Was ist das politische Endziel Wladimir Putins? Bei "Markus Lanz" warnte Russland-Experte Boris Schumatsky am Donnerstag vor dem brutalen Kalkül des Präsidenten. Und er schilderte die "Gewaltkultur" der russischen Gesellschaft.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Der andauernde Angriffskrieg in der Ukraine erfüllt in besonderem Maße die Menschen in der Republik Moldau mit Angst und Schrecken. Das ukrainische Nachbarland hört die Raketen und erlebt die Zerstörung aus nächster Nähe. Bei "Markus Lanz" warnte Russland-Experte Boris Schumatsky, eine Invasion in Moldau stehe bevor, sollte Putin den Krieg gegen die Ukraine gewinnen.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Seit dem Ausbruch des russischen Angriffskrieges fürchten sich auch die ukrainischen Nachbarländer vor einer möglichen russischen Invasion. Die Republik Moldau distanzierte sich deshalb in der jüngsten Vergangenheit immer mehr von Russland und verkündete sogar, sich aus der Interparlamentarischen Versammlung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) zurückzuziehen. Die westliche Neuorientierung Moldaus entgeht auch im Kreml niemandem.

Bei "Markus Lanz" diskutierten Experten wie SPD-Außenpolitiker Michael Roth und Autor Boris Schumatsky über die Gefahr eines weiteren russischen Angriffskrieges. Und sie blickten auf die "Gewaltkultur" der russischen Gesellschaft.

Das sind die Gäste

  • Michael Roth, SPD-Außenpolitiker: "Ich glaube, dass meine Partei ein Spiegelbild der deutschen Gesellschaft war."
  • Liudmila Corlăteanu, Journalistin: "Moldau wird seit Jahrzehnten immer wieder von Russland bedroht."
  • Hannes Meissner, Politologe: "Russland wird alles daran setzen, die Außengrenzen Europas weiter zu destabilisieren."
  • Boris Schumatsky, Russland-Experte: "Diese neue russische Identität hat etwas Wahnsinniges an sich."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine wirft immer mehr Fragen auf. Besonders mit Blick auf die Republik Moldau steigt die Sorge vor der russischen Aggression immer weiter. Politologe Hannes Meissner prognostizierte bei "Markus Lanz": "Russland wird alles daran setzen, die Außengrenzen Europas weiter zu destabilisieren." Warum gerade Moldau das nächste Ziel von Putin sein könnte, erklärte Russland-Experte Boris Schumatsky: "Dieses kleine Land ist ein gefundenes Fressen für diese russischen Kriegsgelüste." Er warnte deshalb: "Wenn Russland in der Ukraine nicht gestoppt wird, wird es weitergehen."

Markus Lanz hakte nach: "Die Moldauer sind sich der Gefahr bewusst, aber wir haben es bislang ignoriert. Warum?" SPD-Außenpolitiker Michael Roth gab offen zu: "Ich glaube, dass meine Partei ein Spiegelbild der deutschen Gesellschaft war. Wir haben uns stark auf Russland konzentriert, wollten Russland nicht provozieren. Wir wollten Russland nicht zu neuer Gewalt bringen und wir haben damit die Souveränität dieser jungen Länder eigentlich in Zweifel gezogen." Er versprach jedoch: "Das ist jetzt vorbei. Wir schauen jetzt aufmerksamer hin." Der Politiker ergänzte, dass das, "was wir jetzt erleben", die "Wiedervereinigung Europas" darstelle.

Zwar wollte Boris Schumatsky den Optimismus von Roth teilen, doch er wies auch auf das brutale Machtkalkül Putins hin: "In Russland gilt nur die Sprache der Gewalt und Putin spricht sie fließend." Eine Aussage, die SPD-Politiker Roth nachdenklich stimmte. Er sagte mit ernster Miene: "Für Putin ist die größte Tragödie der Zerfall der Sowjetunion gewesen. Er ist obsessiv darin, diese dramatische Niederlage zu heilen. Er wird erst dann aufgeben, wenn er spürt und weiß, er kann das nicht gewinnen." Roth weiter: "Deswegen muss die Ukraine gewinnen, sonst dürfte Moldau das nächste Kriegsziel sein." Putins Hunger werde laut dem Außenpolitiker "nicht dadurch gestillt" werden, "dass wir ihm Zugeständnisse machen. Das hat die Vergangenheit gezeigt."

Im Gespräch mit Markus Lanz machte Boris Schumatsky zudem deutlich, wie groß das Gewaltpotenzial der Russen wirklich sei. Der Experte erzählte dem sichtlich fassungslosen ZDF-Moderator unter anderem von Massenvergewaltigungen in russischen Gefängnissen und sagte: "Entweder vergewaltigst du oder du wirst vergewaltigt. Das ist eine Art Unterwerfung des Feindes." Der in Moskau aufgewachsene Publizist ergänzte: "Die Gewaltkultur ist omnipräsent im Land." Schon als Kind habe er gelernt, dass man entweder Opfer oder Täter sein müsse: "Keine schöne Wahl." Lanz reagierte kopfschüttelnd: "Böse ist gut in Russland."

Auch Michael Roth stellte ergriffen fest: "Wir haben davor immer wieder die Augen verschlossen, weil wir dachten: 'So schlimm wird es schon nicht sein.'" Der Politiker plädierte deshalb bei "Markus Lanz" für mehr Waffenlieferungen an die Ukraine und fügte abschließend hinzu, dass hinter einem Sieg der Ukraine eine viel größere Bedeutung stecke, denn: "Frieden ist mehr als das Schweigen von Waffen."

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz hielt sich am Donnerstagabend mit kritischen Nachfragen und steilen Thesen weitestgehend zurück und ließ seinen Gästen somit mehr Rede-Freiraum. Eine etwas unangenehme Situation musste der ZDF-Moderator jedoch erleben, als er von der gebürtigen Moldauerin Liudmila Corlăteanu plötzlich inhaltlich korrigiert wurde. Lanz, der innerhalb der Sendung mehrmals von Moldawien sprach, wurde von der Journalistin gebeten, stattdessen auf den gängigeren Begriff "Republik Moldau" zurückzugreifen.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Der anhaltende russische Angriffskrieg in der Ukraine lenkt sorgenvolle Blicke nach Osteuropa. Viele Experten fürchten, dass Putin mit seinen Attacken auf die Ukraine noch lange nicht am Ende seines Plans angelangt sei. Bei "Markus Lanz" blickten Gäste wie SPD-Politiker Michael Roth, Russland-Experte Boris Schumatsky und der Politologe Hannes Meissner deshalb auf die Republik Moldau, die seit Beginn des Angriffskrieges mit dem Schlimmsten fürs eigene Land rechnet. Am Donnerstagabend warnte der in Moskau aufgewachsene Autor Schumatsky mehrmals mit den eindringlichen Worten: "Dass Russland weitergehen wird, da bin ich mir ganz sicher."

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