Bayer Leverkusen will den Nimbus des ewigen "Titelverpassers" endlich ablegen. "Vizekusen", wie der Werksklub seit Jahren aufgrund von unzähligen zweiten Plätzen genannt wird, soll passé sein. Helfen sollen dabei verstärkt Spieler aus Österreich.

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Herthas Coach Paul Dardai hatte mit seiner Meistereinschätzung für viel Verwunderung und ein wenig Gelächter gesorgt, als er Bayer Leverkusen als seinen Meistertipp offenbarte.

Ist jenes Leverkusen, das von Fußballfans deutschlandweit aufgrund zweiten Tabellenplätzen und verlorenen Endspiele, besonders in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts, den Kosenamen "Vizekusen" verpasst bekam, 2016/2017 ein ernstzunehmender Meisterkandidat?

Rund 20 Millionen Euro hat Bayer Leverkusen für Aleksandar Dragovic, Innenverteidiger von Dynamo Kiew, in die Hand genommen und damit in der laufenden Transferphase bereits den dritten österreichischen Nationalspieler nach Torwart Ramazan Özcan und dem Mittelfeldspieler Julian Baumgartlinger in die Bayarena gelotst. Zusammen mit Neuling Kevin Volland, den trotz Begehrlichkeiten anderer Klubs gehaltenen Karim Bellarabi, Bernd Leno und Chicharito verfügen die Rheinländer in der beginnenden Saison über einen starken Kader, der für große Überraschungen sorgen kann.

Aus "Vize-" wird "Ösikusen"

Überragende Bayern und breit aufgestellte Dortmunder sind die logischen Erstanwärter auf die Meisterschale, doch allein ein Blick auf die neuen "Ösis" lassen Dardais Einschätzung eines "Bayer vor Bayern" gar nicht so abwegig erscheinen.

"Mit Aleksandar Dragovic kommt ein bereits sehr erfahrener Innenverteidiger zu uns. Er bringt viel Qualität ein, mit ihm sind wir auf dieser Position für die Zukunft gewappnet und breit aufgestellt.", sagt Sportdirektor Rudi Völler zur Verpflichtung des EM-Pechvogels (verschossener Elfmeter gegen Island). Dragovic hat mit seinen 25 Jahren 16 Champions- und 37 Euro-League-Einsätze hinter sich und ist 100 Mal für den 15-fachen ukrainischen Meister Dynamo Kiew aufgelaufen, mit dem er zweimal den Titel holte. Zuvor standen bereits 77 Spiele für den Schweizer Klub FC Basel (dreimal Meister) in der Vita des Verteidigers. Seine Stärken: Stellungsspiel und Spieleröffnung.

Ein Lenker für die Konstanz

Auch Mittelfeld-Stratege Julian Baumgartlinger soll für die nötige Konstanz, an der es im Vorjahr zur Mitte der Saison fehlte, im Aufbau-Spiel der Leverkusener sorgen. Der 28-Jährige hat mit knapp über 51 Prozent gewonnener Zweikämpfe eine ausbaufähige Quote, verfügt allerdings mit mehr als 82 Prozent Passgenauigkeit (Daten aus der Saison 2015/16) über ein gutes Auge für seine Nebenleute. Insgesamt versteht es der Mittelfeld-Motor durch seine besonnene Ruhe am Ball und schnellem Erfassen von Spielsituationen das Spiel der eigenen Mannschaft zu lenken; auch wenn er mit zwei Toren und einem Assist in der letzten Saison eher zur Gattung torungefährlicher Fußballer zählt. Seine Stärken: Aufbau und Ordnung.

Der zufriedene Zweite

Ramazan Özcan wird nicht an Stammkeeper Bernd Leno vorbeikommen. Dass dieser Wechsel eines der besten Torhüter der Liga (bei 29 Gegentoren in der Saison 15/16 mit zehn "zu-Null-Spielen" und einer Gegentorquote von 1.04 Treffern pro Spiel sogar besser als Leno mit 38 Gegentoren und einem Wert von 1.15) für beide Vorteile bringt, steht außer Zweifel.

Bayer kann sich auf eine verlässliche Nummer zwei berufen, sollte Stammgoalie Leno ausfallen. Özcan darf bei einem Verein wie Leverkusen und einer womöglich langen Saison in drei Bewerben auf einige Einsatzzeit hoffen. Seine Stärken: Reflexe auf der Linie und stark im Eins gegen eins.

Ob Paul Dardai Recht behalten wird? Abwarten. Die Buchmacher scheinen bei Leverkusener Meisterquoten von 20 bis 25 zu eins zwar Bayer weit hinter dem Rekordmeister (1.2) und dem BVB (6.5) zu sehen, man erinnere sich aber an Leicester City in England, die vor dem ersten Spieltag Mutigen und Fans eine Gewinnmöglichkeit von 5000:1 beschert hatten. Wie es ausging?: Einfach den Ex-ÖFB-Kapitän und ehemaligen Schalker/Mainzer Christian Fuchs fragen.

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