Demnächst debütiert der 1. FC Union Berlin in der Champions League. Zuvor rüsten die Köpenicker den eigenen Kader gehörig auf. Der prominenteste Neuzugang wurde nun kurz vor Ende des Transferfensters bekannt gegeben: Leonardo Bonucci. Obwohl der Europameister von 2021 seinen sportlichen Zenit überschritten hat, kann er eine große Hilfe für die immer ambitionierteren Eisernen sein.

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Die Vita von Leonardo Bonucci liest sich wie die eines italienischen Top-Spielers: Ausbildung bei Inter Mailand, über Bari zu Juventus, nach sieben Jahren in Turin ein kurzes Intermezzo beim AC Milan und anschließend sechs Spielzeiten in Diensten von Juventus. Doch zum Ende seiner Karriere verschlägt es den einstigen Spitzenverteidiger in die Ferne – konkret in den Berliner Stadtteil Köpenick.

Am Freitag gab der 1. FC Union Berlin die Verpflichtung des 36-Jährigen bekannt. Nach Robin Gosens und Kevin Volland kommt damit ein weiterer namhafter Spieler in die Alte Försterei. Und bei allem Respekt vor Gosens und Volland ist Bonucci doch noch mal eine andere Hausnummer. Auch wenn er bei Juventus zuletzt auf dem Abstellgleis stand, so ist der Europameister von 2021 eine Institution im europäischen Fußball.

Juventus übernimmt Teil des Gehalts von Bonucci

Union unterstreicht damit, dass sich das Ansehen des einstigen Ost-Berliner Werktätigenklubs erheblich verbessert hat. Die vergangenen Spielzeiten, in denen das Team von Urs Fischer Fünfter beziehungsweise Vierter in der Bundesliga wurde, haben Union einen Finanz- und Reputationsschub gegeben. Allerdings könnten auch Zweifel aufkommen, inwieweit sich die Eisernen übernehmen oder von ihrem einstigen Erfolgsweg abkommen, wenn nun ältere Großverdiener zu ihnen wechseln.

Im Fall von Bonucci besteht der große Vorteil darin, dass Juventus einem Bericht zufolge einen erheblichen Teil des vormaligen Gehaltes in Form einer Entschädigungszahlung quasi übernimmt. Bonucci hatte bei den Turinern rund 3,5 Millionen Euro netto pro Jahr verdient und man kann ihm zugutehalten, dass er nicht wie viele andere alternde Stars den Weg nach Saudi-Arabien angetreten ist, um dort abzukassieren.

Union bezahlt nur einen Bruchteil seines bisherigen Gehaltes und zerstört dadurch nicht das eigene Gehaltsgefüge. Dass Geschäftsführer Oliver Ruhnert und Präsident Dirk Zingler nicht auf Biegen und Brechen große Namen verpflichten wollen, wurde bereits im Januar offensichtlich, als der ehemalige Real-Madrid-Star Isco zu Verhandlungen nach Berlin kam. Beide Seiten konnten sich schlussendlich nicht auf einen Vertrag einigen und Isco reiste noch am selben Tag wieder ab.

Zuletzt häufig verletzt

Bonucci wird bestenfalls die Rolle des "Elder Statesman" in der Defensive von Union einnehmen. Von ihm können jüngere Verteidiger wie Diogo Leite (24) und Danilho Doekhi (25) gerade in puncto Positionsspiel und Spielaufbau noch so manches lernen. Zugleich muss Bonucci sein Ego so gut es geht zurückstellen, denn Cheftrainer Fischer setzt vorrangig darauf, dass sein Team im Kollektiv zusammenarbeitet und erfolgreich ist.

In der vergangenen Saison war jede Position im 3-5-2 des Schweizers doppelt besetzt. Die Botschaft: Jeder Spieler kann ausgetauscht werden. Natürlich haben sich Mittelfeldspieler Rani Khedira oder zwischenzeitlich Angreifer Sheraldo Becker einen gewissen Status erarbeitet, aber auch sie dürfen sich keine längeren Durchhänger erlauben.

Ähnliches gilt fortan für Bonucci, der ob seines Alters und insgesamt 678 Pflichtspiele in seiner Karriere gewiss nicht mehr der frischeste Kicker ist. In der vergangenen Saison stand er verletzungsbedingt nur etwas mehr als 1.500 Minuten auf dem Rasen. Eigentlich wollte Bonucci seine Karriere bei Juventus im kommenden Sommer beenden, aber Cheftrainer Massimiliano Allegri hätte nicht mehr auf ihn gesetzt.

Statt die nächsten Monate von draußen zuzuschauen, streift sich der 121-fache italienische Nationalspieler nun das Trikot von Union Berlin über. Damit unterstreichen die Eisernen ihre Ambitionen nach den mehr oder weniger überraschenden Erfolgen der vergangenen Jahre und holen sich zugleich viel internationale Erfahrung ins Team. Es ist kein risikoloser Schritt, aber einer, der sich auszahlen kann.

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