Tausende Katzen sind seit Anfang des Jahres auf Zypern verendet. Verantwortlich soll dafür eine neuartige Variante des felinen Coronavirus sein. Mittlerweile wurde das Virus erstmals auch in Großbritannien nachgewiesen. Was bisher bekannt ist.

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Auf Zypern zirkuliert ein neues Coronavirus. Für Menschen ist FCoV-23 nicht gefährlich, für Katzen dafür umso mehr. Erst im Januar 2023 wurde das Virus entdeckt – binnen drei Monaten breitete es sich über die gesamte Mittelmeerinsel aus, auf der Hunderttausende Katzen umher streunen.

Mindestens 8.000 Tiere sind allein im ersten Halbjahr an den Folgen der Infektion verendet. Nun wurde das Virus erstmals auch in Großbritannien nachgewiesen. Die Sorge vor einer weiteren Ausbreitung der Seuche ist groß.

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Was ist das Katzen-Coronavirus?

Dass Katzen an Coronaviren erkranken können, ist schon lange bekannt. "Es ist ein häufig vorkommendes Virus bei Katzen", erklärt Tierärztin Angelika Auer, die an der Veterinärmedizinischen Universität Wien zu Viren forscht. Normalerweise lösen Katzen-Coronaviren harmlose Darminfektionen aus. Häufig treten nicht einmal Symptome auf, wie Auer erklärt.

In fünf bis zehn Prozent der Fälle mutiere das Virus jedoch innerhalb der Katze und verursacht eine gefürchtete Bauchfellentzündung, die sogenannte Feline Infektiöse Peritonitis (FIP). Was die Mutation auslöst, ist nicht genau bekannt – sehr wohl aber die Folgen. Fieber, angeschwollene Bäuche und Lethargie gehören zu den Symptomen. Unbehandelt endet die Krankheit fast immer mit dem Tod.

Solche FIP-Fälle treten weltweit auf - doch die Häufung auf Zypern ist ungewöhnlich. Denn anders als das harmlose Katzen-Coronavirus wird die mutierte Variante nicht so leicht über Kot und Speichel von Katze zu Katze übertragen – zumindest war das bislang so. Könnte das neue Virus gefährlicher geworden sein?

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FCoV-23: Mix aus Katzen- und Hunde-Coronavirus

Dieser Frage sind Forscherinnen und Forscher der University of Edinburgh in einer Studie nachgegangen. Die Ergebnisse wurden bislang nur als sogenanntes Preprint veröffentlicht und noch nicht von unabhängigen Fachleuten begutachtet. "Darin gibt es Hinweise, dass wir es mit einer Kombination von zwei verschiedenen Viren zu tun haben", sagt Auer, die selbst nicht an der Studie beteiligt war.

Demnach stammt das Spike-Protein, das für die Strukturen zum Andocken an die Wirtszelle verantwortlich ist, wahrscheinlich von einem Hunde-Coronavirus ab. Das könnte der Grund sein, warum sich die FCoV-23 so rasant auf der Mittelmeerinsel ausgebreitet hat, mutmaßen die Autorinnen und Autoren der Studie. Hinweise, dass auch Menschen oder Hunde an dem neuen Virus erkranken könnten, gibt es bislang nicht.

Eine Kombination aus Katzen- und Hunde-Coronaviren wurden bereits in der Vergangenheit beobachtet - gefährlicher wurde das Virus dadurch bisher aber nicht. Auch die Häufung von FIP-Fällen auf Zypern ist noch kein Beweis dafür, dass FCoV-23 gefährlicher geworden ist. "Auf Zypern gibt es Hunderttausende streunende Katzen - bei derart vielen Streunern ergeben fünf bis zehn Prozent, die normalerweise eine FIP entwickeln, eine enorm große Zahl", sagt Auer.

Breitet sich das Katzen-Coronavirus aus?

Dennoch schlagen die Tierschutzorganisationen vor Ort seit Monaten Alarm und die genannten Zahlen sind wahrscheinlich nur ein kleiner Bruchteil der tatsächlichen Krankheitsfälle. Die Situation auf Zypern ernst – und die Sorge, dass sich die möglicherweise gefährlichere Variante weiter ausbreitet, nicht unberechtigt. Die weitere Entwicklung vorauszusagen, sei aber extrem schwierig, betont Auer.

