• Sturmtief "Hendrik" fegt über Deutschland hinweg.
  • Der erste kräftige Herbststurm des Jahres bringt Böen mit bis zu 120 Kilometern pro Stunde mit sich.
  • Die Bahn hat inzwischen den Zugverkehr in mehreren Bundesländern komplett eingestellt.

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Das Sturmtief "Hendrik" hat am frühen Donnerstagmorgen seinen Zug über Deutschland begonnen. Der erste kräftige Herbststurm des Jahres brachte vielerorts heftige Böen mit sich, teils auch Gewitter und Regen.

Besonders zerstörerisch zeigte sich "Hendrik" in Schwentinental bei Kiel. Dort richtete ein Wirbelsturm schwere Schäden an. Feuerwehr-Einsatzleiter Kai Lässig berichtete, er habe den Rüssel des Wirbelsturms selbst gesehen. Der Sturm habe im Ort eine "Schneise der Verwüstung" auf etwa 100 Metern Breite hinterlassen.

Ob der Deutsche Wetterdienst (DWD) den Sturm als Tornado einstuft, werde geprüft, wenn Meldungen dazu eingegangen seien, sagte ein Sprecher.

Mehrere Häuser seien schwer beschädigt worden, berichtete Lässig weiter. Bäume seien umgestürzt und hätten Autos unter sich begraben. Verletzte gab es nach seinen Angaben nicht. Der Sturm sei gegen 7:30 Uhr aus Richtung Kiel durch den Ort gezogen. Er habe unter anderem Gartenhäuser, Wintergärten und Gewächshäuser zerstört.

Auch an anderen Orten in Schleswig-Holstein stürzte der Sturm Bäume um. Nach Angaben des DWD gehörte Schleswig-Holstein am Morgen allerdings zu den Bundesländern mit den geringsten Windgeschwindigkeiten in Deutschland. Die stärkste Böe wurde in Travemünde mit 89 Kilometern pro Stunde gemessen.

Sturmtief Hendrik: Zugverkehr in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt eingestellt

Die Deutsche Bahn hatte bereits im Vorfeld vor möglichen Zugausfällen oder Verspätungen wegen des Sturms gewarnt. "In Nordrhein-Westfalen ist der Fernverkehr komplett eingestellt", teilte die Deutsche Bahn dann am Vormittag mit.

In Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt wurde der Regionalverkehr nach Bahn-Angaben bis auf Weiteres eingestellt. Wie es hieß, komme es wegen des Unwetters bundesweit zu Verspätungen und Zugausfällen.

"Hunderte Mitarbeitende sind im Einsatz, um Bäume und andere Hindernisse aus den Gleisen zu räumen, Oberleitungen zu reparieren und Schäden aufzunehmen", teilte eine Sprecherin mit. Fahrgäste, die aufgrund des Unwetters ihre Reise verschieben wollen, könnten ihr gebuchtes Ticket ab sofort bis einschließlich sieben Tage nach dem Ende der Störungen einlösen.

Seit dem MIttag rollen auf einigen Strecken in NRW wieder erste Fernzüge. Wie die Bahn erklärte, werde der Zugverkehr auf ersten Strecken nach und nach wieder aufgenommen. Es komme jedoch weiter zu Ausfällen und Verspätungen Wie lange die Behinderungen andauerten, sei noch nicht abzusehen.

Bundesbehörde warnt vor Sturmflut

Im Laufe des Donnerstags rechnete der DWD in einem Streifen über die Mitte bis in den Osten und Nordosten Deutschlands mit schweren Sturmböen und teilweise orkanartigen Böen von bis zu 105 Kilometern pro Stunde. Im Bergland könne es sogar Orkanböen mit bis zu 120 Stundenkilometern geben.

In der Nordhälfte Deutschlands warnte der Wetterdienst vor ostwärts ziehenden Gewittern, bei denen orkanartige Böen mit bis zu 105 Kilometern pro Stunde wehen könnten. "Kurzlebige Tornados" seien dabei nicht ausgeschlossen, hieß es.

Zudem warnte das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie vor einer Sturmflut an der Nordsee sowie im Weser- und Elbegebiet. Das Nachmittag- beziehungsweise Abend-Hochwasser werde am Donnerstag an der Nordseeküste 1 bis 1,50 Meter und im Weser- und Elbegebiet etwa 1,50 Meter über dem Mittleren Hochwasser eintreten, hieß es.

