Jadon Sancho steht offenbar vor einer Rückkehr zu Borussia Dortmund. Was angesichts der kniffligen Lage des Klubs und des Spielers wie eine Win-win-Situation scheint, hat aber auch ein paar negative Seiten.

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Am Dienstag schwappten die ersten Gerüchte aus England zu uns herüber: Jadon Sancho soll nach übereinstimmenden Informationen und Berichten vor einer Rückkehr zu Borussia Dortmund stehen.

Seitdem überschlagen sich die Meldungen in den Kommentarspalten und den sozialen Medien, es ist ein regelrechter Hype entstanden um den "verlorenen Sohn". Beim BVB hat Sancho einst den Durchbruch zur internationalen Spitzenklasse geschafft, wurde zum - damals - zweitteuersten Verkauf der Klubgeschichte.

Den Abgang des Flügelspielers hat die Borussia bis heute nicht wirklich kompensieren können, an Sanchos 114 Scorerpunkte in 137 Spielen für den BVB kamen seine diversen Nachfolger nicht einmal ansatzweise heran. Noch ist die Rückholaktion nicht abgeschlossen, der Deal längst nicht abgeschlossen - und trotzdem polarisiert die Personalie nicht nur innerhalb der Dortmunder Fangemeinde.

Es sprächen einige gute Argumente für eine Rückkehr Sanchos zum BVB - es gibt allerdings auch den einen oder anderen Vorbehalt.

PRO

Jadon Sancho war neben Erling Haaland und Jude Bellingham eine der drei prägenden Figuren der letzten Dekade beim BVB. Die herausragenden Werte sprechen für sich, im Jahr 2021 waren es Sanchos Tore und Torvorlagen, die den BVB zum letzten Titel der Klubgeschichte führten, dem DFB-Pokal.

Die Suche nach einem adäquaten Nachfolger verlief bisher wenig zufriedenstellend: Donyell Malen und Karim Adeyemi sind keine klassischen Flügelspieler wie Sancho, Jamie Bynoe-Gittens ein großes Talent, aber noch lange nicht so weit. Julien Duranville verspricht, eine ähnliche Begabung wie Sancho zu haben, ist aber seit Monaten verletzt und auch erst 17 Jahre jung.

Und von den Spielern, die der BVB schon vor Sanchos Abgang hatte und immer noch im Kader hat, konnte sich keiner aufdrängen oder auf der Position am Flügel etablieren. Was läge also näher, als die vakante Position wieder mit dem Original zu besetzen?

Der BVB hat im Zwischenklassement der Liga wertvollen Boden eingebüßt und muss mal wieder eine Aufholjagd starten. Dazu kommen die Defizite im mannschaftstaktischen Bereich - die Mannschaft benötigt daher noch mehr als andere aus der Spitzengruppe der Liga das Können Einzelner. Sancho ist dafür in der Theorie nahezu prädestiniert, das konnte er schon in Edin Terzics Interimsphase mit Nachdruck demonstrieren. Das Verhältnis der beiden war damals jedenfalls sehr gut.

Sancho ist ein klarer Unterschiedsspieler, der durch seine bloße Anwesenheit auf dem Platz furchteinflößend für jeden Gegner sein kann. Und auf einer Position einsetzbar ist, die zu den Problemstellen der ruckeligen ersten Saisonhälfte des BVB zählte. Eine schnelle Abhilfe auf der offensiven Außenbahn wäre durch seine Verpflichtung - und sei sie nur per Leihe für ein halbes Jahr garantiert - also zumindest denkbar.

Zumal ja auch Sancho selbst in einer Zwickmühle sitzt und dringend eine Veränderung benötigt. Bei Manchester United unter Trainer Erik ten Hag ist der 23-Jährige schon lange kein Teil der Mannschaft mehr. Nach einem Zerwürfnis mit ten Hag ist Sancho außen vor, die zuvor steile Karriere jäh ausgebremst.

Bei kolportierten drei Millionen Euro für das gesamte Paket - also Leihgebühr plus einem kleinen Teil für Sanchos Gehalt - wäre der Deal aus Dortmunder Sicht ein echtes Schnäppchen. Und: Nach den Verpflichtungen von Nuri Sahin und Sven Bender als Co-Trainer bekäme der zuletzt eher lethargische Klub und seine Anhängerschaft einen weiteren, dringend benötigten Schub.

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CONTRA

Der BVB und seine Rückholaktionen: Das ist ein schwieriges Thema. Und eines, dem immer auch etwas das Argument der Verzweiflung anhaftet. Immer wieder versuchte es der Klub in den letzten Jahren mit unterschiedlichen Spielern, im Prinzip konnte sich dabei aber nur Mats Hummels nachhaltig durchsetzen und erneut beim BVB etablieren.

Nun wäre Sanchos Engagement zumindest zunächst von begrenzter Dauer und eine Art Schnellhilfe mit weniger strategischen Hintergedanken. Und die Vorbehalte dagegen sind zwar nur leise zu vernehmen - aber sie sind da.

Noch viel größer als die Zweifel am nächsten "Feel good"-Transfer mit Stallgeruch sind aber die sportlichen Bedenken. Jadon Sancho hat seit über vier Monaten kein Pflichtspiel mehr bestritten. Zuletzt durfte er Ende August in der Premier League gegen Nottingham Forest ran, damals als Mittelstürmer. Danach kam es zum Bruch mit ten Hag.

Sancho käme also ohne jede Spielpraxis nach Dortmund, sein Leistungsvermögen ist aktuell nicht seriös einzuschätzen. Seine vergangenen Leistungen sind lediglich Erinnerungen und existieren so lange nur "auf dem Papier", bis der Spieler tatsächlich wieder auf dem Platz stehen kann. Es kann durchaus ein Wagnis sein, eine Kaderstelle nun mit einem nicht fitten, nicht sofort spieltauglichen Spieler zu besetzen.

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