Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und Bundeskanzler Olaf Scholz werben bei einer Klimakonferenz in Berlin für den weltweiten Ausbau der erneuerbaren Energien. Scholz schlägt eine Verdreifachung bis 2030 vor. Allerdings setzen andere Staaten der Erde auch auf weitere Energiequellen.

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Der Klimawandel ist bekanntlich eine weltweite Angelegenheit. Deutschland sieht sich beim Klimaschutz zwar gerne als Vorreiter, ist auf die Unterstützung des Restes der Welt aber dringend angewiesen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock erwartet daher Großes von der nächsten Weltklimakonferenz: Die COP 28 wird im Dezember in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten stattfinden. "Es geht nicht mehr um Visionen. Es geht darum, endlich zu liefern", sagt die Grünen-Politikerin am Mittwoch in Berlin im Auswärtigen Amt.

Vertreterinnen und Vertreter aus 40 Staaten haben dort in den vergangenen zwei Tagen getagt. Der "Petersberger Klimadialog" ist eine Vor-Konferenz zum nächsten Weltklimagipfel. Hier sollen dem Auswärtigen Amt zufolge die Weichen für einen möglichst erfolgreichen Gipfel gestellt werden.

Petersberger Klimadialog soll Weichen für COP 28 stellen

Was aber wäre eine erfolgreiche COP 28? Die Bilanz der vorigen 27. Weltklimakonferenz in Ägypten galt unter Klima-Expertinnen und -Experten als durchwachsen. Wichtigstes Ergebnis war der Beschluss, einen "Loss-and-Damage-Fund" (Verluste-und-Schäden-Fonds) einzurichten. Das Geld daraus soll ärmeren Staaten zugutekommen, die nur wenig zur Erderwärmung beitragen, aber besonders unter ihren Folgen leiden: zum Beispiel Insel- und Küstenstaaten oder dürregeplagte Regionen.

Die Denkfabrik "Chatham House" bezeichnete die Schaffung dieses Fonds als "diplomatischen Triumph" der Entwicklungsländer. Allerdings sind viele Details bis heute offen: Wie viel Geld soll der Fonds umfassen? Wer soll dort einbezahlen? Und wie soll das Geld verteilt werden?

Es wird in Dubai also einerseits um das liebe Geld gehen. "Die COP 28 wird nur erfolgreich sein, wenn wir solidarisch handeln", sagt Baerbock am Mittwoch. Am Vortag hatte sie bereits angekündigt, dass Deutschland seine Zahlungen in diesem Bereich in diesem Jahr von 4,3 auf sechs Milliarden Euro aufstocken wird.

Allerdings haben die reicheren Staaten insgesamt ihre Versprechen bisher nur teilweise eingehalten. 2009 hatten die Industriestaaten angekündigt, jedes Jahr 100 Milliarden US-Dollar für Klimaschutz-Maßnahmen in den ärmeren Staaten der Erde bereitzustellen – sowohl aus öffentlichen wie aus privaten Quellen. Diese jährliche Summe kam dann aber nie zustande.

Baerbock zeigt sich inzwischen optimistisch, dass die Summe in diesem Jahr zusammenkommt. Bundeskanzler Olaf Scholz verkündet später: Deutschland werde zwei Milliarden Euro für den Grünen Klimafonds zugunsten ärmerer Länder bereitstellen. Es gibt damit nach Regierungsangaben als erster größerer Geber seinen Beitrag für die Finanzierungskonferenz bekannt, die Anfang Oktober in Bonn stattfindet.

Erderwärmung kann Millionen Menschen in die Flucht treiben

Die Außenministerin hat die Klimakrise als "die größte Sicherheitsherausforderung unserer Zeit" bezeichnet. Denn wenn die Lebensgrundlagen von Menschen zerstört werden, kann das zu Konflikten und Fluchtbewegungen führen. Afrika zum Beispiel hat von allen Kontinenten bisher die wenigsten Treibhausgase verursacht, leidet aber besonders unter den Folgen des Klimawandels. 2030 könnten den Vereinten Nationen zufolge dort 118 Millionen Menschen von Dürre, extremer Hitze und Überflutungen bedroht sein.

