Seit etwas mehr als einem Jahr spielt Cristiano Ronaldo mittlerweile in Saudi-Arabien – neben etlichen Toren sorgte er im Wüstenstaat auch schon für mehrere Eklats. Nimmt sich der Fußball-Star etwa eine Sonderstellung heraus?

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Michael Schleicher sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Es lief die 86. Minute im Halbfinale des Saudi Super Cups, als bei Cristiano Ronaldo die Sicherungen durchbrannten. An der Seitenlinie geriet der Fußball-Superstar in Diensten von Al-Nassr mit Al-Hilals Innenverteidiger Ali Al-Bulayhi aneinander.

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Das Ende der hitzigen Auseinandersetzung: Ronaldo verpasste seinem Gegenspieler einen Ellbogencheck, nach der darauffolgenden Rudelbildung zeigte ihm der Schiedsrichter die Rote Karte, Ronaldo flog vom Platz. In seiner Wut ballte Ronaldo die Faust und schien mit erhobener Hand den Unparteiischen zu bedrohen.

Ronaldo gerät erneut mit Provokateur Al-Bulayhi aneinander

Damit nicht genug: Höhnisch klatsche der portugiesische Altstar Beifall für das Schiedsrichter-Team, zeigte sarkastisch den Daumen nach oben. Beim Abgang in die Stadionkatakomben, begleitet von provozierenden "Messi Messi"-Rufen der Al-Hilal-Anhänger, zeigte Ronaldo noch mehrmals in Richtung von Al-Bulayhi. Die Botschaft: Schaut her, eigentlich müsste er vom Platz fliegen!

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Ganz unschuldig war der Al-Hilal-Innenverteidiger wohl tatsächlich nicht. Al-Bulayhi ist bekannt dafür, seine Gegenspieler zu provozieren – besonders Topstars hat er dabei ins Visier genommen. Unter anderem legte er sich bei einem Länderspiel schon mit Südkoreas Heung-min Son an und provozierte Lionel Messi bei der WM in Katar, als sich Saudi-Arabien völlig überraschend mit 2:1 gegen den späteren Weltmeister durchsetzen konnte.

Ali Al-Bulayhi und Lionel Messi bei der WM 2022.
Ali Al-Bulayhi und Lionel Messi bei der WM 2022. © IMAGO/ANP/Argentina v Saudi Arabia

Ronaldo sorgt mit Schweiß-Aktion für Aufsehen

Besonders hat es der 34-Jährige aber offenbar auf Ronaldo abgesehen. Immer wieder geraten die beiden Spieler aneinander, seitdem Ronaldo für Al-Nassr in Saudi-Arabien spielt.

Al-Bulayhi provoziert – und Ronaldo steigt trotz seiner Erfahrung darauf ein. So beispielsweise im vergangenen August im Finale des Arab Club Champions Cup, als erneut Al-Nassr und Al-Hilal aufeinandertrafen.

Bei einem gegnerischen Freistoß ließ sich Ronaldo auf ein Wortgefecht mit Al-Bulayhi ein. Anschließend schob der Portugiese seine linke Hand unter sein Trikot, rieb sich den Rücken und wischte anschließend Al-Bulayhi mit der schweißnassen Hand über das Gesicht. Al-Hilal teilte ein Video des Ekel-Vorfalls in den Sozialen Medien.

Ronaldo meckert über Trainer und Schiedsrichter

Allgemein fällt auf, dass sich Ronaldo, seit er in Saudi-Arabien ist, immer wieder Aussetzer leistet.

So kann der ehrgeizige Angreifer scheinbar einfach nicht mit Frust umgehen. Ein Beispiel: Das Aus im King's Cup im April vergangenen Jahres. Nachdem es mit einem 0:1-Rückstand gegen Al-Wehda in die Pause ging, schimpfte der sichtlich frustrierte Portugiese mit wilden Gesten in Richtung Trainerbank.

Und auch über die Schiedsrichter in Saudi-Arabien regt sich Ronaldo in regelmäßigen Abständen auf. Im Achtelfinale des King's Cup in der aktuellen Saison forderte er nach einer vermeintlichen Fehlentscheidung des Schiedsrichters sogar dessen Auswechslung, zeigte diese mit der typischen Geste gut sichtbar an. Zuvor hatte der Unparteiische einen Treffer von Al-Nassr zurückgepfiffen. Der Grund: Ronaldo soll im Abseits gestanden haben.

