Lucas Hernandez ist nicht nur Bayerns Rekordtransfer, sondern in vielerlei Hinsicht ein ganz besonderer Spieler - der sich auf und abseits des Platzes bisher nicht immer nur Freunde gemacht hat.

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Es gab eine Zeit, da musste der FC Bayern an seinem Trainingsauftakt in die Allianz Arena ausweichen. Das war vor sechs Jahren, die Münchner nach dem Triple auf der Höhe ihres Schaffens und mit Josep Guardiola als neuem Trainer ausstaffiert.

25.000 Fans drängelten sich auf den Tribünen, mehr als bei den meisten Spielen des Lokalrivalen TSV 1860 zu dieser Zeit, und sahen den 16 Profis bei ihrem Treiben zu - verfolgt von rund 100 Journalisten aus aller Herren Länder.

Mehr ging nicht, selbst die Bayern stießen damals an ihre Grenzen: Die Säbener Straße wäre an diesem Tag im Juli aus allen Nähten geplatzt.

Am Montag stand nun erneut der erste Arbeitstag für die Profis der Bayern an. An der Säbener Straße, ohne Guardiola, ohne Massenwanderung und Medienspektakel.

Dafür ergab sich die Gelegenheit zum Durchzählen: Handverlesene acht Profis. Und zehn Spieler aus dem Unterbau, aus der zweiten Mannschaft und der A-Jugend.

So überschaubar war es an der Heimstatt der Bayern noch nie zum Trainingsauftakt. Die Nationalspieler fehlten noch, sie werden am Freitag zurückerwartet. Von den bisherigen Zugängen war nur Jann-Fiete Arp dabei, Benjamin Pavard hat noch Urlaub.

Teuerster Einkauf der Klubgeschichte

Das größere Ereignis fand schon ein paar Stunden zuvor statt. Lucas Hernandez schaute am Nachmittag vorbei, immerhin ist der Franzose ja der Rekordeinkauf in Bayerns Vereinsgeschichte.

Also saß Hernandez auf dem Podium und beantwortete die üblichen Fragen mit den üblichen Antworten. Den Franzosen moderierten die Bayern richtig groß an, schließlich agierten die Bosse auf dem Transfermarkt bisher eher zurückhaltend, und Hernandez ist mit weitem Abstand ihr spektakulärster Coup bisher; der keinen geringeren als Mats Hummels quasi verdrängt und sie ja auch rund 80 Millionen Euro gekostet hat, und damit etwa doppelt so viel wie der bisherige Rekordeinkauf Corentin Tolissso.

Für einen Abwehrspieler ist das eine ganze Menge Geld, aber erstens sind Innenverteidiger ja die neuen Spielmacher und zweitens soll Hernandez einer der Besten der Welt sein. Und was die Besten auf dieser neuralgischen Position für einen Einfluss haben können, zeigte zuletzt insbesondere Liverpools Virgil van Dijk, der teuerste Abwehrspieler im Profigeschäft.

FC Bayern: Mehr Flexibilität durch Hernandez

Für den Niederländer bezahlten die Reds vor anderthalb Jahren rund 85 Millionen Euro und wurden dafür scharf attackiert. Mittlerweile dürfte sich Van Dijks Marktwert aber schon im dreistelligen Bereich bewegen.

Mit Hernandez gehen die Bayern eine ähnliche Wette ein. Wie sein Landsmann Pavard kann auch Hernandez praktischerweise auf der Außenbahn spielen, beide bildeten im vergangenen Sommer das Außenverteidigerpärchen von Weltmeister Frankreich.

Eingeplant ist Hernandez aber zusammen mit Pavard und jeweils an der Seite von Niklas Süle in der Innenverteidigung. Entweder in der klassischen Viererkette oder aber in einer Dreierkonstellation, über die Trainer Niko Kovac offenbar mehr als nur nachdenkt.

Mehr offensive Akzente

Für den Spieler, der sich nach einer Knieoperation noch in der Reha befindet, wird sich bei den Bayern so ziemlich alles ändern. Bei Atletico Madrid verfolgte Diego Simeone einen völlig anderen Ansatz als die Bayern, aus einem klassischen 4-4-2 begegneten die Rojiblancos ihren Gegnern mit einem eher kompakten, abwartenden Ansatz.

Bayerns Spiel ist dagegen proaktiv, fast immer auf Dominanz ausgelegt - entsprechend müssen die Innenverteidiger auch aggressiver im Spielaufbau sein und mutiger durchschieben.

