Die Ukraine erleidet im Kampf gegen die Russen hohe Verluste. Kiew möchte deshalb mehr Waffen, wie etwa deutsche Taurus-Marschflugkörper, einsetzen. Auf Kritik am langsamen Tempo der Gegenoffensive reagierte der ukrainische Außenminister Kuleba mit harten Worten. Der Tag im Überblick.

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Angesichts erheblicher Verluste bei der Offensive gegen die russischen Invasoren hat die Ukraine Deutschland und die anderen EU-Staaten um weitere Waffen- und Munitionslieferungen gebeten. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba nannte am Donnerstag bei Gesprächen mit den Außenministern der europäischen Partner Artilleriemunition, gepanzerte Fahrzeuge und Panzer. Um Russland die Produktion von Raketen und Drohnen zu erschweren, forderte er einen verstärkten Kampf gegen die Umgehung von Sanktionen. Deutschland drängte der Minister erneut zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern. Präsident Wolodymyr Selenskyj bezifferte den Bedarf seines Landes an westlichen Kampfflugzeugen auf 160 Maschinen.

Unterdessen erzielte die ukrainische Armee nach eigenen Angaben Erfolge bei ihren Angriffen auf die stark gesicherten russischen Verteidigungslinien im südlichen Gebiet Saporischschja. Ziel ist es, zum noch etwa 80 Kilometer entfernten Asowschen Meer vorzustoßen und damit die Landverbindung zur ukrainischen Halbinsel Krim abzuschneiden, die Russland annektiert hat.

Kuleba: Es gibt kein einziges Argument gegen Taurus-Lieferungen

Kuleba rief Deutschland "konstruktiv, freundlich und ohne Druck" auf, endlich Taurus-Marschflugkörper zur Verfügung zu stellen. "Es gibt wirklich kein einziges objektives Argument gegen diese Entscheidung", sagte er. "Das ergibt Sinn, weil es unserer Gegenoffensive hilft und damit dazu beiträgt, den Krieg früher zu beenden", fügte Kuleba hinzu.

Frankreich und Großbritannien liefern bereits weitreichende Marschflugkörper. Als Grund für die bisher ausgebliebene deutsche Entscheidung gelten Befürchtungen, die Taurus-Geschosse könnten von der Ukraine auch auf Ziele in Russland abgefeuert werden und Russland zur Vergeltung bewegen. Es wird deswegen für möglich gehalten, dass sie vor einer Freigabe technisch so verändert werden sollen, dass sich Ziele in Russland mit ihnen nicht anfliegen lassen.

Ukraine schließt Vertrag mit siebtgrößtem Rüstungskonzern der Welt

Um ihre eigene Rüstungsproduktion weiter hochzufahren und nicht nur von ausländischen Waffenlieferungen abhängig zu sein, unterzeichnete die Ukraine mit dem größten britischen Rüstungsunternehmen BAE Systems einen Vertrag zur gemeinsamen Waffenproduktion. Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte bei einem Treffen mit der BAE-Führung in Kiew, es sei geplant, die gemeinsame Produktion leichter L119-Geschütze in der Ukraine aufzubauen. Dort ist auch schon der deutsche Waffenhersteller Rheinmetall tätig.

Selenskyj: Ukraine braucht insgesamt 160 Kampfflugzeuge

Die Ukraine brauche zusätzlich zu bereits zugesagten Kampfjets weitere 100 Maschinen aus dem Westen, sagte Selenskyj dem portugiesischen TV-Sender RTP. "Insgesamt brauchen wir für eine schlagkräftige Luftwaffe etwa 160 Kampfflugzeuge", sagte der Staatschef. Bisher habe Kiew Zusagen für "50 oder 60" F-16-Kampfjets erhalten.

Die ukrainische Armee setzte derweil ihre Offensive im Süden fort. Ukrainische Einheiten stießen nach Angaben des Generalstabs südlich des Dorfes Robotyne in Richtung der Nachbarsiedlung Nowoprokopiwka vor. Östlich davon haben ukrainische Truppen unbestätigten Berichten zufolge in Richtung der Ortschaft Werbowe Geländegewinne erzielt. Der Generalstab sprach von erfolglosen russischen Gegenangriffen. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Die vor gut zwölf Wochen im Süden begonnene Gegenoffensive konnte die Erwartungen bisher nicht erfüllen.

Kuleba empfiehlt Kritikern Fronteinsatz

Kuleba reagierte mit drastischen Worten auf solche Vorhaltungen. "Kritik am langsamen Tempo der Gegenoffensive zu üben, bedeutet, dem ukrainischen Soldaten ins Gesicht zu spucken, der jeden Tag sein Leben hingibt und Kilometer für Kilometer ukrainischen Boden befreit", sagte er. Er empfehle allen Kritikern, den Mund zu halten und selbst zu versuchen, in der Ukraine einen Quadratzentimeter zu befreien. Unter anderem die "New York Times" hatte berichtet, die ukrainischen Streitkräfte seien nach Einschätzung westlicher Militärstrategen zu weit verteilt aufgestellt und hätten deshalb Probleme, die russischen Linien zu durchbrechen.

Moskau: Weitere ukrainische Luftangriffe abgewehrt

Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums schoss die Flugabwehr in der Nacht über der Krim einen Marschflugkörper aus der Ukraine ab. Ebenso seien über dem Gebiet Brjansk an der Grenze zur Ukraine zwei Drohnen abgefangen worden. In der Nacht zuvor hatten die ukrainischen Streitkräfte ihre bislang massivsten Drohnenangriffe geflogen und sechs russische Gebiete bis nach Moskau sowie die Krim attackiert.

Russland und Türkei sprechen über Neuauflage von Getreideabkommen

Russlands Außenminister Sergej Lawrow verlangte für eine Neuauflage der Vereinbarungen für ukrainische Getreideexporte über das Schwarze Meer vom Westen Garantien, dass auch sein Land Getreide und Dünger ungehindert ausführen dürfe. Dann sei Russland bereit, zu dem Mitte Juli ausgesetzten Getreideabkommen zurückkehren, sagte er. Sein türkischer Kollege Hakan Fidan betonte, eine Wiederaufnahme der ukrainischen Exporte auf dem Seeweg sei wichtig für die Versorgung der Welt mit Lebensmitteln. Das vorige Abkommen hatte Moskau im Juli auslaufen lassen und auch zivilen Schiffen mit militärischen Maßnahmen gedroht. Wegen Russlands Blockade wird befürchtet, dass sich Hungerkrisen in ärmeren Ländern noch weiter zuspitzen könnten. (dpa/cgo)

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