnen werden kann, wenn ich die zusätzliche Rückversicherung zur Backstop-Frage bekommen kann", so die Regierungschefin.

Sie habe bei ihren Telefonaten mit Amtskollegen aus der EU Signale erhalten, die auf eine Gesprächsbereitschaft hindeuteten.

Tusk und Juncker bekräftigen: Es gibt keine neuen Verhandlungen

EU-Ratspräsident Donald Tusk berief für Donnerstag einen Gipfel der 27 bleibenden EU-Staaten ein. Man werde den Deal nicht neu verhandeln, schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter. "Aber wir sind bereit zu diskutieren, wie die Ratifikation in Großbritannien bewerkstelligt werden kann."

Auch eine Kommissionssprecherin in Brüssel bekräftigte: "Dieser Deal ist der beste Deal und der einzige mögliche Deal."

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schloss Nachverhandlungen am Dienstagmorgen noch einmal kategorisch aus. "Jeder muss wissen, dass der Austrittsvertrag nicht noch einmal aufgemacht wird", sagte Juncker im EU-Parlament.

Er kündigte für den Abend ein Treffen mit der britischen Regierungschefin Theresa May an.

"Es gibt nicht den geringsten Spielraum für Nachverhandlungen", sagte Juncker. "Aber natürlich gibt es Spielraum, wenn man den intelligent nutzt, es gibt genug Spielraum, um weitere Klarstellungen und weitere Interpretationen zu geben, ohne das Austrittsabkommen noch einmal aufzumachen."

Kann May einen Stimmungsumschwung bewirken?

Tusks Sprecher ergänzte, man sei in Kontakt mit der britischen Seite und bespreche das weitere Vorgehen. Tusk berate zudem mit den EU-Staats- und Regierungschefs über die Vorbereitung für Donnerstag. Für Donnerstag und Freitag ist ohnehin ein EU-Gipfel angesetzt, zu dem auch May kommt. Das Treffen der 27 ohne Großbritannien kommt nun hinzu.

Die Kritiker im Parlament fürchten, dass Großbritannien mit dem Backstop dauerhaft im Orbit der EU gehalten werden soll. Die nordirische Protestantenpartei DUP, von der Mays Minderheitsregierung abhängt, lehnt jegliche Sonderbehandlung ihrer Provinz kategorisch ab. "Der Backstop muss weg", twittere DUP-Chefin Arlene Foster.

Es gilt als unwahrscheinlich, dass May mit rein kosmetischen Änderungen an dem Brexit-Abkommen einen ausreichenden Stimmungsumschwung im britischen Parlament bewirken kann.

Am 29. März 2019 wird Großbritannien die EU verlassen. Sollte bis dahin kein Abkommen ratifiziert sein, könnte das Land ungeregelt ausscheiden - mit chaotischen Folgen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche.

Doch inzwischen wird auch nicht mehr ausgeschlossen, dass es zu einer Neuwahl oder einem zweiten Brexit-Referendum kommt. (afp/dpa/dh)

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