Die Hauptzutat für den Kampf gegen die Erderwärmung ist aus Sicht der Bundesregierung der Ausbau der erneuerbaren Energien. Baerbock spricht sich am Mittwoch dafür aus, auf der COP 28 in Dubai ein konkretes Ausbauziel festzuschreiben. Der Bundeskanzler stellt sich bei seiner Rede hinter diese Forderung seiner Ministerin: In Dubai solle es ein konkretes Ausbauziel für die erneuerbaren Energien weltweit geben: Zum Beispiel, so Scholz, eine Verdreifachung bis 2030.

Sultan Ahmed al-Dschaber: Umstrittener Mit-Gastgeber und nächster COP-Präsident

Damit wäre der Bogen zu Sultan Ahmed al-Dschaber geschlagen: Er wird die nächste COP in seinem Heimatland leiten und ist deshalb Mit-Gastgeber des Petersberger Klimadialogs. Das sorgte im Vorfeld für Kritik, unter anderem bei Klimaschutz-Aktivistin Luisa Neubauer und bei der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Denn al-Dschaber ist nicht nur Industrieminister der Vereinigten Arabischen Emirate, sondern auch Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc. "Das ist so, als ob das Umweltbundesamt vom Chef von VW geleitet würde", hatte Greenpeace-Vorstand Martin Kaiser am Dienstag gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) gesagt.

Al-Dschaber bedankt sich am Mittwoch bei seiner "guten Freundin" Annalena Baerbock und betont bei der gemeinsamen Pressekonferenz: "Wir übernehmen das Amt mit großer Demut, mit einem Gefühl für die Verantwortung, die wir tragen, und wir sind uns der Dringlichkeit sehr bewusst." Die Vereinigten Arabischen Emirate wollen auch in Sachen Energie mit gutem Beispiel vorangehen. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, die Stromproduktion aus Erneuerbaren bis 2030 zu verdreifachen und bis 2040 zu verdoppeln.

Al-Dschaber: Es gibt unterschiedliche Wege zum Ziel

Trotzdem dürften die "guten Freunde" Baerbock und al-Dschaber nicht in allem einer Meinung sein. Denn der Sultan betont, es gehe ihm um einen "ganzheitlichen, umfassenden" Ansatz. "Alle Energiequellen sind darin enthalten", sagt er. "Wir müssen den Einsatz der erneuerbaren Energien verdreifachen, die Wasserstoffproduktion verdoppeln, Atomenergie ausweiten."

Letzteres sieht die Bundesregierung bekanntlich anders, denn die letzten drei deutschen Atommeiler sind gerade vom Netz gegangen. Für den Sultan ist klar: Es gehe um die Reduzierung der klimaschädlichen Emissionen. Aber zu diesem Ziel gebe es unterschiedliche Wege und Fahrpläne.

Olaf Scholz sieht Grund für Optimismus

Bundeskanzler Olaf Scholz wirbt bei seinem Auftritt beim Petersberger Klimadialog noch einmal eindringlich für Strom aus Wind und Sonne. Deutschland habe sich vorgenommen, pro Tag Flächen in der Größe von 43 Fußballfeldern für Solaranlagen bereitzustellen und drei bis vier Windräder zu bauen. "Jeden Tag", betont Scholz noch einmal. Das sei sehr ehrgeizig, gesteht er ein. Allerdings sieht er Grund für Optimismus: Deutschland habe sich innerhalb eines Jahres unabhängig von russischen Energielieferungen gemacht. Das zeige, was in den kommenden zehn Jahren alles möglich sei.

"Ich bin heute zuversichtlicher denn je, dass die Bewegung hin zu den erneuerbaren Energien anhält", sagt Scholz. Dass Deutschland bei dem Thema keineswegs der einzige Vorreiter ist, wird er schon in dieser Woche erfahren: Der Bundeskanzler reist nach Afrika, unter anderem nach Kenia. Das Land deckt bereits jetzt 90 Prozent seines Bedarfs aus erneuerbaren Energien.

Verwendete Quellen:

  • Auswärtiges Amt: 14. Petersberger Klimadialog: Wichtige Wegmarke für Klima­verhandlungen bis zur COP28
  • chathamhouse.org: The historic loss and damage fund
  • un.org: Africa Climate Week 2022
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