Werden Tiere aus anderen Ländern wie etwa Zypern adoptiert, bestehe grundsätzlich immer das Risiko, dass Krankheiten eingeschleppt werden. Auch bei dem Fall in Großbritannien handelt es sich offenbar um eine Katze, die aus Zypern importiert wurde.

Nach Aussage der Präsidentin der britischen Tierärztevereinigung BVA, Anna Judson, wurden alle Maßnahmen ergriffen, um die weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern. Anders als auf Zypern gibt es in Großbritannien auch nicht so viele Straßenkatzen, was eine mögliche Ausbreitung bremsen dürfte.

Covid-19-Medikamente gegen Katzen-Corona

Auf Zypern versuchen die Behörden den Ausbruch nun mit antiviralen Medikamenten, die eigentlich für Menschen entwickelt wurden, in den Griff zu kriegen. Nach Angaben des "Spiegel" kommen Remdesivir oder Molnupiravir aus alten Beständen zum Einsatz. Auch das Medikament GS-441524, das die Vermehrung des Virus hemmt, wird offenbar eingesetzt.

Studien zeigen, dass die Medikamente an FIP erkrankte Katzen retten können. "Lange galt FIP als unheilbar, das hat sich geändert", sagt Auer. Doch in der EU sind diese Medikamente für Tiere nicht zugelassen. GS-441524 hat innerhalb der EU gar keine Zulassung für Menschen. Erkrankt hierzulande eine Katze an FIP, darf sie nach aktuellem Stand nicht mit den Medikamenten behandelt werden. Auf Zypern gilt eine Ausnahme.

Aus Sicht von Veterinärin Auer wäre es zu begrüßen, wenn diese Medikamente - nach einem ordnungsgemäßen Zulassungsverfahren - zur Behandlung bei Katzen freigegeben würden. Denn unter Katzenbesitzern ist mittlerweile ein regelrechter Schwarzmarkt für diese Medikamente entstanden. "Das ist problematisch, denn diese Medikamente sind dort mit mehreren Tausend Euro pro Therapie sehr teuer - und es gibt keine Qualitätskontrolle", betont Auer.

Wie kann ich meine Katze schützen?

Der beste Schutz der Katze besteht freilich darin, dass sich die Katze gar nicht erst infiziert. Eine Impfung, welche die Nasenschleimhaut der Katze lokal immunisiert, ist zwar verfügbar - die Wirksamkeit ist jedoch umstritten und wird – wenn überhaupt - nur für Freigänger-Katzen empfohlen, die nachweislich nicht mit felinen Coronaviren infiziert sind.

Anhand von Antikörpern im Blut kann das in Laboruntersuchungen überprüft werden. Doch oftmals werden Katzenwelpen bereits von ihren Müttern infiziert, die das Virus über den Kot ausscheiden. Überall da, wo viele Katzen zusammenkommen – etwa bei Katzenzuchten, Straßenkatzen oder in Tierheimen – ist das Ansteckungsrisiko hoch.

"Aus meiner Sicht wissen wir noch viel zu wenig, um in Panik zu geraten."

Angelika Auer, Tierärztin

Theoretisch besteht auch die Möglichkeit, das Virus zum Beispiel über frische Kotspuren an den Schuhen aus dem Urlaub auf Zypern einzuschleppen und die Katze daheim zu infizieren. "So was passiert - aber es passiert nicht besonders leicht", sagt Auer. Denn außerhalb eines Wirtes bleiben die Viren für rund sieben Tage ansteckend, bei kühlen Temperaturen möglicherweise auch etwas länger. Wie bei Sars-CoV-2 sind jedoch Alkohol-basierte Desinfektionsmittel wirksam, um die Viren abzutöten.

Hat sich eine Katze bereits mit felinen Coronaviren infiziert, ist es wichtig, Hygienemaßnahmen wie eine regelmäßige Reinigung der Näpfe und Katzenklos einzuhalten, um das Virus nicht weiterzuverbreiten. Infizierte Katzen sollten möglichst keinem Stress ausgesetzt werden, da Stress das Risiko für eine Virusmutation - und damit für FIP – erhöhen könnte.

Unter Hausarrest müssen Haustierbesitzer müssen ihre Freigänger-Katze hierzulande also vorerst nicht stellen. "Aus meiner Sicht wissen wir noch viel zu wenig, um in Panik zu geraten", sagt Auer.

Über die Gesprächspartnerin

  • Dr. Angelika Auer ist Tierärztin und an der Veterinärmedizinischen Universität Wien verantwortlich für virologische Diagnostik.

Verwendete Quellen

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