Weitere Sturmfluten am Freitag seien nicht ausgeschlossen. Der Scheitelpunkt in Hamburg-St.-Pauli soll am Donnerstag um kurz nach 18:00 Uhr erreicht werden.

Sturmtief "Hendrik": Feuerwehren müssen wegen umgestürzter Bäume ran

Vielerorts rückten die Feuerwehren wegen umgestürzter Bäume, herabgefallener Äste und Teile von Dächern aus. Im Bonner Stadtbezirk Bad Godesberg kollidierte in der Nacht ein Güterzug mit einem herabgefallenen Ast auf dem Gleis.

Die Berliner Feuerwehr rief den Ausnahmezustand Wetter aus. Seit dem Morgen habe es bereits Dutzende wetterbedingte Einsätze gegeben. In Hamburg-Ohlsdorf stürzten zwei etwa 15 Meter hohe Bäume auf ein Auto und ein vierstöckiges Mehrfamilienhaus. Verletzt wurde dabei niemand.

Auch in Bayern verursachte der Sturm erste Schäden. Die Polizei meldete Dutzende Einsätze. Teilweise kam es auch zu Stromausfällen. In Düsseldorf rückte die Feuerwehr meist wegen loser Äste, umgekippter Bäume oder Absperrungen an Baustellen aus. In mehreren Orten in der Pfalz sowie in Koblenz fiel am Vormittag der Strom aus.

Unwetter in Deutschland: Dramatische Lage auf dem Brocken - Mann im Harz schwer verletzt

In Thüringen wurden zahlreiche Einrichtungen wie der Zoopark Erfurt und der Tierpark Suhl geschlossen. Auch städtische Friedhöfe in Erfurt wurden geschlossen, sodass geplante Bestattungen und Trauerfeiern ausfielen.

Im Harz kippten zahlreiche Bäume um und versperrten auch einige Straßen, wie der Nationalpark und die Polizei mitteilten. Unter anderem wurde ein 59 Jahre alter Autofahrer schwer verletzt, als ein Baum den Wagen des Mannes bei Elend (Sachsen-Anhalt) unter sich begrub, sagte ein Sprecher der Polizei. Der eingeklemmte Fahrer wurde anschließend von der Feuerwehr aus dem Auto befreit und mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht.

Die Landesforsten und der Nationalpark warnten unterdessen davor, Wälder zu betreten. "Jetzt in den Wald zu gehen, ist absolut unverantwortlich. Auch wenn der Sturm abgeflaut ist, dann können Bäume noch jederzeit umfallen", warnte Friedhart Knolle vom Nationalpark Harz am Donnerstagvormittag.

Auf dem Brocken sei die Lage bereits am Mittwoch dramatisch gewesen, sagte Knolle. Besonders Touristen seien unverantwortlich gewesen. Bilder vom Gipfel zeigten demnach Kinder, die dort herumwirbelten und sich nicht mehr hätten halten können, sowie Erwachsene mit Kinderwagen.

Hunderttausende Haushalte in Frankreich ohne Strom

Das Sturmtief hat auch Auswirkungen auf das Nachbarland Frankreich: In Nordfrankreich haben heftige Sturmböe am Donnerstagmorgen Störungen im Verkehr und bei der Stromversorgung verursacht. Etwa 250.000 Haushalte seien ohne Strom, schrieb Netzbetreiber Enedis auf Twitter. Allein in der Normandie waren demnach 80.000 Haushalte betroffen.

Im Norden und Nordwesten des Landes kam es teils zu massiven Zugausfällen. Auch in der Region um Paris herum war der Verkehr eingeschränkt. Die Sturmböen waren laut Météo France mit bis zu 175 Kilometern pro Stunde über das Land gezogen. (dpa/mgb/thp)

Dieser Artikel wird laufend aktualisiert.

Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels wurde berichtet, dass das Sturmtief "Ignatz" Donnerstag über Deutschland zog. Diese Information ist falsch. "Ignatz" war bis Mittwoch wetterbestimmend, wie der Deutsche Wetterdienst erklärte. Nachts habe sich dann ein Teiltief mit Namen "Hendrik II" hervorgetan - und sei letztlich für den Sturm am Donnerstag verantwortlich gewesen.

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