Es ist zweifelsohne eine der spannendsten Fragen, die den FC Bayern in dieser Rückrunde begleitet. Wer steht ab dem 1. Juli in München an der Seitenlinie? Nachdem Jupp Heynckes dem Werben der Bayern-Bosse um eine Vertragsverlängerung in dieser Woche zum wiederholten Male eine Abfuhr erteilt hat, wird die Diskussion nun erneut Fahrt aufnehmen.

Steffen Meyer
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Steffen Meyer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Das Verhalten der Bayern-Bosse bleibt rätselhaft. Immer wieder hatte gerade Uli Hoeneß mit öffentlichen Lobpreisungen versucht, Jupp Heynckes probiert den 72-Jährigen zum Bleiben zu überreden.

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Heynckes brachte Familiengefühl zurück

Offenbar müssen sich die vergangenen Monate für Hoeneß angefühlt haben wie ein Wellness-Urlaub. Nach dem sehr erfolgreichen, aber komplizierten Guardiola und dem Missverständnis Ancelotti hat Heynckes gemeinsam mit Co-Trainer Peter Hermann und Sportdirektor Brazzo Salihamdzic innerhalb kürzester Zeit alle Brandherde gelöscht. Er lässt nicht nur erfolgreichen Fußball spielen, sondern streichelt die Seele der Bayern-Stars und des gesamten Clubs.

Es ist kein Geheimnis, dass Hoeneß sich wieder nach mehr Familiengefühl an der Säbener Straße gesehnt hat. Heynckes erfüllt auch diese Anforderung perfekt.

Nun steht Hoeneß gemeinsam mit Karl-Heinz Rummenigge und Salihamidzic, dessen Rat gehört wird, vor einer schwierigen Entscheidung: Wer kann Heynckes würdig beerben?

Thomas Tuchel als Idealkandidat

Eigentlich weist inzwischen alles auf Thomas Tuchel hin. Davon ausgehend, dass Jürgen Klopp und Joachim Löw kurzfristig nicht zur Verfügung stehen, ist er gemeinsam mit Julian Nagelsmann der fachlich beste deutsche Trainer.

Im Gegensatz zu Nagelsmann kann Tuchel zudem umfassendere internationale Erfahrung und mit dem Pokalsieg der Dortmunder auch konkrete Erfolge nachweisen.

Tuchel wäre die Kopfentscheidung. Denn inhaltlich ist er unumstritten. Auch Heynckes empfahl den Ex-Dortmunder in dieser Woche unverhohlen in einem `"Sport-Bild"-Interview.

Beinahe schwärmerisch sprach Heynckes darin über Tuchels Fußball, der ohnehin viel besser zum FC Bayern passe als der Stil von anderen Kandidaten wie Ralph Hasenhüttl oder Nico Kovac. O-Ton Heynckes: "Dortmund hat unter Tuchel einen sehr tollen Fußball gespielt, mit gutem System. Alle modernen Elemente, die zum heutigen Fußball gehören, waren vorhanden. Tuchel wurde Vizemeister, Pokalsieger und ließ attraktiven Fußball spielen. Es hat mir Spaß gemacht, seinem BVB zuzusehen."

Ungeklärtes Verhältnis zu Hummels

Doch ähnlich wie Guardiola fordert Tuchel viel. Von sich selbst. Aber auch von seinen Spielern, vom Verein. Und so muss die Frage erlaubt sein: Trauen sich die Bayern einen wie Tuchel nicht zu? Weil er auch mal den Finger in die Wunde legt? Weil er Konflikte im Zweifel auch mal austrägt, statt sie zu moderieren?

Wie gesagt: Das kann anstrengend sein. Hinzu kommt das ungeklärte Verhältnis zum Ex-Dortmunder Mats Hummels, dessen Stimme intern viel Gewicht hat.

Allzu lange sollte die Münchner Führungsetage jedenfalls nicht mehr mit ihrer Entscheidung warten. Umso mehr öffentlich spekuliert wird, umso länger gezögert wird und die Stärken und Schwächen der Kandidaten öffentlich seziert werden können, umso schwerer wird der Start für den neuen Mann.

Und es stellt sich ohnehin längst eine weitere Frage: Wie lange ist ein Großkaliber wie Thomas Tuchel noch bereit, die öffentliche Charme-Offensive für Heynckes und die öffentlich unwidersprochen angeblichen Zweifel an seinem Führungsstil zu akzeptieren?

Der FC Bayern sollte sich langsam entscheiden. Den besten Trainer? Oder einen Mann fürs Bayern-Herz? Zumindest Jupp Heynckes hat diese Frage inzwischen eindeutig beantwortet.

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