Die Galionsfigur geht von Bord: Jürgen Klopp und Borussia Dortmund trennen sich einvernehmlich zum Saisonende. Der BVB wird sich ohne seinen Cheftrainer neu erfinden müssen - und einen radikalen Umbruch vollziehen.

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Das verflixte siebte Jahr: Auch die Ehe zwischen Jürgen Klopp und Borussia Dortmund ist an diesem zugrunde gegangen. Es kriselte zwar schon seit Monaten gewaltig in der Liebes-Beziehung zwischen Verein und Trainer, dennoch kommt der Zeitpunkt, an dem die Trennung veröffentlich wird, überraschend.

Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke wurde nie müde zu betonen, Klopp unter keinen Umständen zu entlassen. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass der BVB seine schlechteste Hinrunde seit 27 Jahren spielte und nach dem ersten Rückrunden-Spieltag Tabellenletzter war. Zu erfolgreich war die gemeinsame Zeit. Zu gut war die Harmonie zwischen Klopp und dem gesamten Verein. Daher blieben die Klub-Bosse ihrer Linie bis zum Schluss treu, nicht "branchenüblich", sondern loyal zu handeln.

Hans-Joachim Watzke den Tränen nahe

Demensprechend emotional verlief die Pressekonferenz am Mittwochnachmittag, bei der Klopps Abgang zum Saisonende verkündet wurde. Watzke betonte - den Tränen nahe - der Coach könne sicher sein, "dass dir der ewige Dank aller Borussen zuteil wird. Das einzige, was mich in diesen Momenten ein Stück weit tröstet, ist, dass unsere Freundschaft mit Sicherheit bestehen wird."

Klopp ist also nicht gegangen worden. Er geht freiwillig. Und für Dortmund hat dies weitreichende Folgen.

Borussia Dortmund vor radikalem Umbruch

Denn unabhängig von Klopps Weggang benötigt Dortmund einen radikalen Umbruch. Von Millionen-Flops wie Ciro Immobile oder Henrikh Mkhitaryan dürfte sich der Klub genauso trennen wie von den zwar verdienten, aber seit langem nicht mehr ihre Leistungen abrufenden Roman Weidenfeller, Neven Subotic oder Kevin Großkreutz.

Die Zukunft der stark umworbenen Leistungsträger Mats Hummels und Ilkay Gündogan steht ebenso mehr denn je in den Sternen. Auf seine Zukunft angesprochen äußerte sich Hummels zuletzt wiederholt zurückhaltend - im Profi-Fußball eher ein Zeichen für einen Abschied als für einen Verbleib. Vor allem Louis van Gaal, Trainer des englischen Rekordmeisters Manchester United, soll ein großer Fan des Innenverteidigers sein. Die "Red Devils" hätten das nötige Kleingeld, um die kolportierte Ablöse von 50 Millionen Euro zu stemmen. An Ilkay Gündogan soll ManUnited englischen Medienberichten zufolge ebenfalls Interesse zeigen.

Dortmund wird sich neu aufstellen müssen. Es ist fraglich, ob der Medienberichten zufolge umworbene Thomas Tuchel dazu in der Lage ist. Schließlich sind die Parallelen zwischen Klopp und Tuchel zu offensichtlich - was nicht nur an ihrer vergleichbaren impulsiven Art liegt. Die beiden ehemaligen Mainz-Trainer setzen bei ihren Teams nicht auf Ballbesitzfußball, sondern auf Gegenpressing und schnelles Umschaltspiel. Doch exakt in diesem Bereich hat Dortmund zwar schleichend, dafür aber erheblich Rückschritte gemacht. Spiele, in denen der BVB seinen Gegner überrannte - wie etwa beim 3:0-Sieg im Derby gegen den FC Schalke 04 - hatten in dieser Saison Seltenheitswert.

Mit Jürgen Klopp geht eine Galionsfigur

Von seiner erfrischenden Art Fußball zu spielen - so, wie es der Klub in den Meistersaisons 2010/11 und 2011/12 perfekt fabrizierte - ist der BVB meilenweit entfernt. Das Konzept Klopp, es funktioniert nicht mehr. Klopp war intelligent genug, dies zu erkennen und spricht daher von einer "absolut richtigen Entscheidung". Der Coach erklärte, er habe zuletzt nicht mehr das Gefühl gehabt, der perfekte Trainer für den BVB zu sein.

Klopps schmerzhafter Schritt ist daher nicht nur nachvollziehbar, sondern auch notwendig gewesen. Doch klar ist auch: Mit dem 47-Jährigen verlässt den BVB nicht nur ein guter Trainer, sondern eine echte Persönlichkeit. Eine Galionsfigur. Jemand, der den Fokus stets auf sich zog und so die Mannschaft vor einprasselnder Kritik schützte.

In diesem Bereich wird Klopps Abschied für den BVB am schwersten wiegen.

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