Franck Ribéry leistet sich in der Serie A den nächsten Eklat. Dabei hatte das Engagement für den langjährigen Star des FC Bayern in Florenz so verheißungsvoll begonnen. Aber er torpediert einmal mehr die eigene Karriere durch eine Unbeherrschtheit.

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Über Franck Ribéry heißt es, er sei ein gerechter Mensch. Solange der Ex-Star des FC Bayern die Grenzen der Gerechtigkeit selber definieren könne.

Eigene Fehltritte spielen in der Selbstwahrnehmung des bis heute hochbegabten Fußballers dabei offenbar nur eine untergeordnete Rolle.

Nächster Fauxpas von Franck Ribéry

Am Wochenende leistete sich der 36-Jährige den nächsten Fauxpas seiner zweifelsohne fußballerisch glanzvollen Karriere. Und so muss der frühere Flügelstürmer der Münchner aufpassen, dass in der Nachbetrachtung dieser einmaligen Karriere nicht ein glanzloses Kapitel dazukommt: Der, der sich nicht im Griff hat.

Ribéry hatte beim 1:2 seines neuen Arbeitgebers AC Florenz gegen Lazio Rom unmittelbar nach Schlusspfiff den Schiedsrichter-Assistenten unverschämt angegangen und vor laufender Kamera zweimal wüst weggestoßen. Einmal fuhr er dabei den Ellbogen in Richtung Brustkorb des Referees aus, einen aggressiv-bedrohlichen Gesichtsausdruck inklusive. Mitspieler mussten den Altstar bändigen.

Franck Ribéry wieder kein Vorbild

Vorbildfunktion? Fehlanzeige! Ribérys jüngster Ausraster kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Der Stammspieler der Fiorentina wurde für drei Spiele gesperrt, weil er für die Aktion nachträglich die Rote Karte sah. Obendrauf gab es eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 Euro.

Die Fans in Florenz "lieben mich", hatte Ribéry kurze Zeit nach seiner Ankunft in der Toskana gesagt. Kein Wunder: Es passte auf Anhieb.

Ribéry dribbelte sich wie ein Anfang Zwanzigjähriger durch die gegnerischen Abwehrreihen, kommt nach neun Liga-Spielen immerhin auf zwei Treffer und zwei Assists. Auch das Tor gegen Lazio bereitete er vor. Doch die Tifosi der Fiorentina gelten auch als überaus nachtragend, wird der "Viola" Schaden zugefügt.

Und das hat Ribéry mit seiner völlig überflüssigen Aktion getan. Nach zuvor zehn Punkten aus vier Spielen bedeutete die Niederlage gegen Rom, besiegelt durch einen Treffer des Ex-Dortmunders Ciro Immobile, samt Nachspiel einen herben Dämpfer für den Klub, der in der Vorsaison als Tabellen-16. nur knapp dem Abstieg entging - und in der Serie A nach wie vor weit von den eigenen Ansprüchen entfernt ist.

Franck Ribéry: Schadensbegrenzung durch AC Florenz

Am Montagnachmittag war der Verein um Schadensbegrenzung bemüht. Ribéry veröffentlichte bei Twitter das Foto einer Entschuldigung auf Italienisch: "Mi dispiace molto per ieri sera."

Zu Deutsch: "Es tut mir wirklich leid wegen gestern Abend." Und weiter: "Ich entschuldige mich bei meinen Teamkollegen, beim Trainer, bei den Fans." Insbesondere die an den Coach gerichtete Entschuldigung sollte wohl die Wogen glätten.

Denn: Verschiedenen Berichten zufolge soll sich Ribéry nach seiner Auswechslung in der 74. Minute beim Stand von 1:1 vor der Bank auch noch eine Meinungsverschiedenheit mit Trainer Vincenzo Montella geliefert haben. Sein Tweet zeigte Reue, zugleich warb der Filigrantechniker - einmal mehr - um Verständnis für einen Ausraster.

Domenech: Ribéry ist eine "empfindliche Diva"

"Ich entschuldige mich auch bei Herrn Passeri", richtete er sich an den Schiedsrichter-Assistenten, "aber am Ende des Spiels war ich sehr nervös und hoffe, er kann verstehen, wie meine Stimmung war." Social Media als Werkzeug der Diplomatie. Das sah schon mal ganz anders aus.

Um die Jahreswende hatte der Superstar in der Gold-Steak-Affäre kritische Beobachter und Journalisten mittels sozialer Medien wüst und vulgär beleidigt, was ihm selbst vom sonst so kulanten FC Bayern eine öffentliche Schelte einbrachte.

Die Liste seiner Fehltritte ist lang und spektakulär. Beispielhaft - oder beispiellos - für Unsportlichkeiten auf dem Rasen war, wie er im DFB-Pokal-Finale 2016 gegen den BVB dem damaligen Dortmunder Gonzalo Castro einen Finger ins linke Auge steckte - und dafür nicht einmal vom Platz flog.

Der ehemalige französische Nationaltrainer Raymond Domenech bezeichnete den in der Heimat umstrittenen Ex-Bayern-Star in seinem Buch "Tout Seul" ("Ganz allein") als "empfindliche Diva". Empfindlich hatte dieser in der Vorsaison nach dem Bundesliga-Gipfel beim BVB (2:3) zum Beispiel auch einen französischen TV-Experten angegangen.

Selbst mit seinem moderaten Ex-Trainer Jupp Heynckes, dem ein Gespür für schwierige Spielercharaktere nachgesagt wird, geriet der Tempodribbler beim deutschen Rekordmeister einst aneinander.

Jupp Heynckes hatte Krach mit Franck Ribéry

"Er ist ein Straßenkämpfer, der einen steinigen Weg gehen und sich nach oben boxen musste. Er fühlt sich schnell angegriffen und ist ein hochsensibler Charakter, der nach Respekt giert", erklärte Heynckes im Mai dem "kicker" und erzählte von einem Krach mit seinem Schützling: "Kurz vor Weihnachten 2011 traten wir im Pokal in Bochum an, als es kurz vor Schluss einen Freistoß gab. Franck wollte schießen. Ich rief, Toni Kroos solle es tun. Wir gewannen 2:1 und jubelten in der Kabine. Franck war stinksauer und motzte herum. Ich war genauso geladen und außer mir, schrie zurück."

Weltmeister Bastian Schweinsteiger soll vermittelt haben, es kam zur Aussprache und der Coach und sein launischer Angreifer umarmten sich demnach. In München hielt vor allem aber Präsident Uli Hoeneß die Hand schützend über ihn.

Jetzt muss er darauf hoffen, dass die Tifosi und die italienische Liga ähnlich verständnisvoll reagieren. In Florenz wissen sie nun zumindest, dass Ribéry nicht nur begeisternden Fußball verspricht.

Verwendete Quellen:

- spox.com: Ausraster nach dem Spiel! Ribéry geht den Linienrichter an (Video)

- faz.net: Ribéry droht nach Ausraster lange Sperre

- sport1.de: So bändigte Heynckes Robbery


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