Ronaldo nach obszöner Geste für ein Spiel gesperrt

Für den bisher größten Eklat in seiner Zeit in Saudi-Arabien sorgte Ronaldo allerdings im vergangenen Februar beim Ligaspiel zwischen Al-Nassr und Al-Shabab.

Cristiano Ronaldo
Nach dieser Geste wurde Ronaldo für ein Spiel gesperrt. © Getty Images/Yasser Bakhsh

Im Rahmen des Spiels gab es wieder "Messi Messi"-Rufe zu hören – vor allem, wenn Ronaldo am Ball war. Nach dem 3:2-Sieg, beim Abklatschen mit den Mitspielern, hielt sich der Stürmer dann provozierend die Hand ans Ohr. Die "Messi Messi"-Chöre im Stadion wurden daraufhin wieder lauter.

Und Ronaldo? Der ging leicht in die Knie und bewegte seinen rechten Arm auf Schritthöhe immer wieder vor und zurück. Eine Geste, die als obszön zu interpretieren ist. In der Folge wurde Ronaldo für seine Aktion für ein Ligaspiel gesperrt.

Al-Hilal-Fans provozieren Ronaldo mit "Messi"-Rufen

Es ist nicht das erste Mal, dass Ronaldo mit einer Geste wie dieser unangenehm auffällt. Im April 2023 griff er sich nach dem Spiel gegen Al-Hilal (0:2) beim Verlassen des Platzes in den Schritt. Vorausgegangen waren abermals "Messi Messi"-Rufe.

Bei einem anderen Vorfall wurde Ronaldo mit einem Al-Hilal-Schal beworfen, als er gerade in den Kabinentrakt gehen wollte. Der Portugiese hob den Schal auf, krempelte die Hose nach oben und machte erneut eine obszöne Geste, anschließend warf er den Schal weg.

Es stellt sich die Frage, warum Ronaldo in Saudi-Arabien dermaßen aneckt und immer wieder für Eklats sorgt. Nimmt sich der 39-Jährige als mehrmaliger Champions-League-Sieger und Europameister eine Art Sonderstellung heraus? Hält er sich vielleicht sogar für etwas Besseres? Das übergroße Ego des Portugiesen ist in jedem Fall in Saudi-Arabien nicht kleiner geworden.

"Ich denke, im Moment sind wir besser als die französische Liga."

Cristiano Ronaldo im vergangenen Januar

Ebenfalls vorstellbar: Seine Leistungen in der Saudi Pro League bestärken Ronaldo in seinem Verhalten. In seiner ersten halben Saison bei Al-Nassr traf er in 16 Ligaspielen 14 Mal, zwei weitere Treffer bereitete er vor. In der aktuellen Saison steht er nach 37 Pflichtspielen bei 36 Toren und zwölf Vorlagen. Fabelzahlen, auch wenn die saudi-arabische Liga bekanntermaßen nicht zu den stärksten der Welt gehört.

Das sieht Ronaldo übrigens anders. Denn im vergangenen Januar sorgte er mit folgender Aussage für reichlich Aufsehen: "Ich spiele seit einem Jahr da (in Saudi-Arabien, d.Red.) und ich weiß, worüber ich spreche. Ich denke, im Moment sind wir besser als die französische Liga", sagte der 39-Jährige bei der Verleihung der Globe Soccer Awards in Dubai.

Die Saudi Pro League werde sich in Zukunft zu einer der drei oder vier besten Ligen der Welt entwickeln, sagte Ronaldo voraus. Ein Vergleich und Aussagen, die ihm in der Folge jede Menge Spott einbrachten.

Ronaldo verdient 200 Millionen Euro pro Saison

Ronaldos Vertrag in Saudi-Arabien läuft im Sommer 2025 aus, mindestens eine Saison wird er also noch bei Al-Nassr spielen. Dass er den Verein vorzeitig verlassen wird, gilt aufgrund seines fortgeschrittenen Alters und vor allem wegen des fürstlichen Gehalts als ausgeschlossen. Beim Saudi-Klub soll der Portugiese rund 200 Millionen Euro pro Saison verdienen.

Der 39-Jährige wird dem saudischen Fußball also noch einige Zeit lang erhalten bleiben. Damit lässt der nächste Eklat bestimmt nicht lange auf sich warten.

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