• Oscar Piastri will seine Karriere in der Formel 1 vorantreiben, und das mit aller Macht.
  • Dafür bringt der Australier sogar einen kompletten Rennstall gegen sich auf.
  • Wie es für den 21-Jährigen weitergeht, ist noch nicht final geklärt.

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Schlagzeilen produzieren kann Oscar Piastri schon jetzt wie ein ganz Großer. 21 Jahre jung ist der Australier, er gilt als Supertalent, hat aber noch kein Formel-1-Rennen bestritten. Trotzdem schaffte er es, dass in der Sommerpause alle nur von ihm sprechen. Denn Piastri hat mit einem Post in den sozialen Medien sein Cockpit bei Alpine das Klo heruntergespült. Ein mutiger Move, sagen einige. Andere meinen, dass Piastri mit der Posse seinen guten Ruf verspielt, bevor er überhaupt einmal in der Startaufstellung stand.

Die Kurzfassung: Alpine hat Fernando Alonso am Montagvormittag nach dem Ungarn-Rennen an Aston Martin verloren und wurde davon auf dem falschen Fuß erwischt. Am Dienstagnachmittag dann verkündete Alpine, dass Ersatzmann Piastri übernimmt und das Stammcockpit für 2023 bekommt. So weit, so normal. Wenige Stunden danach schrieb Piastri aber erwähnten Post: "Wie ich mitbekommen habe, hat Alpine ohne mein Einverständnis eine Presseerklärung herausgegeben, dass ich nächstes Jahr für sie fahren werde. Das ist falsch, ich habe keinen Vertrag mit Alpine für 2023 unterschrieben. Ich werde nicht im kommenden Jahr für Alpine fahren." Peng.

Überraschend skrupellos

Überraschend rigoros, skrupellos und abgezockt für einen Nachwuchsfahrer, der seit 2020 von Alpine auf dem Weg in die Formel 1 Unterstützung erhielt, vor allem auch finanzielle. Doch Piastri scheint fertig mit den Franzosen, und fertig war auch der Sommer-Skandal. Silly Season deluxe. Ende offen. Denn wie es heißt, hat Piastri einen Vertrag bei McLaren unterschrieben, wo er angeblich Daniel Ricciardo ersetzen soll, dessen Vertrag McLaren nun auflösen will. Piastri brüskiert also nicht nur seine Ausbilder, sondern sorgt in einem Handstreich wohl auch für das Aus seines Landsmannes Ricciardo. Man muss dazu wissen: Sportlich agieren beide Rennställe in etwa auf Augenhöhe.

Zu den Hintergründen der ganzen Scharade gehören aber auch die Manager. Piastri wird vom früheren Formel-1-Piloten Mark Webber betreut. Dessen früherer Manager ist Flavio Briatore, der wiederum für Alonso die Verträge aushandelt. Abgerundet wird das Ganze von der Freundschaft zwischen Webber und Andreas Seidl, Teamchef bei McLaren.

"Das ist ein klassischer Flavio, da gibt es mit Sicherheit einen Vertrag von Piastri, den Flavio sicherlich mal überflogen hat. Ganz im Sinne des Managers Mark Webber. Da gab es sicher eine Klausel", sagte Ex-Formel-1-Pilot Christian Danner bei Motorsport-Magazin.com. Diese ominöse Klausel soll Alpine angeblich zu spät gezogen haben, wodurch Piastri frei wurde für andere Teams.

Szafnauer: "Hätte von Piastri mehr Loyalität erwartet"

Bei Alpine sieht man das wenig überraschend anders. "Wir haben einen Vertrag mit Piastri, den er im November unterschrieben hat. Wir haben mit unseren Anwälten gesprochen und sie haben uns gesagt, dass es sich um einen verbindlichen Vertrag handelt", erklärte Szafnauer. Alpine könne 2023 auf Piastri zurückgreifen und besitze auch eine Option für 2024 auf ihn. Wie es heißt, hat aber bereits das sogenannte "Contract Recognition Board", eine Art Vertrags-Anerkennungsstelle des Automobil-Weltverbandes FIA, die Gültigkeit des McLaren-Deals bestätigt.

Szafnauer macht aus seiner Enttäuschung keinen Hehl und kritisiert seinen ehemaligen Schützling. Denn klar: Für ihn und sein Team ist es der Worst Case, ein Super-GAU: Alonso ist weg, dazu auch Piastri, und das innerhalb von nur rund 24 Stunden. Und Szafnauer steht da wie ein blutiger Anfänger. "Ich hätte mehr Loyalität von Piastri erwartet – mehr Loyalität für das Team, das sich um ihn gekümmert hat, das ihn bis zur Weltmeisterschaft gebracht hat und das ihn vergangenes Jahr in ein Formel-1-Auto gesetzt hat, damit er fit wird und die Strecken kennenlernt", sagte Szafnauer "El Confidencial" in Spanien.

"Millionen und Abermillionen von Euro" investiert

Man habe "Millionen und Abermillionen von Euro" in Piastris Entwicklung gesteckt, so Szafnauer weiter. Denn dass der Junge ein Juwel ist, da sind sich nahezu alle Experten einig, immerhin hat er 2019, 2020 und 2021 in der Formel Renault Eurocup, der Formel 3 und der Formel 2 jeweils den Titel geholt.

2020 wurde er nach seinem Titelgewinn in der Formel 3 in die Akademie des Rennstalls aufgenommen. Er gewann anschließend auch auf Anhieb die Formel 2, durfte dort gemäß Reglement aber nicht mehr an den Start gehen. Einen Platz in der Formel 1 hatte Alpine für 2022 aber nicht, weshalb der Jungstar Ersatzfahrer und mit Testfahrten weiter auf die Königsklasse vorbereitet wurde. 2023 sollte er an ein anderes Team ausgeliehen werden, doch die Leihe war hinfällig, als sich Alonso überraschend verabschiedete, anstatt seinen Vertrag zu verlängern. Doch da spielte Piastri nicht mit. Ganz nüchtern betrachtet geht er hinsichtlich seiner Karriere "All-in", während man sich bei Alpine verzockt hat.

Ein abgeklärter Hund

Szafnauer ist fassungslos: "Ich bin seit 1989 in der Formel 1 und habe so etwas noch nie gesehen. Und es geht nicht um die Formel 1, es geht um die Anständigkeit eines Menschen". Doch Dankbarkeit beziehungsweise Loyalität sucht man in dem Geschäft oft vergebens, wobei diese Geschichte selbst für Formel-1-Verhältnisse eine spezielle Qualität hat. "Das ist schon ein abgeklärter Hund. Der weiß, was auf ihn zukommt. Er will gewinnen und sonst nichts, der Rest interessiert den nicht", sagte Danner: "Diese Webber-Briatore-Kombination ist für solche Leute wahrscheinlich auch die erfolgversprechendste." Damit dann irgendwann auch mal sportliche Schlagzeilen produziert werden.

Verwendete Quellen:

  • Motorsport-Magazin.com: Danner: Briatore-Alonso-Connection steckt hinter Piastri-Coup!
  • El Confidencial: Szafnauer versteht Alonso, stupst Piastri an und lobt De Meo: "Er war derjenige, der die Mannschaft gerettet hat"
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