Noch vor seiner offiziellen Krönung besucht Charles III. in seiner ersten Auslandsreise Deutschland. Der Empfang am Brandenburger Tor ist die einzige Möglichkeit für Royal-Fans, das Königspaar hautnah sehen zu können. Doch dabei wird auch deutlich, was fehlt.

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Menschen, die Schlaghosen in Union-Jack-Optik tragen, sich Melonen-Hüte in rot und blau und weiß auf den Kopf gesetzt und Gesichter aus Pappe mit einem Gummiband um den Kopf geschnallt haben, um auszusehen wie König Charles oder Queen Consort Camilla: All das scheint den Deutschen zu britisch zu sein. Man sucht es am Brandenburger Tor vergebens. Ein paar vereinzelte Besucher tragen Pappkronen über ihren Mützen. Wer genau hinsieht, erkennt das "Burger King"-Logo.

König Charles III. und Queen Consort Camilla hätten an diesem Mittwoch gegen 15:10 Uhr wohl in ein Meer aus Grau und Schwarz und Anthrazit geblickt, hätte nicht jemand die Idee mit den Flaggen gehabt, die kurz vorher verteilt werden: eine mit dem Union Jack drauf, eine in den Deutschlandfarben.

Vergangenes Jahr beim 70. Thronjubiläum der Queen in London war das anders. Da musste jeder zahlen, der bei "Trooping the Colour" zusah und eine Fahne haben wollte. Sieben bis zehn Pfund ließen sich die Briten ihre Union-Jack-Fahnen kosten. In Berlin gibt es sie geschenkt.

König Charles III. und Queen Consort Camilla in Berlin: Hohe Sicherheitsbestimmungen

Die Royal-Fans sind zwar nicht britisch verkleidet, ein paar haben sich aber dennoch etwas überlegt. Eine Frau hat sich einen cremefarbenen Hut für den besonderen Anlass ausgesucht. Mit dem könnte sie problemlos auch in Ascot beim Pferderennen dabei sein. Zwei kleine Jungs tragen blaue Trikots der englischen Fußballnationalmannschaft. Harry Kane steht auf ihren Rücken. Ein paar Menschen halten Blumensträuße in den Händen, Tulpen in strahlendem Gelb und Rot.

Brigitte und Franz Wörmann tragen beide die gleichen roten Fleecejacken. Sie sind schon seit 8:30 Uhr am Brandenburger Tor, haben sich zunächst in die Warteschlange vor dem kleinen blauen Zelt neben dem Madame Tussauds gestellt. Dort werden alle kontrolliert und durchleuchtet, die hinter die Absperrungen auf dem Pariser Platz wollen, ähnlich wie am Flughafen.

Auch das ist anders als beim Thronjubiläum von Elizabeth II. 2022 in London. Jeder Royal-Fan konnte sich damals ohne Einlasskontrolle an The Mall stellen, die Straße, die vom Buckingham Palace zum Trafalgar Square führt. Vergangenes Jahr kamen die Frauen und Männer und Kinder noch wegen der Queen.

Für König Charles jedoch gelten in Berlin hohe Sicherheitsbestimmungen, heißt es bei der Polizei. Und so werden schon morgens um 10 Uhr die Menschen aus einem Café an der Ecke neben der französischen Botschaft komplimentiert - vier Stunden, bevor der britische König überhaupt am Flughafen Berlin-Brandenburg landet und fünf Stunden, bevor er mit militärischen Ehren am Brandenburger Tor empfangen wird. Der Laden muss während des offiziellen Staatstermins von Bundespräsident Steinmeier schließen.

Es wird deutlich, was fehlt: die Queen

Für Brigitte und Franz Wörmann hat es sich ausgezahlt, dass sie so früh schon im Regierungsviertel waren: Sie stehen ganz vorne an der Absperrung, der rote Teppich vor dem Tor ist nicht weit. Beide freuen sich auf das Königspaar. "Wir haben die Queen häufig getroffen", erzählt Brigitte Wörmann. Die 67-Jährige strahlt. Sie und ihr Mann sind große England-Fans, sagt sie, waren bestimmt schon 20 Mal auf der Insel. "Einmal lief die Queen ganz nah an uns vorbei und nahm die Blumen von einem Mädchen an, das neben mir gestanden ist", erinnert sie sich. Hände habe sie aber keine geschüttelt, "das hat die Queen nie gemacht. Aber Charles tut das schon". So nah sind sie ihm aber noch nicht gekommen.

Ob das Ehepaar darauf hofft, dass der König ihnen die Hand gibt? Beide nicken sofort: "Das hoffen wir sehr", sagt Franz Wörmann, der nach eigener Aussage kurz vor dem 80. Geburtstag steht. Die beiden sind extra aus dem Landkreis Weilheim-Schongau bei München nach Berlin gereist, um den britischen Monarchen und seine Frau Camilla sehen zu können. "Wir finden Charles gut", sagt Brigitte Wörmann. "Man hat sich auch schon an ihn und die Tatsache gewöhnt, dass die Queen leider nicht mehr lebt."

Bei Queen Elizabeth II. wäre sicher mehr los gewesen am Brandenburger Tor. Die Polizei schätzt, dass etwa 800 bis 1.000 Menschen gekommen sind, um den britischen Monarchen bei seiner ersten Auslandsreise hautnah zu erleben. Als der Monarch und Königingemahlin Camilla aus dem Bentley steigen - der König hat natürlich seinen eigenen Bentley dabei - jubeln ein paar Fans für einen Moment, dann ist es wieder still. Die Queen fehlt, das ist spürbar; Charles hat nicht ihren Glanz, nicht ihren Glamour.

Wenige Minuten auf der Bellevue-Treppe vor dem Staatsbankett

Der Empfang im Herzen von Berlin ist die einzige Möglichkeit für deutsche Royalisten, das britische Königspaar direkt zu Gesicht zu bekommen. Alle anderen Termine, die Charles und Camilla mit Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender absolvieren, sind viel weiter weg vom Volk.

Abends vor dem Schloss Bellevue wird das greifbar. Von der Straße aus können Briten-Fans nur einen weit entfernten Blick auf Männer im Frack und Frauen im Abendkleid werfen, hier gilt ein strenger Dresscode. Direkt vors Schloss darf nur die Presse, um Campino von den Toten Hosen, CDU-Chef Friedrich Merz und Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßen zu können. Merkel kehrt den Kameras den Rücken zu, dreht sich erst in allerletzter Sekunde ins Blitzlichtgewitter um, nickt kurz, und ist auch schon weg.

König Charles III. und Queen Consort Camilla sind überpünktlich: Um Punkt 19:35 Uhr, wie angegeben, fährt ihr weinroter Bentley vor. Gemeinsam mit dem Bundespräsidentenpaar lassen sie sich zwar etwas mehr Zeit als Merkel, harren aber auch nur wenige Minuten auf der Treppe aus. Dann geht es zum Vier-Gänge-Menü beim Staatsbankett. Gebeizter Karpfen und Erfurter Brunnenkresse, Kraftbrühe vom Heckrind, Weidehuhn und Baumpilz sowie Backpflaume, ostfriesischer Schwarztee und Sandgebäck stehen auf der Karte.

Und das Ehepaar Wörmann aus Bayern? Die sind die ersten, die König Charles die Hände schütteln dürfen, als er am Brandenburger Tor zum Volk geht. Der Ausflug in die Hauptstadt hat sich gelohnt.

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