Geschäfte statt Menschenrechte und eine Allianz gegen den Iran: Donald Trump hat bei seinem Besuch in Saudi-Arabien Fakten geschaffen. Damit stellt er sich auch gegen seine Partner in der NATO.

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In den USA hat Donald Trump dem "Establishment" den Kampf angesagt. Und auch auf seiner ersten Auslandsreise bricht der Präsident mit dem Kurs seiner Vorgänger.

Vor allem Obamas Annäherung gegenüber Iran hat Trump eine Absage erteilt. "Man kann diese Politik gut oder schlecht finden", sagt Thomas Jäger, Professor für Internationale Politik und Außenpolitik an der Universität zu Köln, im Gespräch mit unserer Redaktion.

Auf jeden Fall habe die US-Regierung sich damit aber eine klare Strategie zurechtgelegt.

Geschäfte statt Belehrungen

Die erste Station seiner Reise hat Trump inzwischen hinter sich: Saudi-Arabien. Noch nie zuvor hatte ein US-Staatsoberhaupt das abgeriegelte Land für einen ersten Staatsbesuch ausgewählt.

"Saudi-Arabien spielt seit Ende des Zweiten Weltkriegs eine enorme Rolle in der amerikanischen Außenpolitik – aber immer auch eine schwierige Rolle", sagt Thomas Jäger.

Von demokratischen Verhältnissen ist die Monarchie weit entfernt. Immer wieder mussten sich die Saudis auch die Kritik anhören, sie hätten mit ihrer extremen Auslegung des Islam den Nährboden für Terroristen geboten.

Allerdings hat der Besuch die Bilder erbracht, die man sich im Weißen Haus erhofft haben dürfte: ein Präsident, der begeistert empfangen wird, Geschäfte anschiebt, zum Kampf gegen den Terror aufruft.

US-Firmen sollen mit saudischen Partnern Verträge mit einem Volumen von 350 Milliarden Dollar geschlossen haben – davon 110 Milliarden für Rüstungsgüter.

Im Gegenzug soll der Staatsfonds Saudi-Arabiens 40 Milliarden Dollar in Infrastrukturprojekte in den USA investieren, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". "Die Ergebnisse des Besuchs konnte Trump sofort nach Hause verkaufen, indem er von Jobs, Jobs, Jobs sprach", sagt Politikwissenschaftler Jäger.

Gegenseitige Kritik verkniffen

Einen Tauschhandel gibt es auch auf politischem Gebiet: Saudi-Arabien stärke mit dem Besuch des mächtigen Gastes seine Führungsrolle in der muslimischen Welt, schrieb die "Washington Post".

Kritik an der Menschenrechtslage im Land mussten die Saudis von Trump nicht befürchten. Er wolle andere Länder nicht belehren, erklärte der Präsident – auch das sei ein klarer Bruch mit der Politik seiner Vorgänger, erklärt Politikwissenschaftler Jäger.

Doch auch Trump profitiert: Kritik an seinen Plänen für einen Einreisestopp für Muslime musste er in Saudi-Arabien nicht erwarten.

Vielmehr biete der Staatsbesuch ihm die Möglichkeit, nach zahlreichen abfälligen Bemerkungen über Muslime seinen Ruf in der arabischen Welt aufzupolieren, analysiert die "New York Times".

Allianz mit sunnitischen Staaten

Durch die arabische Welt geht ein Riss: zwischen den sunnitisch geprägten Staaten unter Führung Saudi-Arabiens und den Schiiten, angeführt von Iran.

Barack Obama hatte eher auf Ausgleich gesetzt und versucht, die westlichen Staaten und den Iran mit Hilfe des Atomabkommens auf einander zuzubewegen.

Mit diesem Kurs habe Trump jetzt aber klar gebrochen, sagt Politikwissenschaftler Jäger: "Er ist einer der Anführer einer Riesenkoalition, die die militärischen Konflikte in der Region lösen will – und zwar im Sinne der sunnitischen Staaten."

Ausgerechnet am Wochenende, an dem sich eine deutliche Mehrheit der Iraner für die Wiederwahl des Reformers Hassan Rohani entschieden hat, stellt sich Trump damit entschieden auf die andere Seite.

Die Entscheidung schafft klare Verhältnisse, aber sie hat auch Konfliktpotenzial. Trump habe sich damit gegen den Iran-Verbündeten Russland gewandt, erklärt Jäger.

Aber auch bei den NATO-Partnern, die Trump später in dieser Woche in Brüssel trifft, wird sein Konfrontationskurs für Diskussionen sorgen. Die Europäer hatten das Atomabkommen mit Teheran mit ausgehandelt. Sie betreiben eine völlig andere Iran-Politik als Trump, erklärt Jäger.

Kehrtwende auch im Nahost-Konflikt

Bevor Trump nach Europa weiterreist, besucht er aber noch Israel und die Palästinensergebiete. Dort trifft er auf einen Jahrzehnte währenden Konflikt, an dem sich bisher alle seine Vorgänger die Zähne ausgebissen haben.

"Trump hat in letzter Zeit wieder und wieder gesagt, dass er den Nahost-Konflikt lösen will. So dass man jetzt den Eindruck bekommen kann, dass er es ernst meint", sagt Thomas Jäger.

Fragt sich nur: Wie? "Er hat auch im Nahost-Konflikt eine strategische Änderung vorgenommen, indem er gesagt hat: Eine Lösung muss nicht unbedingt zwei Staaten umfassen, sondern so aussehen, dass Israelis und Palästinenser sie gut finden", erklärt Jäger.

Ob der Präsident mit dieser Haltung aber wirklich etwas im festgefahrenen Konflikt bewegen kann, sei noch völlig unklar: "Zunächst muss man abwarten, ob ein Vorschlag von ihm kommt. Noch liegt da nichts auf dem Tisch."

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