• Mit erfolgreichen Verfassungsbeschwerden haben die öffentlich-rechtlichen Sender für eine Erhöhung der Rundfunkgebühren gesorgt.
  • Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gab ihren Beschwerden statt und verfügte eine Steigerung um 86 Cent auf 18,36 Euro pro Monat ab dem 20. Juli.
  • Was bedeutet das für die Bürgerinnen und Bürger?

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Der Rundfunkbeitrag steigt um 86 Cent auf 18,36 Euro. Eigentlich hätte der höhere Betrag schon seit Januar von den Konten der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler abgehen sollen - doch Sachsen-Anhalt blockierte im Dezember die Erhöhung für ganz Deutschland. Es blieb bei monatlich 17,50 Euro.

Das Bundesland hätte so nicht handeln dürfen, entschied nun das Bundesverfassungsgericht. Die Richter hoben zugleich den Beitrag auf 18,36 Euro an.

Was müssen jetzt Beitragszahlerinnen und Beitragszahler tun?

Erst einmal gar nichts, versichert der zuständige Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Auf seiner Webseite rundfunkbeitrag.de erläuterte der Service: "Beitragszahler zahlen den Rundfunkbeitrag zunächst weiter wie gewohnt. Der Beitragsservice wird mit Umsetzung der Änderungen auf Sie zukommen." Wann die Erhöhung, die rückwirkend ab 20. Juli gilt, sich auf den Konten niederschlägt, ist noch nicht klar. Zum jetzigen Zeitpunkt könne noch nicht gesagt werden, wann die neue Höhe eingezogen wird.

Die Mehrheit der Beitragszahler regelt das Bezahlen des Rundfunkbeitrags über ein Lastschriftverfahren. Der Service betonte, dass dabei dann automatisch etwaige Änderungen angepasst werden. 2020 nahm der Beitragsservice 8,11 Milliarden Euro an Rundfunkbeiträgen ein, die die Haupteinnahmequelle für ARD, ZDF und Deutschlandradio sind. Die Zahl der angemeldeten Haushalte lag bei fast 40 Millionen.

Müssen sich Beitragszahler perspektivisch auf noch höhere Beiträge einstellen?

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts gilt ab 20. Juli bis zum Inkrafttreten einer staatsvertraglichen Neuregelung. Die Bundesländer, die für Medienpolitik in Deutschland zuständig sind, legen in Staatsverträgen fest, wie hoch der Rundfunkbeitrag ist. Zunächst einigen sich die Ministerpräsidenten, und dann muss der Staatsvertrag alle Länderparlamente passieren. Die Länder sind derzeit mit einer Reform der Struktur und des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschäftigt. Darauf liegt momentan der Fokus. Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Systems ist erst im Anschluss angedacht. Eine sehr schnelle Neuregelung eines Staatsvertrags ist auch unter diesem Gesichtspunkt eher nicht zu erwarten. Zudem ist dann auch unklar, wie hoch der Finanzbedarf der Sender überhaupt sein wird, an dem sich dann die Höhe des Rundfunkbeitrags orientiert.

Wieso stieg der Rundfunkbeitrag nicht wie geplant zum 1. Januar und warum entschied das Bundesverfassungsgericht in der Sache?

ARD, ZDF und Deutschlandradio klagten im Dezember in Karlsruhe gegen die Blockade Sachsen-Anhalts, weil sie sich in der im Grundgesetz festgeschriebenen Rundfunkfreiheit behindert sahen. Eigentlich wollten die Bundesländer in einem Staatsvertrag die Erhöhung des monatlichen Beitrags auf 18,36 Euro ab Jahresstart 2021 beschließen. Es hatten alle 16 Ministerpräsidenten zugestimmt und letztlich auch insgesamt 15 Landtage.

Wie scheiterte das dann?

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) zog das Papier vor der Abstimmung im Magdeburger Landtag im Dezember zurück. Zuvor drohte seine schwarz-rot-grüne Koalition an einem Streit - auch im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Positionen zur Rundfunkbeitragserhöhung - zu zerbrechen. SPD und Grüne waren für das Plus, die CDU im Landtag stemmte sich aber mit aller Kraft dagegen - sie hätte mit der stärksten Oppositionspartei AfD eine Mehrheit bilden können. Haseloff kam dem jedoch zuvor. Die Koalition hielt, aber in der CDU gab es heftige Nachwirkungen bis hin zur Entlassung des Innenministers. Damit der Staatsvertrag zum Rundfunkbeitragsplus in Kraft tritt, hätte es eine einstimmige Entscheidung aller Länder gebraucht. Weicht nur ein Bundesland ab, ist das Ganze hinfällig.

Warum sollte der Rundfunkbeitrag überhaupt steigen?

In einem komplexen Verfahren wird in regelmäßigen Abständen errechnet, welche Kosten auf die öffentlich-rechtlichen Sender in den Folgejahren zukommen, damit sie den von den Ländern per Staatsvertrag festgelegten Auftrag und die Struktur ihrer Häuser finanzieren können. Die Länder bestimmen zum Beispiel, wie viele Programme es geben soll. Um konkrete Programminhalte geht es bei den Staatsverträgen nicht - das liegt in der Hand der Sender. Es gilt das Gebot der Pressefreiheit. Eine unabhängige Finanzkommission - kurz KEF - prüft die von den Sendern eingereichten Finanzprognosen. Die Prüfer streichen häufig vieles zusammen und kommen zu einer Empfehlung an die Politik - wie in diesem Falle 18,36 Euro. Das Plus von 86 Cent soll eine Finanzlücke von 1,5 Milliarden Euro, die sich in den nächsten Jahren auftun würde, decken.

Wie hat das Bundesverfassungsgericht entschieden?

Die Verfassungsbeschwerden waren erfolgreich. Die Karlsruher Richter werteten die Blockade aus Sachsen-Anhalt als eine Verletzung der Rundfunkfreiheit. Das heißt, dass die öffentlich-rechtlichen Sender, die von den Ländern beauftragt werden, auch bedarfsgerecht dafür bezahlt werden müssen. Das Karlsruher Gericht rügte Sachsen-Anhalt. (hub/dpa)  © dpa

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