Lava spuckende Vulkane mit riesigen Aschewolken – solche Bilder gibt es aus Deutschland nicht. Zumindest nicht mehr. Doch nicht alle Vulkane sind erloschen: Vor allem unter der Eifel brodelt es. Fest steht, dass es wieder zu einem Ausbruch kommen wird. Unklar ist nur, wann.

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Friedlich mutet der Laacher See in der Eifel heute an. Doch bevor der See entstand, war dort die Hölle los: Heißes Magma aus der Tiefe stieß auf Grundwasser, sprengte Grundgebirge und schleuderte mehrere Kubikkilometer flüssiges Gestein in die Luft. Ganze Bäume wurden durch die Druckwelle in den Rhein katapultiert. Die Asche stieg über 30 Kilometer hoch in die Stratosphäre und bedeckte die Region mit einer bis zu sieben Meter dicken Ascheschicht. Selbst in Norditalien und in Südschweden rieselte die Asche noch auf die Erde nieder.

Viele Landschaften in Deutschland zeugen noch heute von vergangener vulkanischer Aktivität. Der Kaiserstuhl etwa, die Schwäbische Alb, der Vogelsberg, die Rhön, Nordhessen, das Siebengebirge oder eben die Eifel. Die meisten Vulkane zeigen längst keine Aktivität mehr - doch unter der Eifel rumort es bis heute.

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"Ein Vulkanfeld gilt erst als erloschen, wenn über 10.000 Jahre keine Eruption erfolgte", erklärt Lothar Viereck, Geologe und Professor im Ruhestand. Die letzte Eruption in der Westeifel habe vor etwa 9.000 Jahren stattgefunden, die letzte in der Osteifel - an ebenjenem Laacher See - vor rund 13.000 Jahren. "Also beides nach der letzten Eiszeit. Das ist geologisch sehr jung - quasi heute."

Eifel hebt sich mehr, als sie sollte

Auch die Vulkangebiete im Vogtland und in der Oberpfalz geben noch heute Lebenszeichen von sich. Doch vor allem unter der Eifel schlummert ein vulkanischer Hotspot - und es ist offenbar nur eine Frage der Zeit, bis es erneut zum Ausbruch kommt.

In einer 2020 veröffentlichten Studie stellten Forscherinnen und Forscher der University of Nevada auf der Grundlage von GPS-Daten fest, dass sich die Eifel innerhalb des Beobachtungszeitraums von 20 Jahren um rund einen Millimeter pro Jahr mehr angehoben hat, als sie eigentlich sollte.

Dass sich die Erdkruste hebt und senkt, ist nicht ungewöhnlich – doch die Eifel liegt stabil mitten auf einer Kontinentalplatte. Die Anhebung lässt sich also nicht durch die Verschiebung von kontinentalen Platten erklären. Und sie scheint sich zu beschleunigen.

In weiteren Studien wurden schwache, niederfrequente Erdbeben in einer Tiefe von 45 Kilometern bis hinauf zur Erdoberfläche gemessen. Ursache könnte CO2 sein, das überall in der Eifel und insbesondere am Laacher See aufsteigt, oder ein Eindringen von Magma in die Erdkruste.

Aktuell wird untersucht, ob bereits Magma in die Erdkruste und damit in die äußerste Schicht der Erde eingedrungen ist. "Das wäre dann ein kritischer Zustand", sagt Viereck. "Wenn dann von unten neues Magma hinzukommt, kann es sein, dass die alte Magmakammer instabil wird und eruptiert." Hier fehle es derzeit aber noch an Daten. Doch allein die Beben sind ein Hinweis darauf, dass der Vulkan in der Eifel alles andere als erloschen ist.

Vulkanische Aktivität auch im Vogtland

Auch im Vogtland, der Grenzregion zwischen Bayern, Thüringen, Sachsen und Tschechien, werden schon seit dem Zweiten Weltkrieg alle sechs bis sieben Jahre Erdbebenserien, sogenannte seismische Schwärme, im Untergrund registriert. "In 30 Kilometern Tiefe sitzt dort eine Magmakammer, die vor sich hin kristallisiert", sagt Viereck.

Beim Kristallisieren entweichen Gase, die einen Überdruck erzeugen. Wird der Druck zu groß, kann es zum Ausbruch kommen – doch im Vogtland entstehen Risse im Gestein, durch die das Gas entweichen kann. Der Überdruck wird dadurch abgebaut. "Das ist wunderbar, denn das Ding könnte sonst explodieren."

Diese Aktivitäten sind der Grund, warum die Eifel, aber auch das Vogtland als Standorte für Endlager von radioaktivem Material ausgeschlossen werden. Aufgrund der langen Halbwertszeiten vieler radioaktiver Substanzen muss ein Endlager für eine Million Jahre sicher sein. "Doch die Gefahr, dass in diesen Regionen innerhalb der nächsten eine Million Jahre ein Vulkan eruptiert, liegt bei 100 Prozent", sagt Viereck.

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Wie kommt es zum Vulkanausbruch?

Ausgangspunkt für Vulkanismus ist immer Magma, das im Erdmantel unterhalb von 40 Kilometern Tiefe entsteht. "Diese Quelle unter der Eifel kennen wir", sagt Viereck. Da die Schmelze eine geringere Dichte hat als das Gestein des Erdmantels, steigt sie Richtung Erdoberfläche auf und sammelt sich meist in einer Magmakammer. Sobald der Druck in der Kammer groß genug ist, um das umliegende Gestein aufzubrechen, kommt es zum weiteren Aufstieg in die Erdkruste – der Vulkan eruptiert.

