"Tiere sind die besten Freunde. Sie stellen keine Fragen und kritisieren nicht", soll Mark Twain einst gesagt haben. Viele Tierhalterinnen und Tierhalter würden dem amerikanischen Schriftsteller wohl uneingeschränkt zustimmen. Doch Hunde und andere Haustiere tun noch mehr Gutes für uns Menschen. Ganz konkret: Für unsere Gesundheit.

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"Viele Menschen sagen, dass ihnen ihr Haustier guttut – und das ist nicht nur ein subjektiver Eindruck, das ist tatsächlich messbar", sagt die Psychologin Andrea Beetz, die unter anderem zu Mensch-Tier-Beziehungen forscht. In unzähligen Studien wurde gezeigt, dass Haustiere gegen allerlei Volksleiden helfen, etwa Stress. Stressmarker wie Blutdruck, Herzfrequenz und Cortisol-Werte sinken durch Kontakt zu Tieren. "Schon nach ein paar Minuten Streicheln nimmt die Konzentration des Stresshormons Cortisol in unserem Speichel ab", erklärt Beetz.

Länger leben durch Haustiere

Die Konzentration von Antikörpern der Klasse Immunglobulin A hingegen steigt, wodurch sich unsere Immunabwehr verbessert. Auch die Hormone Oxytocin und Dopamin werden verstärkt ausgeschüttet, was dafür sorgt, dass wir uns wohlfühlen. Eine 2022 erschienene Studie aus den USA konnte zudem zeigen, dass Haustiere dazu beitragen, den kognitiven Verfall zu verhindern und ihre Halter damit vor Demenz schützen. Kurzum: Haustierbesitzer leben länger.

Am besten untersucht sind die positiven Effekte von Tieren auf Menschen bei Hunden. "Die meiste Forschung dazu wurde mit Hunden gemacht, weil man mit Hunden gut im Labor arbeiten kann. Katzen sind da weniger kooperativ", erklärt Beetz. Gerade bei Hunden liegt es nahe, dass viele der langfristigen Gesundheitseffekte vor allem mit mehr Bewegung zusammenhängen könnten. Hundebesitzer erreichen laut einer britischen Studie deutlich häufiger die von der WHO empfohlene Bewegungszeit von 150 Minuten pro Woche und wer sich mehr bewegt, hat bewiesenermaßen ein geringeres Risiko, an Herzinfarkt, Schlaganfällen, Demenz und Krebs zu erkranken.

Die emotionale Bindung zum Haustier ist entscheidend

Die regelmäßigen Gassi-Runden sind für die Gesundheit in jedem Fall gut – allein durch mehr Bewegung ließen sich die vielen gesundheitlichen Effekte aber nicht erklären, so Beetz. Frühe Studien aus den USA hätten gezeigt, dass die Überlebenschancen nach einem Herzinfarkt bei Heimtierbesitzern signifikant höher waren als bei Personen, die ohne Haustiere lebten. In diesen Studien wurden alle Heimtiere berücksichtigt, also auch Kanarienvögel und Meerschweinchen, bei denen Gassi-Runden naturgemäß entfallen. "Zudem war Gassigehen in den USA vor 20 Jahren noch total unüblich. Da lebte der Hund im Garten", sagt Beetz, die selbst als Forscherin für zwei Jahre in den USA tätig war.

Es spielt für die Gesundheit also nicht unbedingt eine Rolle, mit welchem Tier wir unser Zuhause teilen. "Wir glauben, dass wenn jemand eine gute Beziehung zu seiner Katze hat, die gleichen Effekte entstehen", sagt Beetz. Entscheidend seien dabei vor allem die Beziehung und der Körperkontakt zum Tier. "Die haptische Qualität eines weichen, warmen Fells spielt meiner Meinung nach auch eine Rolle", sagt Beetz.

