• Sebastian Vettel erneuert seine Kritik an der Formel 1, die Schritte der Königsklasse für mehr Nachhaltigkeit seien "weder ausreichend noch zeitgemäß".
  • Der Deutsche erklärt, welche Dinge er macht, um bei den Themen Umweltschutz und Klimawandel etwas zu verändern.
  • Er hat Verständnis dafür, dass Menschen ihm vorwerfen, sein Kampf gegen den Klimawandel sei scheinheilig. Er weist die Vorwürfe aber auch zurück.

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Sebastian Vettel ist sich bewusst, dass es seltsam aussieht und sich genauso komisch anhört. Wie kann sich jemand für den Umweltschutz, für mehr Nachhaltigkeit und für den Kampf gegen den Klimawandel einsetzen, wenn er in der Formel 1 fährt? Wenn er Millionen verdient durch eine Rennserie, die für alles steht, aber nicht für eine grünere Welt? Kann sich dann jemand wie Vettel zum Chefkritiker aufschwingen und auf Öko machen, oder ist das scheinheilig? "Zu einem gewissen Grad" ist es das wohl, sagt Vettel in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (kostenpflichtiger Inhalt): "Da muss man nicht drum herumreden."

Schließlich fährt er aus Freude schnelle Autos, die Benzin verbrennen, fossile Brennstoffe, von denen er nicht überzeugt ist. Wegen der Formel 1 und den 23 Rennen 2022 fliegt er weiterhin fleißig um die Welt, sammelt unzählige Meilen und hinterlässt einen riesigen CO2-Fußabdruck. Das Dilemma: "Gleichzeitig hängt mein Herz daran. Ich fände es deshalb falsch, die Formel 1 aufzugeben", so Vettel. Er versuche stattdessen, etwas zu bewirken, im Kleinen wie im Größeren etwas zu verändern, sagt er.

Vettel erneuert Kritik: "Weder ausreichend noch zeitgemäß"

Deshalb – scheinheilig hin oder her – erneuert Vettel seine Vorwürfe, untermauert so seine Position als Chefkritiker der Formel 1. Eine Rolle, die der 34-Jährige in den vergangenen Monaten immer mehr eingenommen hat. Vettel legt den Finger in die Wunde, sagt offen, was die Formel 1 nicht oder zu langsam macht. Dafür nutzt er auch die große Bühne, die ihm die Königsklasse bietet. Den Verantwortlichen gefällt das natürlich nicht, was Vettel aber nicht davon abhält, weiter regelmäßig den Mahner zu geben.

Ihm geht der Wandel weiterhin "nicht schnell genug. Wir sind noch in der gleichen Situation. Das Reglement ist fixiert bis wahrscheinlich 2025 inklusive, das Motorenreglement wird nicht geändert. Beim Benzin bleibt es vorerst bei fossilen Brennstoffen", erklärt Vettel. Es werde zunächst nur einen Anteil von zehn Prozent geben an Bio-Fuels oder Äthanol, "das ist weder ausreichend noch zeitgemäß".

Vettel will kein Vorbild sein

Stattdessen könne man mit dem vorhandenen Geld und den Ressourcen ganz andere Dinge anstellen, merkt der überzeugte Grünen-Wähler an. "Wer viel Geld investiert hat in ein Team zum Beispiel, dem mag ein schneller Wandel als Niederlage erscheinen", zeigt Vettel Verständnis für Widerstände. Aber: "Es wäre ein Sieg über das eigene Ego."

Er glaubt aber trotzdem, dass der Druck auf die Formel 1 steigt und nennt Deutschland als Beispiel. Aus finanziellen Gründen findet trotz des Rekord-Kalenders 2022 hierzulande wieder kein Rennen statt. Die Veranstalter scheuen das Risiko, rote Zahlen zu schreiben. Staatliche Subventionen in zweistelliger Millionenhöhe wie in anderen Ländern sind in Deutschland in der heutigen Zeit aber undenkbar. Seine Hoffnung: Dass sich auch in anderen Ländern das Bewusstsein für das Klimaproblem verändert.

Denn "wenn die Formel 1 Heilmittel anbieten könnte, Technik, die hilft, den Folgen des Klimawandels zu begegnen, dann gäbe es wieder Argumente", sagt Vettel, der betont, die Formel 1 habe das Zeug dazu. "Wäre sie weiter, würde man sich auch in Deutschland wieder einem Rennen mehr öffnen. Aber so steht leider eher die Frage im Vordergrund, ob das noch zeitgemäß ist."

Was er betont, um den Vorwurf der Scheinheiligkeit etwas zu entkräften: Ihm geht es um die Sache, nicht um sich. Er will kein Vorbild sein, will niemanden bekehren, will trotz einer großen Reichweite keine aufwändige Kampagne machen. Er hat sich intensiv mit dem Thema beschäftigt, hat viel gelernt, weiß aber, wie er selbst zugibt, längst nicht alles. Und würde daher als allwissender Vorkämpfer gar nicht taugen. "Wer bin ich, dass ich über richtig oder falsch urteile? Ich packe die Dinge aus Überzeugung an", sagt Vettel. Deshalb kann er sich auch vorstellen, eines Tages noch tiefer in die Materie einzutauchen.

Das macht Vettel als Formel-1-Fahrer

So lange bleibt es bei den kleinen Dingen. Wie zum Beispiel in der vergangenen Saison die Müll-Aktion, als er nach dem Rennen in Silverstone auf den Tribünen den von den Zuschauern hinterlassenen Unrat wegräumte. Auch seinen Einsatz für den Erhalt von Bienen machte er öffentlich, genauso wie einen Besuch bei einem Öko-Bauern. Er sei überwältigt gewesen von der Resonanz der Aktionen, erzählt er.

Welche Dinge ein Formel-1-Fahrer noch macht, verrät er auch. "Das reicht von der Dokumentation meines Reisekalenders, vom Einsatz des Fahrrades statt des Autos, des Zuges statt des Flugzeuges, wenn es irgend geht, bis hin zur Forderung an die Formel 1, schneller zu reagieren", erklärt Vettel. So schreibt er alles auf, was seinen CO2-Fußabdruck betrifft, jede Reise, jeden Flug, jede Fahrt mit dem Auto, jeden Kilometer. "Ich achte auf den Stromanbieter zu Hause, auf den Zusammenhang zwischen Energieverbrauch und Ernährung und so weiter. Seit ich das bewusst mache, seit ich mir die Zahl vor Augen halte, beeinflusst es meine Entscheidungen", so Vettel. Auch wenn das bei einem Formel-1-Fahrer manchmal seltsam aussehen oder sich komisch anhören mag.

Verwendete Quellen

  • faz.net: "Das ist weder zeitgemäß noch ausreichend"
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