In Island hat das Magma leichtes Spiel: Das Land liegt auf dem mittelozeanischen Rücken, an dem sich die eurasische und nordamerikanische Platte auseinanderbewegen. Dadurch steht Island unter Dehnung und das Magma kann leicht durch Risse und Spalten aufsteigen. "Isländische Vulkane gelten als die friedlichsten überhaupt", sagt Viereck. "Da können Sie hingehen, sich in 200 Metern Entfernung danebenstellen und zugucken."

Anders ist die Situation auf Festland-Europa. Die Landmasse steht nicht unter Dehnung und das Magma hat es so deutlich schwerer, an die Oberfläche vorzudringen. Im Rheingebiet gebe es allerdings Bruch- und Grabenstrukturen, durch die das Magma aufsteigen könne, erklärt Viereck. Es würden in dieser Region aber viel kleinere Mengen Magma im oberen Erdmantel gebildet als in Island. "Dadurch haben wir nicht diese unglaubliche Häufigkeit des Magmatismus."

"Wir gehen davon aus, dass wir innerhalb der nächsten 15.000 Jahre eine Eruption sehen werden."

Lothar Viereck, Geologe

Trotzdem ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis es auf deutschem Gebiet wieder zu einem Ausbruch kommt. "Wir gehen davon aus, dass wir innerhalb der nächsten 15.000 Jahre eine Eruption sehen werden", sagt Viereck. "Nur wann dies genau sein wird, ist unklar."

Ein akuter Grund zur Sorge sei das aber nicht: Die Eifel steht unter Dauerbeobachtung – und bislang wurden keine vulkanischen Erschütterungsbeben registriert, die in der Regel den Aufstieg von Magma in die Erdkruste ankündigen. Auch Schwefelgase, die das Eindringen von Magma in weniger als 15 Kilometern Tiefe anzeigen, wurden bis heute in der Eifel nicht festgestellt.

"Bislang treten nur Ereignisse auf, die seit einigen Jahrzehnten bekannt sind und wahrscheinlich seit Jahrtausenden erfolgen: Niederfrequente Beben und eine Ausgasung von CO2 an der Erdoberfläche", sagt Viereck. "Es gibt keine Notwendigkeit, Aufregung zu verbreiten."

Wie dramatisch wäre ein Vulkanausbruch in Deutschland?

Sollte es irgendwann zu einem Ausbruch kommen, gebe es zwei mögliche Ausbruchsszenarien, erklärt der Experte: ein Maar oder einen Schlackenkegel.

Beim dramatischeren Szenario, dem Maar, träfe Magma auf Grundwasser. Durch die enorme Hitze des geschmolzenen Gesteins würde das Wasser sofort zu kochen beginnen. Die Folge wäre eine Gasexplosion, die einen Krater in die Landschaft sprengen würde. Die Druckwellen würden sich anderthalb bis zwei Kilometer um diesen Punkt herum ausdehnen – mit katastrophalen Folgen. "Die Druckwellen würden alles in diesem Radius zerstören", sagt Viereck. "Da bleibt kein Haus mehr stehen."

Beim zweiten Szenario, dem Schlackenkegel, wäre die Situation hingegen ähnlich friedlich wie auf Island: Die Lavaströme kröchen dann mit einigen Metern pro Sekunde aus dem Schlot. "Das ist eine ganz andere Gefährlichkeit verglichen mit einem Maar", sagt Viereck. "Und die Lavaströme in der Eifel zeigen, dass sie zu diesem langsameren Typ gehören."

Auch wenn die Wissenschaft heute nicht genau vorhersagen kann, ob es in 100, 1.000 oder 15.000 Jahren zum nächsten Ausbruch kommt: Völlig unvorbereitet wird er uns wohl nicht treffen. Ausbrüche kündigen sich lange vorher an und das Netz aus Messstellen wurde im Laufe der Jahre immer feinmaschiger. "Wir würden jede Bewegung bei uns registrieren", sagt Viereck. "Wir können wahrscheinlich schon Jahre im Voraus warnen." Angrenzende Gemeinden, wie etwa die Stadt Mendig, könnten dann rechtzeitig evakuiert werden.

Die Landesregierungen dürften sich aber keineswegs zurücklehnen. Aus Sicht des Wissenschaftlers wäre ein Katastrophenschutzplan für den Fall eines Vulkanausbruchs absolut notwendig. In Rheinland-Pfalz gibt es solche speziellen Pläne nicht, wie das Innenministerium in Rheinland-Pfalz auf Anfrage erklärt. Bei einem drohenden Vulkanausbruch kämen die bestehenden allgemeinen Katastrophenschutz- und Evakuierungsplanungen zum Tragen, heißt es.

"Ist erst eine Eruption zum Beispiel im Raum Koblenz erfolgt, so ist die dortige Infrastruktur mit all den Autobahnkreuzen zerstört und dann wird es schwer, Menschen zu versorgen und zu evakuieren", mahnt Viereck. Über diese Dinge müsse man sich jetzt Gedanken machen.

Über den Gesprächspartner

  • Prof. Dr. Lothar Viereck ist Geologe und war bis zu seiner Emeritierung 2018 Professor für Geochemie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Er ist zudem stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Vulkanologischen Gesellschaft e.V.

Verwendete Quellen

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