In mehreren deutschen Städten können Hundeliebhaber und Yoga-Fans mittlerweile beides zur gleichen Zeit erleben: Yoga praktizieren und mit süßen Welpen kuscheln. Das sogenannte Puppy Yoga steht allerdings in der Kritik. Berechtigterweise?

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Im herabschauenden Hund auf einen süßen kleinen Welpen blicken, ihn streicheln und knuddeln. Darauf freuen sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wenn sie zum Puppy Yoga gehen. Der Trend aus den USA und Großbritannien ist mittlerweile auch nach Deutschland herübergeschwappt. Unter anderem in Berlin, München und Hamburg gibt es das Sportangebot bereits, das Yoga mit der Möglichkeit verbindet, Hundewelpen nahezukommen.

Yoga sei bekannt für seine beruhigende Wirkung auf Körper und Geist, heißt es auf der Website des Anbieters Puppy Yoga GbR. Die Anwesenheit von Welpen verstärke diesen Effekt noch weiter und helfe, Stress abzubauen und sich zu entspannen.

Was für Teilnehmerinnen und Teilnehmer die pure Freude ist, könnte allerdings negative Auswirkungen auf die Tiere haben, meint die Tierrechtsorganisation Peta. Auf ihrer Website übt sie scharfe Kritik am Puppy Yoga.

Peta: Soziale Entwicklung der Welpen wird beeinträchtigt

Tiere seien keine Sportgeräte oder Unterhaltungsobjekte, so Peta. Die jungen Hunde befänden sich in einer entscheidenden Phase ihrer Sozialentwicklung. "Sie einem Yogakurs auszusetzen, in welchem sie von jedem Menschen auf den Arm genommen, angefasst und fotografiert werden können, kann die soziale Entwicklung der Hundekinder erheblich beeinträchtigen", schreibt die Tierrechtsorganisation. Dadurch bestehe die Gefahr, dass sich die Welpen überfordert fühlten.

Zusätzliche Rückzugsräume beim Puppy Yoga sind laut Peta für den Schutz der Welpen nicht ausreichend. Im Yogastudio könnten die Jungtiere durch die Situation so aufgeregt sein, dass sie sich nicht von selbst zurückziehen. "Das Ergebnis können verstörte Hunde sein, die lernen, dass sie in solchen Situationen allein sind und sich nicht auf ihre Bezugsperson verlassen können", kritisiert Peta.

"Es ist absolut unverantwortlich, Hundekinder in solche Kurse 'hineinzuwerfen'."

Annika Lewald von Peta

Weitere Kritikpunkte sind, dass Welpen ausreichend Pausen benötigten und es zu Verletzungen kommen könnte, da die Welpen zwischen den Menschen im Raum herumtollen.

Yoga stehe für einen achtsamen Umgang mit sich und der Umwelt. "Es ist absolut unverantwortlich, Hundekinder in solche Kurse 'hineinzuwerfen' – ihre Bedürfnisse werden dabei stets vernachlässigt", sagt Annika Lewald von Peta Deutschland laut einer Pressemitteilung.

Die Kritik können Aaron Perner und Lena Fleischmann, die Puppy Yoga anbieten, nicht nachvollziehen. Denn es gebe einerseits ein ausführliches Briefing für Teilnehmende, andererseits seien Züchter vor Ort, um sich um die Hundewelpen zu kümmern.

Um zu gewährleisten, dass die Junghunde nicht gestresst werden, müssten sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer zudem an einige Regeln halten. Unter anderem müssen sie gesund sein, ihre Hände vor dem Yoga desinfizieren und während der Yogasession, die rund 40 Minuten dauert, auf ihrer Matte bleiben.

Im Anschluss haben sie rund 20 Minuten Zeit, um mit den Welpen zu spielen. "So können sich die Hunde an die Menschen gewöhnen und im eigenen Tempo auf sie zukommen. Und wenn sie das nicht tun, ist das eben so. Wir haben da klare Regeln", sagen Perner und Fleischmann auf Nachfrage unserer Redaktion.

Welpen sind von Züchtern

Derzeit sind die Welpen beim Puppy Yoga von Züchtern. Auch das sieht Peta kritisch, denn das könne die Nachfrage nach Tierkindern, insbesondere "Mode- und Rassewelpen" erhöhen. Das Problem: Tierheime in Deutschland seien massiv überfüllt, auch mit Welpen. Die Tierrechtsorganisation ruft deshalb dazu auf, Puppy Yoga nicht zu unterstützen. Annika Lewald von Peta bezeichnet es als "völlig verantwortungslos, Zuchtstätten zu unterstützen, während unzählige Vierbeiner auf ein neues Zuhause warten".

