Inzwischen macht Uli Hoeneß kein Geheimnis mehr daraus. Als die Spieler beim FC Bayern ihren Unmut über Niko Kovac nicht mehr verbergen konnten, habe man in der Vereinsführung reagieren müssen, sagte der Präsident am Samstag. Der Trainer flog raus.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Pit Gottschalk dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Schon vor zwei Jahren meinten die Bayern-Bosse, dass es keine Alternative zur Entlassung von Carlo Ancelotti als Trainer gibt. Fünf Spieler seien gegen ihn gewesen, so Uli Hoeneß damals. Wie bei Niko Kovac: Das Aus nach nicht einmal anderthalb Jahren.

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So wünscht sich das jeder Arbeitnehmer: Wenn der Chef nervt, unpopuläre Entscheidungen trifft oder die Leistungen im Team anders als man selbst beurteilt - weg mit ihm! Der Nachfolger wird vielleicht fügsamer sein. Zumindest: weniger fordernd.

Alle Welt konnte beim 4:0 des FC Bayern gegen den ständigen Rivalen Borussia Dortmund sehen, wozu die Mannschaft spielerisch und läuferisch in der Lage ist. Damit ist die Frage beantwortet, ob der Kader schlecht oder die Spieler nicht fit waren. Antwort: nein.

Warum funktioniert es plötzlich unter Hansi Flick?

Unweigerlich stellte man die zweite Frage: Warum spielten sie dann nicht so unter Kovac?

Interimstrainer Hansi Flick hat ja in den wenigen Tagen nicht durch Handauflegen oder taktische Kabinettstücke das Fußballspielen in München neu erfunden.

Man muss es so sagen: Die Spieler wollten unter Kovac keine Top-Leistungen zeigen, als dem Trainer das Wasser bis zum Hals stand, sie wussten ja: Am Ende lösen Hoeneß als Präsident und Karl-Heinz Rummenigge als Vorstandschef das Problem pragmatisch.

Es war schon immer so, dass der Trainer das schwächste Glied innerhalb der Verkettung in einem Fußballklub ist. Eine Vereinsführung kann den einen Mann kostengünstiger ablösen als die komplette Mannschaft, wenn es nicht läuft. Und doch wiegt dieser Fall schwer.

Wenn nicht einmal der Branchenprimus mit seinen Schwergewichten in der Lage ist, die Macht seiner Profispieler einzuschränken und an die Gegenleistung für das Millionengehalt nachhaltig zu erinnern, wie sollen das die kleinen Vereine?

Die Spieler kennen immer einen Verein, der notfalls ein bisschen mehr zahlt. Beim FC Bayern hingegen findet man allenfalls international einen Arbeitgeber, der besser ist. Da könnte man meinen, dass die Bayern-Bosse etwas selbstbewusster handeln könnten.

Uli Hoeneß' Scheine machen Bayerns Stars Beine

In seiner wirklich sehr guten "Klose"-Biografie erzählt Autor Ronald Reng die zehn Jahre alte Geschichte, wie Uli Hoeneß seine Bayern mit einer Sonderprämie von einhundert Riesen zur Höchstleistung in der Champions League anstachelte (4:1 bei Juventus Turin).

Im ersten Moment liest sich die Anekdote wie eine Schmonzette. Im zweiten Moment macht das Wissen, dass Millionäre in kurzen Hosen nur mit Sonderprämie zu motivieren waren, das verkorkste Halbjahr in der Königsklasse zu retten, einfach nur traurig.

Übers Wochenende verloren Sandro Schwarz bei Mainz 05 und Achim Beierlorzer beim 1. FC Köln ihren Job in der Bundesliga. Man muss sich keine Sorgen machen, beide Trainer fallen weich. Aber vielleicht lag's ja gar nicht an ihnen.

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