Seit dem Beginn des aktuellen Krieges zwischen Israel und der Hamas haben die Huthis Schiffe im Roten Meer beschossen und gekapert. Nun schlägt eine Militärallianz zurück. Allerdings ist fraglich, ob das langfristig Erfolg hat.

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Als er die Bilder zum ersten Mal sah, dachte er an einen Kinofilm, erzählt der ehemalige Marinesoldat Dimitris Maniatis in einem Interview mit der "Zeit". Aufnahmen zeigen, wie ein Hubschrauber der Huthi-Miliz auf dem Deck eines Frachters landet. Das Schiff namens "Galaxy Leader" wird von den Piraten gekapert und die Crew gekidnappt. Das war im November vergangenen Jahres.

Seit die israelische Armee nach dem Terrorangriff der Hamas Angriffe im Gazastreifen durchführt, beschießen die jemenitischen Rebellen immer wieder Schiffe, die das Rote Meer passieren. Darunter war auch ein Frachter der deutschen Reederei Hapag-Lloyd, der durch den Beschuss beschädigt wurde. Hapag-Lloyd wie auch viele weitere Reedereien meiden seither die Route durch den Suez-Kanal und nehmen hohe Kosten durch Umwege in Kauf.

Ex-Admiral: "Staatlich ausgerüstet von Iran"

Es ist nicht das erste Mal, dass Schiffe in dieser Region Opfer von Überfällen werden. Bis vor etwa zehn Jahren waren Piraten vor der Küste von Somalia aktiv, die immer wieder Schiffe beschlagnahmten und Crews kidnappten, die sie anschließend für hohe Lösegeld-Summen freiließen. Allerdings handelte es sich damals um schlecht ausgebildete und ausgerüstete Freibeuter – nicht wie im Fall der Huthis um eine durch den Iran gut ausgestattete Armee.

In einem Interview mit dem Sender CNBC erklärte der pensionierte US-Admiral James Stavridis, dass die somalischen Piraten verglichen mit den Huthis Amateure waren: "Die kamen in Flip-Flops, mit rostigen AK-47-Schnellfeuergewehren und ein paar Schnellbooten." Dagegen seien die Huthis "staatlich ausgerüstet von Iran, haben Zugang zu dessen gesamtem Militärarsenal, haben zehn Jahre lang Krieg gegen Saudi-Arabien geführt" und diesen auch gewonnen.

Darum benötige man jetzt eine völlig andere militärische Antwort als auf die Gefahr durch Piraterie vor Somalia, betonte Stavridis. Die Huthi-Miliz sei ein oft unterschätzter, militärisch beängstigender Gegner, gegen den ein paar Zerstörer und Kampfjets kaum ausreichten.

In der Nacht zum vergangenen Freitag bombardierte eine Militärallianz angeführt durch Großbritannien und die USA Stellungen der Huthis im Jemen. "Mit diesen Präzisionsangriffen sollten die Möglichkeiten der Huthis, den Welthandel und das Leben internationaler Seeleute auf einer der wichtigsten Wasserstraßen der Welt zu bedrohen, gestört und geschwächt werden", heißt es in einer Erklärung der Militärallianz. Auch Deutschland will sich laut Berichten der "Welt" mit der Fregatte "Hessen" an dem Einsatz beteiligen.

Nun stellt sich die Frage, ob die Militärschläge ausreichen, um die Seewege durch das Rote Meer für die internationale Schifffahrt sicher zu machen oder ob es mehr bedarf, um der Lage Herr zu werden.

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Welche militärischen Möglichkeiten haben die Huthis?

Dawud Ansari ist Nahost-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Unserer Redaktion sagte er: "Es bestehen Drohnen und Raketen, die mindestens 800 Kilometer reichen." Diese würden bisher auch gegen die Schiffe eingesetzt. Die Möglichkeiten, andere Staaten anzugreifen, seien aber begrenzt. "Das Arsenal ist eher dafür ausgerichtet, innerhalb des Jemen zu operieren."

Gleichzeitig sei es schwer, die militärische Infrastruktur der Rebellen-Gruppe anzugreifen: "Die Huthis sind seit 20 Jahren im bewaffneten Guerillakampf trainiert. Sie haben daher gelernt, ihr Arsenal gut zu verteilen."

Ist die militärische Allianz um Großbritannien und die USA in der Lage, die Huthis zu besiegen?

"Die Angriffe Großbritanniens und der USA waren extrem erfolglos", analysiert Ansari. Es seien symbolische Ziele getroffen worden, wie der Flughafen Ta'aizz, der seit langer Zeit nicht mehr in Betrieb ist. Wirkliche militärische Erfolge seien nicht verzeichnet worden.

"Es war eine extrem kurzsichtige Aktion der Koalition. Das Kalkül, Abschreckung zu erzeugen, hat im Kalten Krieg funktioniert, aber das ist nun nicht mehr der Fall." Seitdem die Schläge erfolgten, sei das gesamte Land stattdessen in Kriegseuphorie ausgebrochen. "Die Angriffe haben das Gegenteilige bewirkt", so der Jemen-Experte.

Auch andere Maßnahmen hält Ansari für wenig zielführend: "Militärisch kann nicht viel ausgerichtet werden." Man könne mit Marinepräsenz versuchen, die Schiffe zu beschützen, das habe sich bewährt. Das sei allerdings kostspielig und nicht in der Lage, die Kostensteigerung für Reedereien und Versicherungen komplett abzufedern. Mit umfangreichen Luftschlägen sei man zwar durchaus in der Lage, die Rebellen in Schach zu halten, würde aber auch ihre Macht festigen. "Von einer Dezimierung der Huthis oder einem Machtwechsel kann keineswegs die Rede sein", so Ansari.

Der Einsatz von Bodentruppen ist aktuell von der Allianz um die USA und Großbritannien nicht in der Planung und wäre laut dem Jemen-Experten auch nicht sinnvoll: "Da wäre ein Szenario wie in Afghanistan zu erwarten." Dort hatte eine Koalition aus den USA, Großbritannien, Deutschland und anderen Nato-Staaten 2001 die Taliban militärisch gestürzt. Sie kamen aber nach dem Abzug eines Großteils der Truppen 2021, 20 Jahre nach der Intervention, wieder an die Macht und setzten die bisherige afghanische Regierung mit Waffengewalt ab.

Was würde langfristig gegen die Bedrohung durch die Huthis helfen?

Dem Welthandel würde es zugutekommen, würde Israel seine Angriffe in Gaza stoppen, sagt Ansari. Die Huthis würden hier ihrem Verständnis nach Sanktionen gegen Israel durchsetzen, in dem sie den Seeweg für israelische Schiffe blockierten. Daher wäre es Ansari zufolge sinnvoll, wenn Großbritannien und die USA auf Israel einwirkten, die Lage vor Ort zu deeskalieren und das militärische Vorgehen im Gazastreifen anzupassen.

Was die Lage im Jemen anbelangt: Langfristig sei militärisch kein Ende der Huthis zu erzwingen, so Ansari. Wenn überhaupt, sei dies politisch möglich. Die Herrschaft der Huthis sei in den vergangenen Jahren instabil geworden. Es sei innerhalb der Organisation zu Konflikten gekommen. Aber auch hier ist der Jemen-Experte pessimistisch: "Mittel- bis langfristig wird man die Huthis in politische Prozesse einbinden und sie zu Partnern machen müssen."

Über den Gesprächspartner

  • Dawud Ansari ist Jemen-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin.

Verwendete Quellen

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