Warum dieses Sport-Wochenende offenbarte, woran es der Bundesliga mangelt. Warum Max Kruse aufspielt wie Lionel Messi. Und warum Schalke einfach die besten Scherze macht. Unsere (wie immer nicht ganz ernst gemeinten) Lehren des 31. Bundesliga-Spieltags.

Eine Glosse

1. Lehre: Der Bundesliga fehlt ein Anthony Joshua

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Es war ein Samstagabend der Superlative! Zunächst brachte der FC Bayern in Wolfsburg seinen 27. Meistertitel in der Bundesliga unter Dach und Fach. Nur wenige Stunden später lieferten sich Wladimir Klitschko und Anthony Joshua im Wembley-Stadion eine schon jetzt legendäre Box-Schlacht.

Was diese beiden Events gemeinsam hatten, war nur ein winziges Detail: Ein Joshua machte jeweils den Deckel drauf. Für die Bayern traf Joshua Kimmich kurz vor Schluss zum 6:0-Endstand, im Boxring knipste Anthony Joshua mit einem Schlaghagel in Runde 11 alle Lichter bei "Dr. Steelhammer" aus.

Und sonst? Die Veranstaltungen hätten abgesehen davon kaum unterschiedlicher sein können. Während 90.000 Zuschauer den Londoner Fußballtempel in einen Hexenkessel verwandelten, musste der FCB in der nicht gerade für Ekstase auf den Rängen bekannten Volkswagen-Arena ran.

Während sich in Wembley zwei großartige Sportler gegenüberstanden und mit ihren eindrucksvollen Leistungen die Massen verzückten, zerlegte der deutsche Rekordmeister die "Wölfe" nach allen Regeln der Kunst - ohne dass von diesen auch nur ein Hauch an Gegenwehr gekommen wäre.

Während sich der 27-jährige Engländer Joshua nach dem Fight zu Recht für eine bärenstarke Performance von den frenetischen Fans feiern lassen durfte, spulten die gar nicht mal so begeisterten Münchner nach den Abpfiff routiniert ihre Humba-Tätärä-Tradition in kreativen Meister-Shirts ab - wie schon in den vier vorausgegangenen Spielzeiten.

Um es auf den Punkt zu bringen: Während der Krimi in London einen Eintrag in die Geschichtsbücher des Sportes bekommen sollte, wird sich schon in wenigen Wochen kaum noch jemand daran erinnern, wie ungefährdet und souverän Lewandowski und Co. den VfL filetierten - man hat es einfach zu oft gesehen.

Der traurige Grund: Einen wie Anthony Joshua gibt es in der Bundesliga nicht. Ein hochtalentiertes Schwergewicht, das ohne Furcht vor großen Namen optimal vorbereitet in den Ring steigt, sich von Rückschlägen erholt, seiner Taktik treu bleibt und den großen Namen am Ende dank einer Energieleistung in die Knie zwingt.

Vielleicht können junge Teams wie Borussia Dortmund oder RB Leipzig diese Rolle in der kommenden Saison bereits ausfüllen. Nur dann dürfte der Kampf um die deutsche Fußball-Meisterschaft in Zukunft wieder ähnliche Emotionen hervorrufen wie das wohl spektakulärste und spannendste Duell der jüngeren Boxgeschichte.

2. Lehre: Max Kruse spielt auf wie Lionel Messi

Am 11. Februar diesen Jahres verlor der SV Werder Bremen im Weserstadion 0:1 gegen Gladbach und rutschte damit auf Relegationsplatz 16 ab. Der Tiefpunkt war erreicht. 17 Punkte betrug zu diesem Zeitpunkt der Rückstand auf Hertha BSC auf Rang sechs.

Was seitdem passierte, bietet exzellenten Nährboden für eine Vielzahl typischer Fußballer-Floskeln. Die Mannschaft holte das Momentum zurück auf ihre Seite. Plötzlich gelang es wieder, sich das Glück auch mal zu erzwingen. Das Team spielte sich in einen Rausch und nutzte diese Erfolgswelle bis zu ihrem vorläufigen Höhepunkt am vergangenen Wochenende.

Die Werderaner haben durch den 2:0-Erfolg gegen Hertha Rang sechs erobert. Deren besagter 17-Punkte-Vorsprung auf Bremen ist auf einen mickrigen Zähler zusammengeschmolzen. Achtung, nächste Floskel: Eine Geschichte, die nur der Fußball schreibt.

Als Personifizierung dieser Mega-Serie hat sich in den letzten Wochen Max Kruse ins Rampenlicht gespielt. Nachdem der "Poker-Max" zuvor hauptsächlich neben dem Platz für - ausschließlich negative - Schlagzeilen gesorgt hatte, besticht der 29-Jährige inzwischen wieder mit Top-Leistungen auf dem Platz.

Und mit einer traumhaften Quote: 14 Buden stehen für Kruse in der Statistik zu Buche. Sagenhafte acht Tore erzielte er allein im April. In Europas Topligen hat das außer ihm nur ein Spieler geschafft: ein gewisser Lionel Messi.

Auf diesen Vergleich angesprochen, schenkte Kruse der "Sky"-Kamera nach dem Spiel gegen Hertha am Samstag sein schönstes Lausbubenlächeln und scherzte: "Ich will das nicht zu hoch bewerten. Messi hat ja noch ein Spiel und er kann dann glaube ich noch nachziehen."

Fast richtig geglaubt, lieber Max! Messi hätte gegen Espanyol im Barcelona-Derby tatsächlich nachziehen können. Allerdings ging der argentinische Zauberfloh bei Barcas 3:0-Erfolg fast schon sensationell ohne eigenen Torerfolg vom Rasen.

Und somit war es dann offiziell: Max Kruse legte im April 2017 einen astreinen Messi-Monat hin. Am 11. Februar diesen Jahres hätte man für diese Vorhersage wohl kaum mehr als ein müdes Lächeln geerntet.

3. Lehre: Niemand scherzt besser als Schalke 04

Spieltag in der Bundesliga - und der FC Schalke 04 hat Grund zur Freude! Gibt's nicht? Gibt's doch! Was da am Freitagabend in Leverkusen passierte, dürfte wohl selbst den eingefleischtesten Fan von Königsblau gelinde gesagt überrascht haben.

Das ungefährdete (!) und souveräne (!) 4:1 (!) passt eigentlich so gar nicht in die Seuchen-Saison der "Knappen".

Auch die Social-Media-Redaktion der Gelsenkirchener schien diesen emotionalen Ausnahmezustand nicht so ganz verdauen zu können.

Als Guido Burgstaller zum zwischenzeitlichen 0:4 traf, posteten die Kollegen diesen unfreiwillig sehr komischen Tweet:

Spekulieren da einige Schalker schon auf die große Attacke auf die Meister-Schale in der kommenden Saison? Hat Clemens Tönnies persönlich das Ziel für 2017/18 gezwitschert?

War es der auf Schalke zur Tagesordnung gehörende Reflex des sofortigen Größenwahns bei plötzlicher Leistungssteigerung? Ein absichtlicher - und somit sehr guter - Scherz? Oder ein simpler Tippfehler?

Man weiß es nicht. Alle Varianten erscheinen möglich. Sicher ist nur eins: Wir als Autoren der Lehren des Spieltags sind jede Woche aufs Neue einfach nur dankbar für den ganz normalen Wahnsinn rund um diesen Verein. Merci, S04!

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