In Madrid hat er sich zusammen mit seinem jüngeren Bruder Theo durch die Nachwuchsakademie geschuftet, beide schafften es danach auch in den Profifußball. Während Theo über Real Madrid beim AC Milan landete, hat es Lucas sogar noch zwei Stufen weiter geschafft.

Bei den Bayern soll er eine tragende Rolle einnehmen, manch einer verspricht sich eine ähnliche Karriere wie die von Bixente Lizarazu beim deutschen Rekordmeister. Die Voraussetzungen dafür bringe der Spieler auf alle Fälle mit.

"Er ist ein Krieger"

"Er ist ein Kämpfer, ein richtiger Krieger", sagt Didier Deschamps. Frankreichs Weltmeister-Trainer ging das Risiko ein, im letzten Sommer mit zwei blutjungen Außenbahnspielern zu agieren und wurde dafür belohnt. Hernandez gab ein paar Monate davor erst sein Debüt in der Tricolor, funktionierte in Russland aber dennoch wie eine Maschine. Diese Eiseskälte zeichne ihn auf dem Platz aus, meint Deschamps. Lucas kenne weder Druck noch Nervosität.

Aber jetzt, das grelle Rampenlicht, die immense Ablöse, der noch größere Klub? "Für mich ist diese Ablösesumme überhaupt kein Problem. Ich verspüre dadurch kein Prozent mehr Druck, und ich verschwende daran auch keinen Gedanken", sagt Hernandez. Das klingt über die Maßen selbstbewusst und kalkuliert - woran sich auch Beobachter und die Atleti-Fans stets stießen.

Kühler Mentalitätsspieler

Für seine Karriere und den eigenen Vorteil würde er alles tun, war nicht nur einmal zu lesen oder zu hören. Selbst seriöse spanische Tageszeitungen berichten von Hernandez' Söldnergestus. Dass er nach zwölf Jahren bei und für Atletico im Winter schon ohne mit der Wimper zu zucken den Klub verlassen wollte, obwohl da noch die sehr veritable Aussicht auf ein Finale dahoam bestand, in der Königsklasse, mit Atletico, im eigenen Stadion - das haben ihm viele damals sehr übel genommen.

Hernandez ist ein sogenannter Mentalitätsspieler. Einer, der sich in den Gegner und in ein Spiel verbeißen kann und für seine Mannschaft an Grenzen geht und manchmal auch darüber hinaus. Dass er unumwunden zugibt, im Sinne des Teams auch mal zu schauspielern, um ein paar Sekunden Zeit herauszuschlagen oder den Rhythmus des Gegners zu brechen, kommt nicht überall gut an. Aber so ist das wohl mit den unbequemen Typen: Die ecken gerne an und nehmen für den sportlichen Erfolg des Kollektivs vieles in Kauf.

Als Sohn des ehemaligen Profis Jean-Francois Hernandez kennt er das Geschäft nur zu gut, auch wenn ihn sein Vater früh verlassen hat und er mit seiner Mutter und seinem kleineren Bruder alleine klarkommen musste.

Nach zwölf Jahren in Spanien hätte er auch für die Seleccion auflaufen können, entschied sich aber für Frankreich. Nicht, weil es ihm eine Herzensangelegenheit gewesen wäre, sondern weil die Franzosen einfach schneller waren und er wegen der Einbürgerung in Spanien noch länger hätte warten müssen.

Das große Ziel Champions League

Vor zwei Jahren landete er in den Schlagzeilen, weil seine Freundin nach einem Zwischenfall zu Hause die Polizei zu Hilfe gerufen hatte. Sie soll ihm das Auto zerkratzt, er sie daraufhin tätlich angegriffen haben. Angeblich verpasste er ihr zwei Ohrfeigen. Das Paar wurde zu ein paar Tagen gemeinnütziger Arbeit verdonnert und mussten in der Folge 500 Meter gegenseitigen Sicherheitsabstand ein halten. Mittlerweile sind die beiden verheiratet, Sohn Martin wird in wenigen Tagen ein Jahr alt.

Lucas Hernandez hat schon eine Menge erlebt, auf und abseits des Platzes. Beim FC Bayern will der Rekordtransfer nun ein paar neue Kapitel schreiben. Die nationale Meisterschaft und der Pokal sind bei den Bayern ja gewissermaßen das Pflichtprogramm, wer im Weltfußball wirklich etwas auf sich hält, der muss die Champions League gewinnen. "Ich werde jedenfalls alles geben für dieses große Ziel, und es macht mich stolz, dass ich dies bei einem der besten Vereine der Welt versuchen darf."

Verwendete Quelle:

  • www.sportbuzzer.de: "Lucas Hernández: Das will der Rekord-Transfer mit dem FC Bayern erreichen"
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