• Mit dem letzten Hauptrunden-Auftritt gegen Russland endet für die deutschen Handballer eine denkwürdige EM.
  • Sie stand ganz im Zeichen von Corona-Infektionen.
  • Nur vier Spieler des Ursprungs-Kaders blieben von einem positiven Test verschont.
  • Vor dem sportlich bedeutungslosen Abschiedsspiel erwischt es Patrick Wiencek und Simon Ernst - und den Verbandschef.

Alles zur Handball-EM 2022 finden Sie hier

Die Akkus sind leer, der Kader ist dezimiert und der sportliche Wert gleich null: Für Deutschlands coronageplagten Handballer wird das letzte EM-Spiel gegen Russland an diesem Dienstag (18:00 Uhr/ZDF) vor allem ein mentaler Kraftakt. "Russland wird eine Herausforderung für jeden einzelnen, aber ich denke, dass die Mannschaft das schafft", sagte Kapitän Johannes Golla.

Das Personal

Bundestrainer Alfred Gislason stehen nach den positiven Coronatests bei Patrick Wiencek und Simon Ernst nur noch 13 Spieler zur Verfügung. Weil es um nichts mehr geht, verzichtete Gislason auf weitere Nachnominierungen. Zumal im Turnierverlauf bereits 15 deutsche Spieler positiv getestet wurden. Vom ursprünglich 17-köpfigen EM-Kader ist nur noch ein Quartett übrig geblieben: neben Golla noch die Rückraumspieler Philipp Weber und Julian Köster sowie Rechtsaußen Lukas Zerbe.

Die Probleme

Vor allem in der Abwehr wird das Personal knapp. Als etatmäßiger Innenblockspieler steht lediglich noch Kreisläufer Golla vom deutschen Vizemeister SG Flensburg-Handewitt bereit. Die Spieler nehmen die außergewöhnliche Situation an und wollen den widrigen Umständen trotzen. "Bis auf Rechtsaußen habe ich schon auf allen Positionen gespielt - immer da, wo Not am Mann war. Dazu bin ich bereit", sagte Rückraumspieler Paul Drux und fügte mit einem Augenzwinkern hinzu: "Ob das dann gut für die Mannschaft ist, weiß ich jedoch nicht."

Die Aussichten

Bedingt durch die personellen Probleme geht die deutsche Mannschaft sicher nicht als Favorit in die Partie. "Die Russen haben eine starke Abwehr und machen wenig Fehler. Das wird schwer", sagte Gislason.

Unklar ist, ob der 62 Jahre alte Isländer in der Not auf Spieler zurückgreift, die sich in Bratislava infiziert hatten und tagelang in Quarantäne saßen. Dafür infrage kommt ohnehin nur ein Trio: Torwart Andreas Wolff sowie die Rückraumspieler Julius Kühn und Hendrik Wagner, der bei seinem EM-Debüt gegen Schweden schon nach wenigen Minuten über Atemprobleme geklagt hatte.

Wagner wird gegen Russland nicht mehr eingesetzt - eine "Vorsichtsmaßnahme", wie DHB-Sportvorstand Axel Kromer dem SID kurz vor dem Spiel in Bratislava bestätigte.

Und nicht nur deutsche Spieler erwischte das Coronavirus: DHB-Präsident Andreas Michelmann ist nach der Rückkehr von der Europameisterschaft positiv getestet worden. "Mir geht es soweit gut. Husten, Schnupfen – von allem ein bisschen, aber nichts Dramatisches. Ich bin ja auch geboostert", sagte der 62-Jährige am Dienstag dem Online-Portal Sportbuzzer.

Eine EM-Rückkehr zum Final-Wochenende in Budapest, wo der DHB am Samstag seine Pläne für die Heim-
Europameisterschaft 2024 vorstellen will, schloss Michelmann aber aus.

Michelmann: "Bei einem EM-Rückzug wäre der DHB pleite gewesen"

Der DHB-Präsident bekräftigte, dass ein Rückzug der Mannschaft von der Endrunde, bei der sich bis zum Dienstagnachmittag insgesamt 15 deutsche Spieler infiziert hatten, keine Option gewesen sei. Kurzfristig wären auf den Verband in diesem Fall Regressforderungen in zweistelliger Millionenhöhe zugekommen. "Klipp und klar: Wir wären als DHB dann pleite gewesen", betonte Michelmann. Zudem habe die Mannschaft stets kommuniziert, das Turnier zu Ende spielen zu wollen. "Sie wäre dieser Chance beraubt worden", sagte Michelmann.

Laut Verband befinden sich "auch die letzten während des Turniers aufgrund positiver PCR-Testergebnisse ausgefallenen Spieler und Delegationsmitglieder auf der Heimreise". Alle verbliebenen Teammitglieder werden am Mittwochmorgen zusammen per Charterflug die Heimreise von Bratislava nach Frankfurt am Main antreten. (dpa/SID/hau)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.