Viel Aufregung beim Champions-League-Spiel des FC Bayern gegen den FC Arsenal: Die Münchner waren trotz des klaren 5:1-Sieges unzufrieden mit dem Schiedsrichter, weil dieser einen strittigen Elfmeter gegen sie pfiff und ihnen selbst mehrmals einen verweigerte. Doch der Protest war längst nicht immer berechtigt.

Meine Meinung
Dieser Meinungsbeitrag stellt die Sicht von Alex Feuerherdt dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Milorad Mažić hat als Schiedsrichter gewiss schon leichtere Spiele zu leiten gehabt als die gestrige Partie in der Champions League zwischen dem FC Bayern München und dem FC Arsenal (5:1). Der 43-jährige Serbe, der seit 2009 auf der Liste der FIFA-Referees steht und bei der Weltmeisterschaft 2014 sowie der Europameisterschaft im vergangenen Jahr zum Einsatz kam, musste in der intensiven Begegnung mehrere höchst knifflige Strafraumsituationen beurteilen.

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Die Münchner haderten dabei mit ihm, weil der Unparteiische einen umstrittenen Elfmeter gegen sie pfiff und ihnen auf der anderen Seite gleich dreimal einen Strafstoß verweigerte.

Elfmeter gegen den FC Bayern: strittig, aber korrekt

Die größte Aufregung gibt es nach einer halben Stunde. Nach einem Eckstoß für Arsenal nimmt Robert Lewandowski den Ball im eigenen Strafraum mit der Brust an und holt aus, um ihn wegzuschlagen. Laurent Koscielny spritzt mit dem langen Bein dazwischen und spitzelt die Kugel weg. Der Bayern-Stürmer trifft deshalb statt des Balles nur das Bein des Londoner Abwehrchefs. Mažić pfeift - und zeigt auf den Elfmeterpunkt.

Die Hausherren protestieren vehement, weil sie der Meinung sind, dass Koscielny "den Schlappen drübergehalten" hat, wie die Fußballer sagen. Doch Mažić liegt mit seiner Entscheidung richtig. Denn Koscielnys Aktion galt ausschließlich dem Ball, den er auch kontrolliert spielte. Regeltechnisch gesehen lag hier noch kein gefährliches Spiel vor.

Dass Lewandowski nicht mehr zurückziehen konnte und seinen Gegenspieler nur aus Versehen traf, war dabei unerheblich. Denn auch ein unabsichtliches Foul ist ahndungswürdig. Koscielny war einfach schneller am Ball, der Strafstoß deshalb vertretbar.

Münchner fordern zweimal einen Handelfmeter

Bei drei elfmeterverdächtigen Szenen im Strafraum des FC Arsenal dagegen blieb die Pfeife des Schiedsrichters jeweils stumm. Nicht immer zu Recht.

35. Minute: David Alaba zieht eine Flanke vor das Tor der Gäste, Hector Bellerin bekommt den Ball aus kurzer Distanz an den rechten Arm. Ein Handspiel also, kein Zweifel. Doch nicht jedes Handspiel ist automatisch strafbar.

Entscheidend ist laut den Regeln, ob Absicht vorliegt. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Hand zum Ball geht, die Armhaltung unnatürlich ist - also nicht einem fußballtypischen Bewegungsablauf entspricht - oder der Arm angespannt wird, um den Ball aufzuhalten. Auch die Reaktionszeit des Spielers ist von Bedeutung.

Alabas Flanke traf Bellerin aus nächster Nähe, der Arm stand nicht unter Spannung, was sich schon daran erkennen ließ, dass er durch den Kontakt mit dem Ball nach hinten ausschlug. Er ging auch nicht zum Ball, die Bewegung des Verteidigers war zudem natürlich.

Daher war es korrekt, keinen Elfmeter zu geben.

61. Minute: Nach einem Lattentreffer von Lewandowski setzen die Bayern nach, Arjen Robben kommt im Fünfmeterraum von Arsenal zum Schuss, von Kieran Gibbs' linker Hand springt der Ball ins Toraus. Wieder reklamieren die Münchner einen Strafstoß - und diesmal zu Recht.

Zwar war auch hier die Distanz sehr kurz, doch Gibbs' Arm zuckte reflexartig in Richtung Ball und war angespannt. Statt eines Eckstoßes hätte es deshalb einen Elfmeter geben müssen - und die Rote Karte für Gibbs wegen der Verhinderung einer klaren Torchance.

Mustafi grätscht Lewandowski ab

75. Minute: Robert Lewandowski dringt in den Strafraum der Londoner ein, Shkodran Mustafi setzt zum Tackling an, Lewandowski fällt über das ausgestreckte Bein des deutschen Nationalspielers. Wieder sagt Milorad Mažić: weiterspielen. Auch hier wäre ein Strafstoß zumindest vertretbar gewesen, denn den Ball hat Mustafi bei seiner resoluten Grätsche allenfalls minimal berührt.

Endgültig aufzulösen waren alle diese schwierigen Fälle jedoch nur mit mehreren Zeitlupen, die dem Schiedsrichter aber nun mal nicht zur Verfügung stehen.

Und wenn ein Unparteiischer auch nur den Hauch eines Zweifels hat, wird er in Situationen, in denen es nach einem Elfmeter riecht, weiterspielen lassen. Der klarste Strafstoß war fraglos derjenige gegen die Bayern - und den gab der serbische Referee.

Insgesamt hatte Milorad Mažić die anspruchsvolle Partie gut im Griff. Er wählte eine eher großzügige Linie, was dem Spiel angemessen war, und war dank seiner herausragenden Fitness immer in unmittelbarer Nähe des Geschehens.

Allerdings musste er sich in zwei Fällen von seinen Assistenten korrigieren lassen, und seine Gestik wirkte bisweilen etwas übertrieben. Manchmal ist weniger einfach mehr.

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