Kevin de Bruyne ist die heißeste Personalie des Sommers. Halb Europa jagt den Belgier, der VfL Wolfsburg will seinen Star unbedingt halten. Die gehandelten Ablösesummen lassen neue Rekordmarken erahnen - wahrscheinlich wird der Spieler aber erst in frühestens einem Jahr zu haben sein.

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Es läuft alles so rund beim VfL Wolfsburg. Der Einzug ins DFB-Pokalfinale, die sichere Champions-League-Teilnahme inklusive der Aussicht auf die Vizemeisterschaft. Die Vertragsverlängerung von Manager Klaus Allofs. Und doch könnte der Sommer in der Autostadt eingetrübt werden.

Der VfL hat den Spieler der Saison in seinen Reihen. Kevin de Bruyne, 23, offensiver Mittelfeldspieler - und das begehrteste Spekulationsobjekt der nächsten Wochen. In Wolfsburg reagiert man mittlerweile etwas dünnhäutig und trotzig, wenn mal wieder mit dem Interesse zahlungskräftiger europäischer Konkurrenz kokettiert wird.

"Sein Verkauf ist kein Thema", sagt etwa Aufsichtsrat Francisco Javier Garcia Sanz. "Und wenn doch: Billig wird er nicht! Unsere Schmerzgrenze ist nach oben offen." Der durch die Volkswagen-Millionen üppig alimentierte Klub wird versuchen, den bis 2019 datierten Kontrakt des Belgiers mit einer ordentlichen Aufbesserung der Bezüge noch einmal entscheidend aufzuwerten. Auf eine Ausstiegsklausel wird der VfL dabei weiterhin verzichten.

Wenn, dann soll der aufnehmende Verein für den Ausnahmespieler auch kräftig bluten. 50 Millionen Euro Ablöse etwa würden die Verantwortlichen kalt lassen. "Ganz ehrlich? Bei der Summe würden wir noch nicht einmal zucken", sagte Allofs der "Sport-Bild". Das ist natürlich übertrieben dargestellt, ein wenig das klassische Pfeifen im Walde.

Allofs weiß sehr gut, dass er sportlich (noch) nicht mit den Größen des europäischen Fußballs mithalten kann und dass De Bruyne bei allen Verdiensten für den VfL auch ein Spieler ist, der kein Problem damit hat, die Zelte schnell abzubrechen und weiterzuziehen, wenn es der Karriere förderlich ist.

"Im Moment sage ich, dass ich in Wolfsburg bleibe. Aber man weiß nie, was im Fußball passiert." Das sagt einer, der in jungen Jahren bereits in drei Ländern und bei vier verschiedenen Klubs gespielt hat. Zweimal hat sich De Bruyne beim FC Chelsea versucht, zweimal ist er gescheitert. Deshalb die (Zwischen-)Stationen in Bremen und Wolfsburg: Einen neuen Anlauf nehmen, sich anbieten, interessant machen. Und man kann ohne schlechtes Gewissen behaupten, dass De Bruyne dies eindrucksvoll geglückt ist.

Am letzten Samstag gegen Dortmund hat er seine 21. Torvorlage in dieser Bundesliga-Saison gegeben und damit einen neuen Rekord aufgestellt. Dazu kommen zehn Tore in der Liga. In insgesamt 49 Pflichtspielen, De Bruyne hat diese Saison als einziger Wolfsburger keine einzige Partie verpasst, war an 44 Toren beteiligt.

Er hat die seltene Gabe, einem Spielzug mit einem einzigen Ballkontakt eine völlig neue Wendung zu geben. Er beschleunigt das Spiel, er geht ins Dribbling, setzt seine Mitspieler ebenso einfach wie genial ein. Er ist beidfüßig, antrittsschnell, legt die meisten Sprints aufs Feld und schießt am häufigsten aufs Tor. Er ist für den VfL Wolfsburg in dieser Form schlicht unersetzbar. Und das alles, obwohl seine Entwicklung noch lange nicht abgeschlossen ist.

Geht es nach den Verantwortlichen in Wolfsburg, ist De Bruyne dafür beim VfL bestens aufgehoben. Auch deshalb wollen sie dem eher stillen Belgier noch mehr Verantwortung übertragen. "Wir wollen uns unter den besten Vier in der Bundesliga etablieren und auch in der Champions League ein gutes Bild abgeben. Dafür brauchen wir Kevin de Bruyne", sagt Allofs.

Die Bayern haben ihr Interesse hinterlegt, in den Planungen der Münchener könnte De Bruyne für die kommenden Jahre bei dem zu vollziehenden Umbruch eine entscheidende Rolle einnehmen. Dass Volkswagen mit Konzerntochter und Bayern-Anteilseigner Audi den kurzen Dienstweg beschreiten könnte, steht zumindest als Gerücht im Raum. Borussia Dortmund war einst in der Verlosung, wird sich aber nach einer anderen Alternative für den bald scheidenden Ilkay Gündogan umsehen müssen.

Dazu kommen der französische Meister Paris Saint-Germain und Manchester City als Interessenten - beides Klubs, die tatsächlich über noch größere finanzielle Mittel verfügen als der VfL Wolfsburg. Auch Louis van Gaals Manchester United soll scharf sein auf De Bruyne und, natürlich, Real Madrid.

"Wir sind in einer komfortablen Situation: Wir müssen keinen Spieler abgeben", sagt Allofs. Aber auch er weiß, dass das nur die halbe Wahrheit ist. Wenn der Spieler unbedingt weg will, hat man als Klub kaum noch eine Handhabe.

Wahrscheinlich ist, dass der VfL den Umworbenen zumindest für die kommende Saison noch halten kann. De Bruyne wird es mit den Wölfen gegen die Großen der Königsklasse versuchen und auch den nationalen Titel in Angriff nehmen wollen. Aber der Belgier hat auch schon gezeigt, wie ungeduldig er sein kann. Und im nächsten Sommer steht die Europameisterschaft an: Die nahezu perfekte Möglichkeit, sich noch einmal mit Nachdruck ins Rampenlicht zu rücken und den Marktwert nach oben zu treiben.

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