Mitten in die Freude über den deutschen Erfolg in der Champions League platzte die Nachricht, dass der Streamingdienst Dazn die Rechtevergabe der Bundesliga angreift. Die Folgen sind noch nicht absehbar.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Pit Gottschalk dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Zur Stunde weiß niemand, wo Fußballfans ab Sommer 2025 Bundesliga-Fußball sehen werden. Bei Sky, Dazn oder sonst wo: Alles ist offen. Am späten Mittwochabend stoppte die Deutsche Fußball-Liga (DFL) abrupt und überraschend die Ausschreibung der sogenannten Medienrechte.

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Stunden zuvor hatte die "Frankfurter Rundschau" von einem Beschwerdebrief an die Bundesliga-Bosse berichtet: Von einem Brief, der nicht nur Vorwürfe Richtung DFL erhebt, sondern auch das gesamte Vergabeverfahren infrage stellt. Inzwischen ist das Bundeskartellamt eingeschaltet.

Faktenlage über Streamingrechte unklar

Was hier passiert, ist nichts weniger als eine Zerreißprobe für den deutschen Vereinsfußball. Der Ausgang ist ungewiss: Entweder zerstört Dazn jedes Vertrauen bei den Bundesliga-Klubs - oder die DFL-Verantwortlichen müssen das Knie beugen. Wie konnte es so weit kommen?

Die Faktenlage ist unklar. Was man weiß, ist: Den Beschwerdebrief hat der Streamingdienst und DFL-Partner Dazn verfasst und darin eine Benachteiligung bei der Vergabe des sogenannten Rechtspakets B mit den Freitag- und Samstagspielen im Pay-TV beklagt.

Angeblich, und jetzt gehen die Darstellungen auseinander, habe Dazn das Höchstangebot für die Live-Übertragungen abgegeben und die notwendigen Bürgschaften ein- beziehungsweise nachgereicht. Den Zuschlag habe Dazn trotzdem nicht bekommen. Der DFL hätten die Garantien nicht ausgereicht.

Dazn ließ die Vorwürfe über eine Anwaltskanzlei rechtssicher verbreiten und die gab den Vorwurf der Diskriminierung schriftlich weiter: „Außerdem hat unsere Mandantin den begründeten Verdacht, dass die DFL GmbH zwischen verschiedenen Bietern diskriminiert.“

Die DFL-Geschäftsführer Marc Lenz und Steffen Merkel können solche Vorwürfe nicht auf sich sitzen lassen und unterstellten in einer spontanen Stellungnahme eine falsche Darstellung der Fakten. Das müssen sie auch: Die Rechtevergabe ist ihr Brot- und Buttergeschäft.

"Die erhobenen Unterstellungen und Vorwürfe sind unzutreffend, haltlos und wir weisen sie in aller Deutlichkeit zurück."

DFL-Statement am 17. April 2024

Und die erlaubt keine Bevorzugung in die eine oder andere Richtung. Die Euro-Millionen, die aus der Rechtevergabe alle vier Jahre ermittelt werden, finanzieren zu einem großen Teil die Budgets der 36 Erst- und Zweitliga-Vereine. Jeder Spielertransfer hängt von diesem Geld ab.

Auf dem Spiel stehen zig Milliarden Euro

Vorsorglich stoppten die DFL-Bosse deshalb das Vergabeverfahren. Die Sache mit Dazn muss ultimativ geklärt werden, bevor auch alle anderen Rechtepakete an die TV-Sender gehen können. Auf dem Spiel steht: ein Jahresumsatz von rund 1,1 Milliarden Euro.

Die Dazn-Beschwerde ist für Lenz und Merkel doppelt heikel. Erst kürzlich sind sie mit ihrem Vorschlag eines Investorenmodells gescheitert; sie wollten einen Geldgeber an den TV-Einnahmen beteiligen. Die Fanproteste waren so heftig, dass sie den Plan aufgeben mussten.

Jetzt kommt Dazn um die Ecke und stellt, direkt oder indirekt, eine Bevorteilung des langjährigen Bundesliga-Senders Sky in den Raum. Schlimmer noch: Weil man sich nicht für das Höchstgebot entschieden habe, habe die DFL-Führung den Vereinen Geld vorenthalten wollen. Starker Tobak.

Das alles passierte, als der deutsche Vereinsfußball einen großen Triumph feierte: den Einzug zweier Bundesliga-Klubs ins Halbfinale der Champions League. Nun überschatten Vorwürfe aus den eigenen Reihen die Freude über Bayern München und Borussia Dortmund.

Verwendete Quellen

Über den Autor

  • Pit Gottschalk ist Journalist, Buchautor und ehemaliger Chefredakteur von SPORT1. Seinen kostenlosen Fußball-Newsletter Fever Pit'ch erhalten Sie hier.
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