Die Höcke-AfD will Landratsämter und Rathäuser erobern - und sich für die Landtagswahl in Stellung bringen. Nach Zwischenständen gelingt das nicht sofort. Doch einige Kandidaten haben Chancen auf Stichwahlen - einer davon ist der Südthüringer Rechtsextremist Tommy Frenck.

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Bei den Thüringer Landrats- und Oberbürgermeisterwahlen hat die AfD nach Zwischenständen kaum Chancen, Landratsämter und Rathäuser im ersten Anlauf zu erobern. Allerdings zeichnen sich in mehreren Regionen Stichwahlen mit AfD-Beteiligung ab. Damit hat die Partei von Rechtsaußen Björn Höcke im Freistaat noch Chancen auf kommunale Spitzenämter.

Das gilt etwa für die Landkreise Sömmerda und Wartburgkreis, wo die Kandidaten von CDU und AfD nach Auszählung der Hälfte der Stimmbezirke nah beieinander lagen. Ähnlich war die Lage im Landkreis Altenburger Land, wo Stichwahlen der Amtsinhaber gegen AfD-Kandidaten möglich sind. Die Kommunalwahlen gelten als erster Stimmungstest vor allem für die Landtagswahl am 1. September. Stichwahlen sind für den 9. Juni geplant - zeitgleich mit der Europawahl.

Zwischenstand: CDU und AfD fast gleichauf

Nach einem Zwischenstand liegen CDU und AfD fast gleichauf. Nach Auszählung von mehr als der Hälfte der Stimmbezirke kam die CDU am Sonntagabend auf 27,6 Prozent, die in Thüringen vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestufte AfD lag bei 27,3 Prozent. Während sich die AfD im Vergleich zu 2019 um fast zehn Punkte verbesserte, hielt die CDU bei diesem Auszählungsstand ihren Stimmenanteil stabil. Verluste erlitten Linke, SPD und Grüne, die in Thüringen die Landesregierung stellen.

Neonazi Frenck schafft es in Stichwahl

Im südthüringischen Landkreis Hildburghausen hat es ein Rechtsextremist knapp in die Stichwahl um den Landratsposten geschafft. Der bundesweit bekannte Neonazi Tommy Frenck erhielt bei der Kommunalwahl am Sonntag 24,9 Prozent der Stimmen und zog damit knapp am CDU-Kandidaten Dirk Lindner vorbei. Als aussichtsreich für den Chefsessel im Landratsamt gilt Sven Gregor, der für die Freien Wähler Landkreis Hildburghausen antrat und 42,4 Prozent der Stimmen im ersten Wahldurchgang erhielt.

Kommunalwahlen in Thüringen
Der bundesweit bekannte Neonazi Tommy Frenck erhielt bei der Kommunalwahl am Sonntag 24,9 Prozent der Stimmen und zog damit knapp am CDU-Kandidaten Dirk Lindner vorbei. © dpa / Michael Reichel/dpa

Frencks Kandidatur hatte bereits vor der Wahl für Irritationen gesorgt. Nach dem Thüringer Kommunalwahlgesetz kann zum Landrat oder Bürgermeister nicht gewählt werden, "wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Landesverfassung eintritt".

Laut Thüringer Verfassungsschutzbericht 2022 entwickelte sich Frencks Wählergemeinschaft "Bündnis Zukunft Hildburghausen" (BZH) "zur führenden neonazistischen Gruppierung im Landkreis Hildburghausen". Dennoch wurde der Extremist vom Wahlausschuss als Kandidat zugelassen.

Frenck wurde bundesweit bekannt, weil er eine Reihe großer Neonazi-Konzerte organisiert hatte, zu denen teils Rechtsextremisten aus mehreren europäischen Ländern anreisten. Im Verfassungsschutzbericht steht: "Seine unternehmerische Tätigkeit und seine politische Betätigung bilden inzwischen eine bedenkliche Symbiose von rechtsextremistischer Ideologie und eigenen wirtschaftlichen Interessen."

SPD-Landrätin im Kyffhäuserkreis muss in die Stichwahl

Auch die langjährige SPD-Landrätin Antje Hochwind-Schneider muss in die Stichwahl und ihr Amt verteidigen. Die Amtsinhaberin kam bei der Landratswahl am Sonntag in Thüringen nach Auszählung aller Stimmen auf 45,7 Prozent der Stimmen, wie aus Daten des Landeswahlleiters hervorgeht. Ihr Herausforderer ist der AfD-Kandidat Andreas Hartung-Schettler, der auf 32,8 Prozent der Stimmen kam. Hochwind-Schneider ist 52 Jahre alt und seit 2012 Landrätin in dem Nordthüringer Kreis mit rund 74.000 Einwohnern. Der AfD-Bewerber ist 48 Jahre alt, hat Erfahrungen im Kreistag und ist Geschäftsführer einer Großhandelsfirma. Die Stichwahl ist am 9. Juni zusammen mit der Europawahl.

Weimars Oberbürgermeister bleibt im Amt

Der parteilose Kandidat Peter Kleine bleibt Oberbürgermeister der Klassikstadt Weimar. Der 51-Jährige erhielt bei der Oberbürgermeisterwahl am Sonntag 72,7 Prozent der Stimmen, wie aus Daten des Landeswahlleiters hervorgeht. Kleine, der als Wahlvorschlag von CDU und dem Weimarwerk Bürgerbündnis antrat, schaffte damit im ersten Wahldurchgang den Sieg. Sein Kontrahent Stefan Markus Giebel (Linke) landete bei 10,2 Prozent, Grünen-Kandidat Andreas Leps lag bei 9,8 Prozent. SPD-Kandidat André Störr kam auf 7,3 Prozent. Kleine ist seit 2018 Oberbürgermeister von Weimar.

Wahl von 13 Landräten

Abgestimmt wurde in 13 Landkreisen über die Landräte, von denen die CDU bisher acht stellte. Einige langjährigen CDU-Amtsinhaber, darunter Deutschlands dienstälteste Landräte in den Kreisen Eichsfeld und Greiz, traten nicht mehr an. Im Kreis Sonneberg wurde 2023 der erste AfD-Landrat bundesweit gewählt. Danach scheiterte die Partei, die in Thüringen vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wird, bei weiteren kommunalen Abstimmungen im Freistaat in den Stichwahlen.

1,74 Millionen Thüringen entschieden am Sonntag auch über die Bürgermeister und Oberbürgermeister in 94 Städten sowie die Kandidaten für 17 Kreistagen und mehr als 600 Stadt- und Gemeinderäten. Wählen konnten auch 16- und 17-Jährige.

Demos gegen Rechts

Einen Tag vor der Wahl waren bei Demonstrationen für ein weltoffenes Thüringen und gegen Rechtsextremismus thüringenweit viele Hundert Menschen auf die Straße gegangen. Allein in Erfurt beteiligten sich am Samstag nach Polizeiangaben bis zu 2000 Menschen an einer Kundgebung. Die Wahlbeteiligung lag bis 16.00 Uhr bei 46,2 Prozent.

In Umfragen zur Landtagswahl liegt die AfD trotz Einbußen derzeit mit 30 Prozent weit vor der CDU mit etwa 20 Prozent und der Linken von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) mit 16 Prozent. Thüringen wird seit 2014 von einer rot-rot-grünen Koalition regiert, die seit 2020 aber über keine eigene Mehrheit mehr im Landtag verfügt. (dpa/cgo)

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