Denn viele der gesundheitlichen Effekte durch Haustiere hängen nach Angaben von Beetz mit der Ausschüttung von Oxytocin zusammen. Das Bindungshormon reduziert Stress, aktiviert das Belohnungssystem im Gehirn und sorgt so für mehr Wohlbefinden. Freigesetzt wird das "Kuschelhormon", wie es auch genannt wird, bei körperlicher Nähe und Berührungen mit anderen Menschen – und eben mit Tieren. "Das ist ein Schlüsselmechanismus, der viele der oben genannten Effekte erklären kann – auch Schmerzlinderung oder eine Reduktion von Angst."

Haustier auf Rezept? Warum das nicht funktioniert

Angesichts der vielen gesundheitlichen Vorteile, die Hund, Katze und andere Tiere auf uns Menschen haben – wäre es da nicht sinnvoll, der Arzt würde ein Haustier statt Blutdrucksenker und Antidepressiva verschreiben? "Einen Hund auf Rezept zu verschreiben, ergibt keinen Sinn", erklärt Beetz. Für die vielen positiven Effekte sei nun mal die Beziehung zum Tier entscheidend – und die entstehe nicht automatisch auf Rezept.

"Vor Jahren hat ein Arzt einem depressiven Nachbarn empfohlen, sich einen Hund anzuschaffen", erzählt die Psychologin. Der Mann habe sich daraufhin einen drei Monate alten Welpe geholt und ihn im Garten in einer Hundehütte gehalten. Der Hund habe permanent gejault, bis die Nachbarschaft schließlich den Tierschutz verständigt habe und der Hund zurück zum Züchter kam. "Der Mann wollte einfach keinen Hund, da konnte keine Bindung entstehen – und damit auch keine positiven Effekte."

So bereichernd das Zusammenleben von Mensch und Tier in vielen Fällen sein kann – es kann eben auch schiefgehen und zum Gegenteil führen, wenn die Voraussetzungen nicht stimmen. Um psychisch und physisch von seinem Haustier zu profitieren, muss man sich mit dem Tier beschäftigen wollen und ihm ein gutes Leben bieten können. Andernfalls können die Tiere Verhaltensprobleme entwickeln. "Dann ist das ein ganz schöner Stressor", sagt Beetz.

Das gilt auch für Hunde am Arbeitsplatz. Zahlreiche Untersuchungen, die der Bundesverband Bürohund e.V. gesammelt hat, zeigen, dass sich Bürohunde positiv auf das Arbeitsklima auswirken können, Mitarbeiter stressresistenter machen und die Kommunikation im Team fördern. Damit sich diese positiven Effekte entfalten, müssten jedoch auch hier die Rahmenbedingungen stimmen, mahnt Beetz.

Damit das Modell Bürohund funktionieren könne, müssen die Bedürfnisse des Hundes im Blick behalten werden – aber auch die der Kolleginnen und Kollegen. Während die wenigsten Hunde in einem Großraumbüro zur Ruhe finden dürften, könne es hingegen in kleineren Büros mit zwei bis drei Personen funktionieren, sofern die Kollegen einverstanden sind, sagt Beetz. Doch auch dabei gebe es einiges zu beachten. Es müsse immer die Möglichkeit bestehen, den Hund auch mal zu Hause zu lassen, etwa wenn das Tier erkrankt. "Generell sollte der Hund maximal zwei bis drei Tage mit ins Büro kommen. Alles andere ist Stress für den Hund", sagt Beetz.

