Hansi Flick nutzte sein erstes Trainingslager als Bayern-Chefcoach für extrem intensive Trainingsarbeit. Mit teilweise drei Einheiten am Tag. Doch Schlagzeilen machte er auch außerhalb des Platzes. Mit seiner unverhohlenen Forderung nach Verstärkungen hat er insbesondere Sportchef Salihamidzic unter Druck gesetzt und eine Debatte über mögliche Transfers befeuert. Doch das ist kurz vor dem Auftakt gegen die Berliner Hertha längst nicht die einzige Baustelle beim Rekordmeister.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Steffen Meyer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Die T-Frage

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Es war ein Ausrufezeichen gleich zu Beginn der Münchner Wintervorbereitung: Alexander Nübel wechselt zur kommenden Saison vom FC Schalke 04 nach München. Seitdem wird viel diskutiert.

Werden dem talentierten Schlussmann Einsätze garantiert? Warum sonst würde Nübel diesen Schritt wagen? Ist Neuer eingebunden? Ist er einverstanden? Wird er seinen Vertrag trotzdem verlängern?

Aktuell sind ziemlich viele Fragen unbeantwortet und sie bleiben es wohl auch noch eine Weile. Klar ist damit: Dieses Thema wird bleiben und die Protagonisten schon bald ziemlich nerven. Jeder Wackler von Neuer wird beäugt werden. Jeder Patzer von Nübel, der auf Schalke die Kapitänsbinde abgeben musste, sowieso.

Der FC Bayern unterstreicht mit dem Transfer jedenfalls, dass er den Konkurrenzkampf perspektivisch auf allen Positionen anheizen will.

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Unklare Form

Der einzige Test vor dem Auftakt ging in die Hose. Die 2:5-Niederlage gegen den 1. FC Nürnberg war peinlich - auch wenn in der zweiten Halbzeit im Kern eine Jugendmannschaft auf dem Platz stand. Schon die erste Hälfte war mau und dabei standen alle Profis auf dem Feld. Für Flick war die Wintervorbereitung besonders wichtig, weil während der Saison nie so intensiv an Taktik und Abläufen gefeilt werden kann wie in einem Trainingslager. Das Training wurde von vielen gelobt. Doch hinter der Form der Mannschaft steht wenige Tage vor dem Rückrundenauftakt trotzdem ein Fragezeichen.

Der kleine Kader

Hansi Flick hat völlig recht, wenn er den dünnen Kader kritisiert. Die Strategie der vergangenen Jahre mit einem kleinen Kader möglichst wenig Reibung und eine Wohlfühlatmosphäre für die Stars zu erzeugen, hat sich nur bedingt bewährt. In den erfolgreichsten Spielzeiten der vergangenen 20 Jahre (2000/2001 und 2012/2013) war der Kader breit und der Konkurrenzkampf hoch. Flick coacht in der Rückrunde um seine Zukunft als Bayern-Trainer und soll möglichst überall erfolgreich sein, doch der Kader zwingt ihn, ständig zu improvisieren.

Der Fehler wurde allerdings vor der Saison gemacht. Nun im Winter adäquate Verstärkung zu finden, ist verdammt schwer. Jemand wie Thomas Meunier, über dessen Zugang spekuliert wird, würde natürlich kurzfristig eine Lücke hinten rechts schließen. Ob der 28-Jährige jedoch langfristig eine Lösung ist, die den FC Bayern deutlich weiterbringt, ist fraglich.

Hinzu kommt, dass die Bayern-Führung sich mit dem neuen Vorstand Kahn, dem neuen Präsidenten Hainer und dem erst im Sommer in den Vorstand aufrückenden Salihamidzic neu sortiert. Die Münchner müssen einerseits entschlossen handeln, wenn sich bei einem Top-Mann eine Option auftut. Andererseits muss das dann auch zur Strategie passen, die die neuen Verantwortlichen langfristig etablieren wollen. Insgesamt kein ganz einfaches Unterfangen.

Die Verletzten

Süle, Martinez, Hernandez und Coman werden gegen Klinsmanns Hertha sicher fehlen. Serge Gnabry arbeitet hart daran, rechtzeitig fit zu werden. Kimmich fehlt gesperrt. Der an der Leiste operierte Robert Lewandowski könnte dagegen sein Comeback feiern. Außer Kimmich haben alle genannten weite Teile der Rückrundenvorbereitung verpasst und fallen zum Teil noch länger aus. Erst diese Verletztenmisere hat die Probleme mit der Kaderbreite so richtig offengelegt.

Natürlich kann die Situation in drei oder vier Wochen schon wieder entspannter aussehen. Doch bei vier Punkten Rückstand auf Tabellenführer Leipzig können sich die Münchner schon ab jetzt keine Patzer mehr erlauben.

Der Fall Boateng

Seit langer Zeit wird über einen möglichen Abgang Boatengs diskutiert. Seine Leistungen waren zuletzt durchschnittlich bis schwach. Zufrieden wirkt er zumindest nach außen schon länger nicht mehr. Doch wegen der beschriebenen Verletztenmisere braucht Flick seinen erfahrenen Abwehr-Mann. Gegen Hertha hat er fast eine Garantie auf einen Platz in der Startelf, weil Pavard rechts gebraucht wird und außer dem zum Innenverteidiger umfunktionierten Alaba keine echte Alternative mehr bereitsteht.

Bis zum Ende des Transferfensters Ende Januar wird trotzdem erneut über Boatengs Zukunft diskutiert werden. Ein Unruheherd mehr.

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