Kanzlerin Angela Merkel und Vize Sigmar Gabriel an den Galgen. Das fordern einzelne Pegida-Anhänger in Dresden - und bekommen Ärger mit der Staatsanwaltschaft. Die Aktion verdeutlicht eine neue Radikalität, ist aber leider keine Ausnahme. Zehn Beispiele für grenzüberschreitende Geschmacklosigkeiten der Pegida.

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Pegida ist übers Ziel hinausgeschossen. Und zwar gehörig. Auf der Kundgebung am Montag in Dresden trugen Anhänger der ausländerfeindlichen Bewegung einen Galgen mit sich. Daran befestigt: laminierte Schilder mit Aufschrift "Reserviert Siegmar 'das Pack' Gabriel" und "Reserviert Angela 'Mutti' Merkel". Gemeint waren Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Vize, Sigmar Gabriel (SPD), dessen Vorname zudem noch falsch geschrieben worden war.

Die Politik reagiert schockiert. Bundesjustizminister Heiko Maas postete im Kurznachrichtendienst Twitter: "Volksverhetzung, Aufforderung zu Straftaten und Bedrohungen gehören nicht auf die Straße, sondern vor einen Richter".

Und der SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende Thomas Oppermann meinte: "Pegida braucht Antworten des Rechtsstaates und zwar in aller Härte."

Die Radikalität der Bewegung alarmiert, dabei ist die Aktion keine Ausnahme, wie diese zehn Beispiele zeigen:

  • Dezember 2014: "Das Volk" rehabilitiert Straftäter Bachmann

Anfang Dezember wird bekannt, dass Pegida-Gründer Lutz Bachmann ein mehrfach verurteilter Straftäter ist. Bei "Bild" verrät er, dass er einmal vor der Strafverfolgung nach Südafrika geflohen war.

Die "Sächsische Zeitung" berichtet von Vorstrafen wegen Einbrüchen und Drogenhandels. Bachmann gibt sich pathetisch. Wenn es besser für die Sache sei, trete er "aus dem ungewollten Rampenlicht" zurück. Seine Anhänger rehabilitieren ihn per Akklamation.

  • Dezember 2014: "Die ersten, die dran glauben müssen"

Die Medien werden zum Feindbild Nummer eins erklärt. Von "Lügenpresse" ist die Rede. Mit diesem Begriff wetterten im Dritten Reich Nationalsozialisten gegen Presseorgane von Kommunisten und Sozialdemokratie. Das lernt man im Geschichtsunterricht. Eigentlich.

Ein Redakteur der "Sächsischen Zeitung", der Pegida kritisch begleitet, wird vor der Semperoper namentlich angeprangert.

"Die "FAZ" berichtet von der Aggression gegen Journalisten. "Wenn sich die Sache hier dreht, seid ihr die ersten, die dran glauben müssen", ruft ein Demonstrant. Und ein anderer: "Verpiss dich, du Judenschwein, sonst machen wir dich platt".

Hass-Mails gegen kritische Journalisten sind Alltag, geschmacklose Androhungen ohnehin. Beispiel: "ISIS-mäßig die Kehle durchzuschneiden". Ohne Worte.

  • Januar 2015: Bachmann posiert bei Facebook als Hitler

"Der Wolf hat seinen Schafspelz abgelegt", sagt die Linke-Innenpolitikerin Ulla Jelpke. Der Pegida-Chef verzettelt sich in Ausreden. "Ich hatte das Foto zur Veröffentlichung des Satire-Hörbuchs von 'Er ist wieder da' beim Friseur geknipst", meint er. Bachmann zieht sich drei Wochen zurück, kehrt wieder - mit den immer gleichen Parolen.

  • März 2015: Festerling fordert Bau einer neuen Mauer

Die einstige AfD-Politikerin Tatjana Festerling steht neben Bachmann an der Spitze der Bewegung. Polemik gehört auch bei ihr zum Repertoire. So fordert die 51-Jährige den Bau einer "hohen Mauer", zwischen einer linken "Gutmenschen-Republik" im Westen und einem unabhängigen Staat im Osten. Und das zum Jubiläum der Deutschen Einheit.

  • April 2015: Rechtspopulist wettert gegen "Terroristen Muslime"

Pegida verliert Unterstützung. Sie lädt den Rechtspopulisten Geert Wilders nach Dresden ein. Der Niederländer passt ins Konzept. Er vergleicht den Koran mit Hitlers "Mein Kampf". Doch statt angekündigter 30.000 kommen "nur" 10.000 Demonstranten.

  • Mai 2015: NPD-Chef und Pegida-Vertreter posieren vor Synagoge

Es geht auch richtig geschmacklos. Der NPD-Bundesvorsitzende Frank Franz, Rechtsextremist Arne Schimmer und Siegfried Däbritz, der zur Führung von Pegida gehört, posieren für ein Foto ausgerechnet vor der Dresdner Synagoge.

Däbritz gilt als zwielichtig. Wie der "Spiegel" berichtet, hat er Muslime in einer geschlossenen Facebook-Gruppe als "mohammedanische Kamelwämser" beschimpft. Er soll enge Beziehungen zu Hogesa halten, den gewaltbereiten "Hooligans gegen Salafisten".

  • Oktober 2015: Hass-Kommentare im Netz trotz drohender Strafen

Mittlerweile hat die Facebook-Seite von Pegida fast 170.000 Likes. Viele Kommentare überschreiten schon längst Grenzen der Rechtsstaatlichkeit. Zum Thema Abschiebung schreibt ein User etwa: "Maul knebeln, Handschellen anlegen, und ab ins Klo des Flugzeugs! Ich wäre mit dem Pack gleich fertig!!!"

Justus Ulbrich von der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung warnt im Gespräch mit der "ARD": "Es gibt eine ethisch-moralische Enthemmung. Wenn man jemanden als Person zerstört, ist die Gefahr groß, dass andere daraus Handlungskapital ziehen."

  • 12. Oktober: Festerling fordert Abspaltung Sachsens

Dieser Tag ist der neue Höhepunkt rechtspopulistischer Rhetorik. Festerling fordert vor der Semperoper die Abspaltung Sachsens von der Bundesrepublik und greift Kanzlerin Angela Merkel an: Merkel habe aus Deutschland ein "riesiges Dschungelcamp" gemacht, sagt sie.

  • 12. Oktober 2015: "Politiker-Pack in den Gulag"

Wegen der Aufregung über den Holz-Galgen geht ein höchst bedenkliches Plakat beinahe unter. "Deutschen-Hasser, Asyl-Mafia, Politiker-Pack in den Gulag", steht darauf geschrieben. Der Gulag war in der Sowjetunion ein System an brutalen Zwangsarbeitslagern, in denen nach dem Zweiten Weltkrieg auch deutsche Wehrmachtssoldaten starben.

  • 12. Oktober 2015: Holz-Galgen "für" Kanzlerin Merkel und Vize Gabriel

Doch es wurde noch radikaler, noch extremer und geschmackloser. Die Staatsanwaltschaft Dresden leitet ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt ein. Es geht bei dem Holz-Galgen um den Verdacht der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten und der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten.

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