Haustiere auch gut für die Psyche

Neben den körperlichen Auswirkungen sind Tiere darüber hinaus auch für die Psyche gut. Wer allein lebt, fühlt sich durch ein Haustier weniger einsam und findet tatsächlich leichter Kontakt zu anderen Menschen, wie Studien zeigen. "Haustiere stillen viele unserer sozialen Bedürfnisse, aber sie sind nicht nur Ersatz", betont Beetz. Hunde und andere Heimtiere hätten eine eigene Qualität von Beziehung zu uns. Studien zufolge profitieren alleinstehende Personen besonders von Haustieren, doch nicht nur ihnen tun Tiere gut. Die meisten Haustiere fände man schließlich in Familien vor, sagt Beetz. "Diese ganzen Machtspielchen und zwischenmenschlichen Konflikte fallen bei Haustieren weg. Mit Haustieren sind wir auch oft großzügiger als mit anderen Menschen. Das gilt auch umgekehrt."

Dieser Mechanismus lässt sich auch in der Behandlung von Depressionen und anderen Erkrankungen nutzen, zum Beispiel im Rahmen sogenannter tiergestützter Interventionen. Tiergestützte Interventionen können verschiedene Disziplinen umfassen, etwa Psychologie, Ergo- oder Physiotherapie. Besonders in der Psychologie hätten Tiere den Vorteil, dass die nonverbale Kommunikation mehr in den Vordergrund rückt.

"Viele Tiere haben [...] ganz feine Antennen für die Emotionen ihres Gegenübers und lassen sich nicht von Beteuerungen wie 'Mir geht es gut' in die Irre führen."

Psychologin Andrea Beetz forscht zu Mensch-Tier-Beziehungen

Das Tier emotionalisiere und ermögliche es den Klienten, die eigenen Emotionen zu spiegeln. Über bestimmte Verhaltensweisen des Tieres können Therapeuten wiederum etwas über die Klientin oder den Klienten erfahren. "Wir Menschen achten vor allem auf die verbale Kommunikation und sind Meister darin, uns zu verstellen", sagt Beetz. "Viele Tiere haben aber ganz feine Antennen für die Emotionen ihres Gegenübers und lassen sich nicht von Beteuerungen wie 'Mir geht es gut' in die Irre führen."

Die Wirkung tiergestützter Interventionen haben Beetz und ihre Kollegen unter anderem in einer Studie mit Bundeswehrsoldaten untersucht, die nach Einsätzen unter posttraumatischer Belastungsstörung litten. "Wir können uns mit schwierigen Dingen nur auseinandersetzen, wenn unser Gehirn nicht im Panikmodus ist", erklärt Beetz.

Eine traumatisierte Person empfinde aber oft schon die Gegenwart eines Therapeuten als Stress, was die Auseinandersetzung mit dem Trauma erschwert. "Ist ein Hund dabei, kann man sich erst einmal über den Hund unterhalten und muss nicht gleich über das Problem sprechen." In den Untersuchungen hätte sich gezeigt, dass die Klienten über den Hund schneller Vertrauen zur Therapeutin oder zum Therapeuten aufbauen. Therapieziele könnten dadurch schneller erreicht werden, so Beetz.

Wer Interesse an einer tiergestützten Therapie hat, kann sich beim Bundesverband für tiergestützte Interventionen (BTI e.V.) informieren. Dort findet man Therapeutinnen und Therapeuten, die gut in tiergestützten Interventionen ausgebildet und erfahren sind.

Zur Person: Prof. Dr. Andrea Beetz ist Psychologin und leitet den Bachelorstudiengang Heilpädagogik im Fernstudium an der IU Internationale Hochschule. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen unter anderem Mensch-Tier-Beziehung und tiergestützte Interventionen. Sie ist zudem Autorin mehrerer Fachbücher und hat unter anderem ein Standardwerk zum Thema "Hunde im Schulalltag" verfasst.

Verwendete Quellen:

  • University of Florida: "Long-term pet ownership may help older adults retain cognitive skills”
  • Journal "Nature Scientific Reports”: "Dog owners are more likely to meet physical activity guidelines than people without a dog”
  • Journal "Nature Scientific Reports”: "Dog ownership and the risk of cardiovascular disease and death – a nationwide cohort study”
  • Bundesverband Bürohund e.V.: Wissenschaftliche Untersuchungen
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