• Die gängige Theorie besagt, dass die alten Ägypter ihre Toten mumifiziert haben, damit ihre Körper für das Leben nach dem Tod erhalten bleiben.
  • Einige Archäologinnen und Archäologen geben nun allerdings zu bedenken, dass die Konservierung der Körper gar nicht beabsichtigt gewesen sein könnte.
  • Vielmehr wollten sie aus ihren Königinnen und Königen nach dem Ableben Statuen machen.

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Die alten Ägypter sollen ihre Toten mumifiziert haben, um die Körper nach dem Ableben zu konservieren. So konnten sie im Leben nach dem Tod wiederbelebt werden. Das besagt zumindest die gängige Theorie.

Immer mehr Archäologinnen und Archäologen sind allerdings der Meinung, dass die konservierende Wirkung der Mumifizierung gar nicht beabsichtigt war. Das berichtet "Business Insider". Demnach wollten die alten Ägypter die Körper ihrer Toten lediglich modifizieren und aus ihren Pharaonen Statuen machen – Kunstwerke mit religiöser Bedeutung.

Diese Sichtweise wird in der neuen Ausstellung "Golden Mummies of Egypt (dt. goldene Mumien von Ägypten)", die im Februar im Manchester Museum (England) eröffnet wird, behandelt.

Alte Ägypter wollten Königen rechtmäßige Form zurückgeben

Der Ansatz besagt, dass die alten Ägypter dachten, ihre Königinnen und Könige seien lebende Götter. Ihre Körper nach dem Tod in Statuen zu verwandeln sei nur der Weg gewesen, ihnen wieder ihre rechtmäßige Form zurückzugeben. Denn Statuen wurden damals als göttlich angesehen.

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"Es hat den Anschein, als ob dort die Welt der Lebenden und der Menschen, die ihrem täglichen Leben nachgehen, ist", erklärt Campbell Price, Kurator am Manchester Museum, in einem Interview mit dem "Business Insider". Und dann gebe es noch die Welt der Abbilder und Darstellungen, der Statuen und Malereien. Dies sei nicht nur eine idealisierte Version Ägyptens. "Es ist ein Bild der Götter, eine Art Welt der Statuen."

Archäologische Aufzeichnungen legen nahe, dass Statuen von Göttern mit Ölen und Parfümen eingesalbt wurden. Manchmal wurden sie sogar in Leinen eingewickelt.

Ägyptologen geben Viktorianern Schuld für Missverständnis

Die goldenen Masken, die in königlichen Sarkophagen gefunden wurden, sind der Theorie zufolge auch keine lebensechten Porträts. Sondern gottähnliche Darstellungen der Verstorbenen, wie es in dem Artikel weiter heißt.

"Es ist eine feine Unterscheidung, aber es ist eine wichtige", erklärt Price. Die Idee, dass der Geist zum Körper zurückkomme oder in einem anderen Sinne den Körper wiederbelebe, sei nicht so explizit artikuliert worden, wie man eigentlich meinen möchte.

Ägyptologinnen und Ägyptologen geben den Viktorianern die Schuld für das Missverständnis. Sie waren die ersten, die die Mumien untersucht hatten. Ihre Theorie, die Mumifizierung diene der Erhaltung des Körpers, könnte auf ihre eigene Faszination für das Leben nach dem Tod zurückzuführen sein.

Experte: "Die alten Ägypter wussten nicht, was sie taten"

Die Tatsache, dass bei Mumien einiger der berühmten herrschenden Klassen die Konservierung nicht wirklich bedacht wurde, unterstützt den neuen Ansatz. So klebte beispielsweise der Körper des Pharaos Tutanchamun am Boden seines Sargs fest.

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"Die alten Ägypter wussten nicht, was sie taten, und daher wurde er nicht gut konserviert", so Price. Ein lebensechtes, erkennbares Abbild zu erzeugen, sei dementsprechend nie die eigentliche Absicht gewesen.

Der Theorie zufolge wurden die Organe des Verstorbenen bei der Einbalsamierung auch nicht in Krüge, die mit den Köpfen der Götter geschmückt waren, gelegt, um sie im Leben nach dem Tod griffbereit zu haben. Price vertritt die Meinung, dass die Ägypter die Organe dadurch mit dem göttlichen Geist des verstorbenen Königs tränken wollten.

Bedeutung der Konservierung darf nicht außer Acht gelassen werden

Andere Expertinnen und Experten halten allerdings daran fest, dass die Mumifizierung die Körper konservieren sollte. "Die physische Erhaltung des Körpers war extrem wichtig", so Stephen Buckley, Archäologe und analytischer Chemiker an der University of York (England), im Interview mit "Business Insider".

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Einige Mumien sähen in der Tat aus wie Statuen, andere allerdings seien so präpariert worden, dass sie eher so aussähen, als würden sie schlafen. Dies deute darauf hin, dass es den alten Ägyptern durchaus ein Anliegen war, den physischen Körper zu erhalten.

Buckley räumt ein, dass sich die Mumifizierung wohl nicht nur um die Konservierung drehte. Diese allerdings komplett außer Acht zu lassen, würde "das Thema verfehlen".

Verwendete Quellen:

  • Business Insider: Did we get Egyptian mummies wrong? Preserving the body may not have been the point, experts say
  • Manchester Museum: Golden Mummies of Egypt
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