Perner und Fleischmann sagen dazu, dass sie Tierheime in der Umgebung angefragt hätten, es allerdings schwierig sei, ihr Angebot mit Hunden aus dem Tierheim umzusetzen: "Hunde aus dem Tierheim könnten in einem Yogakurs potenziell getriggert werden. Sie sind potenziell aggressiv und ängstlich. Dadurch könnten Teilnehmer verletzt werden und auch den Hunden könnte dadurch Schaden zugefügt werden." Man arbeite noch daran, Tierschutz-Hunde in einem entspannten Umfeld, möglicherweise im Freien, einzubeziehen.

"Würde man kontrollierte Zucht verbieten, wäre die Konsequenz, dass der illegale Welpenhandel boomt."

Aaron Perner und Lena Fleischmann von der Puppy Yoga GbR

Die beiden geben an, ausschließlich mit Züchtern zusammenzuarbeiten, "mit denen vertraglich vereinbart ist, dass die Puppys zurückgenommen werden und nicht ins Tierheim gegeben werden. Kein einziger dieser Hunde wird jemals in ein Tierheim kommen."

Die Züchter züchteten ausschließlich auf Nachfrage. Die Welpen seien bereits vergeben, wenn sie zur Welt kommen. "Sie sind dann einige Tage bei uns beim Puppy Yoga – und danach geht es für sie in ihr neues Zuhause." Das sei auch vertraglich mit den Welpeneltern vereinbart. "Würde man kontrollierte Zucht verbieten, wäre die Konsequenz, dass der illegale Welpenhandel boomt - dann landen noch mehr arme Hunde im Tierheim und das ist der falsche Ansatz."

Hundeerzieherin sieht eine Sache kritisch

Die Verhaltensbiologin und Hundeerzieherin Ariane Ullrich hält Puppy Yoga für "weniger problematisch" für die Welpen - vorausgesetzt, das Konzept wird wie oben beschrieben umgesetzt. Entscheidend sei, dass die Züchterinnen und Züchter dabei sind, meint sie, "um ein Auge auf ihre Hunde zu haben und regulierend eingreifen zu können".

"Für die Welpen ist es im Rahmen ihrer Sozialisierung eine Möglichkeit, neue Situationen kennenzulernen. Genau deshalb müssen ihre bekannten Menschen dabei sein, damit sie eine Rückzugsmöglichkeit haben", sagt sie auf Anfrage unserer Redaktion. Im optimalen Fall sei für die Welpen eher nichts Negatives zu erwarten.

Was sie allerdings skeptisch sieht, ist die mögliche Zurschaustellung der Welpen. Denn durch das Puppy Yoga könnten die Züchter weitere Interessenten erreichen. "Die Wahl für einen Hund sollte nicht nur mit der Niedlichkeit in einer Yogagruppe begründet sein, sondern wohlüberlegt", macht Ullrich deutlich.

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Stuttgart macht Puppy Yoga Strich durch die Rechnung

Puppy Yoga gibt es bei mehreren Anbietern in mehreren deutschen Städten. Eigentlich sollte es mittlerweile auch in Stuttgart im Angebot sein, doch hier bedarf es einer besonderen Erlaubnis. Das gilt eigentlich auch für andere Städte – nur wurde das Angebot dort bislang nicht gestoppt. Anders in Stuttgart: Bereits geplante Kurse musste der Veranstalter, die Puppy Yoga GbR, absagen.

Auf Anfrage unserer Redaktion begründet die Stadt, dass laut dem Tierschutzgesetz für die Ausübung von Puppy Yoga eine Erlaubnis nach §11 TSchG benötigt werde, da Welpen dabei gewerbsmäßig zur Schau gestellt würden. Diese Erlaubnis sei jeweils von der zuständigen Tierschutzbehörde des Wohnortes auszustellen. "Wenn beispielsweise der Wohnsitz in einem anderen Landkreis liegt, muss von dort die §11-Erlaubnis erteilt werden, nicht von der Stadt Stuttgart - auch wenn hier die Veranstaltung stattfinden sollte", heißt es seitens der Stadt.

"Damit das Ordnungsamt die Sache konkret beurteilen kann, müsste der Veranstalter mitteilen, was geplant ist. Erst dann können Entscheidungen getroffen werden", sagt eine Sprecherin der Stadt weiter. Aktuell liege kein Antrag vor.

Stuttgart möchte dann prüfen, wie es um das Wohl der Welpen bestellt ist und ob das Umfeld sach- und tierschutzgerecht ist. Auch ob die Betreiber und Züchter sachkundig sind, will man abklären. Und: Es soll verhindert werden, dass es beim Puppy Yoga zu "unüberlegten Spontankäufen" kommt.

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Verwendete Quellen

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