Es ist wieder Herbst und die Stimmung schlecht bei Borussia Dortmund. Wie das in den letzten Jahren viel zu oft schon der Fall war. Vor rund zwölf Monaten, als der BVB mächtig angeschlagen in die WM-Pause wankte. Oder im Jahr davor, als unter Marco Rose die Ziele in der Liga und in der Champions League verspielt wurden. Oder vor drei Jahren, als Lucien Favre nach einem 1:5 zu Hause gegen den VfB Stuttgart gehen musste.

Eine Analyse
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Aktuell ist die Lage angespannt wie noch nie in dieser Saison und die Aufgaben bis Weihnachten immens: In der Liga warten unter anderem noch die Vergleiche gegen Leverkusen und Leipzig, in der Königsklasse die beiden Endspiele gegen Milan und Paris Saint-Germain und im Pokal kommt es zum Wiedersehen mit dem VfB. Die Erinnerungen an das Spiel vor knapp zwei Wochen in Stuttgart dürften noch frisch und unbehaglich genug sein.

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Die heiße Phase für den BVB beginnt also schon im Spätherbst und derzeit scheint das Potenzial des Scheiterns größer als die Aussicht auf wichtige Siege und damit einen Wendepunkt in dieser Saison. Das gilt für die Mannschaft, aber auch für ihren Trainer.

Interne Differenzen beim BVB?

Edin Terzic hat in den rund anderthalb Jahren als Cheftrainer so ziemlich alles erlebt: Höhen und Tiefen und eine der schlimmsten Enttäuschungen, die man als BVB-Trainer durchstehen muss. Trotz dieser Achterbahnfahrt seit dem Sommer 2022 hat sich sein Chef Hans-Joachim Watzke immer unbeirrt hinter Terzic gestellt, die Rückendeckung aus dem obersten Gremium war nicht nur einmal demonstrativ und öffentlich zur Schau gestellt.

Weniger plakativ fällt die Unterstützung vom Sportchef Sebastian Kehl aus. Am Mittwoch schrieb die "Sport-Bild" unter anderem, Watzke würde sich von Kehl mehr Rückendeckung für Terzic wünschen, wie das bei dessen Vorgänger Marco Rose der Fall war. Man könnte auch sagen: Zwischen Kehl und Terzic könnte die Chemie besser sein. Schon im Sommer lieferten beide ein paar Ansatzpunkte dafür, soll es Dissonanzen bei Transferentscheidungen gegeben haben.

Nun gehören Meinungsverschiedenheiten zwar dazu und können – im besten Fall – so viel Reibung erzeugen, dass am Ende das beste Resultat steht. Im Fall der Dortmunder Zukäufe verfestigt sich diese Erkenntnis nicht. Auch in der Kapitänsfrage sollen Kehl und Terzic nicht gleicher Meinung gewesen sein, hier setzte sich der Trainer mit der Wahl Emre Cans durch. Der fand sich zuletzt aber oft genug auf der Bank wider.

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Terzic muss siegen und entwickeln

Das könnten alles nur ärgerliche Nebengeräusche sein, wenn die Mannschaft eine sportliche Entwicklung nehmen würde. Das ist definitiv oberste Trainerpflicht und auch hier hinkt der BVB seinen Ansprüchen und der Konkurrenz hinterher. Weshalb die nächsten Wochen für Terzic sehr entscheidenden Charakter haben dürften.

Die Leistungs- und Ergebniskrise – zumindest in der Liga – erhöht den Druck nun so stark, dass Ausrutscher bis Weihnachten eigentlich kaum noch erlaubt sind. Mit zehn Punkten (auf Leverkusen) und acht Punkten (auf die Bayern) Rückstand könnte jede weitere Niederlage das erste Saisonziel schon in der Hinserie platzen lassen.

In der Königsklasse ist die Ausgangslage gut, der Schein trügt aber ein wenig: Trotz Platz eins im Zwischenklassement kann die Borussia noch aus der Champions League und sogar aus der Europa League purzeln und wie schwer die Aufgabe im K.-o.-Spiel im Pokal in Stuttgart werden kann, hat das letzte Pflichtspiel auf besonders schonungslose Art gezeigt.

Gefährliche Phase für Terzic

Terzic benötigt jetzt ganz schnell Ergebnisse, seine Mannschaft wiederum eine angepasste Spielidee. Der kürzlich formulierte Pragmatismus stößt schon jetzt an Grenzen und er ist nichts mehr wert, wenn die Resultate ausbleiben. Die Borussia benötigt einen anderen offensiven Angang, mehr einstudierte Abläufe und eine Prise mehr Mut. Das ist originäre Trainerarbeit, die Terzic bei 14 Länderspielabstellungen aber kaum umsetzen konnte.

In die öffentlichen Debatten um die fehlende Entwicklung der Mannschaft mischen sich längst auch einige Zweifel am Trainer. Noch ist das eher ein Medienthema oder eines an den Stammtischen und Fan-Foren. Aber Terzic weiß selbst sehr gut, wie schnell die Stimmung auch intern kippen kann. Er hat die letzten beiden Trainerwechsel nicht nur miterlebt, sondern beide Trainer dann unmittelbar in ihrem Amt beerbt.

Jetzt bieten sich genug Chancen, den Trend umzudrehen, wieder in die Spur zu finden. Das ist die gute Nachricht. Aber Edin Terzic weiß auch: Die nächsten Wochen könnten andererseits die gefährlichsten seiner immer noch jungen Trainerlaufbahn werden.

Verwendete Quellen:

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