Die Bayern verlieren mal wieder das Supercup-Finale. Aber wie fast jedes Jahr dürfte die Niederlage mehr Ansporn für die Münchener als für ihre Konkurrenz sein. Trainer Pep Guardiola hat trotzdem bis zum Bundesliga-Auftakt noch einiges zu tun.

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Die Pressekonferenz nach dem Supercup-Spiel war bezeichnend: Pep Guardiola schaut traurig in die Runde, das Gesicht gedankenverloren auf seine rechte Hand gestützt. Letzte Frage: "Ist Wolfsburg jetzt der schärfste Kontrahent der Bayern im Kampf um die Meisterschaft?"
Guardiola wirkt plötzlich hellwach. "Ja", kurze Pause. "Aber Bayer Leverkusen auch. Und der BVB, Schalke und Borussia Mönchengladbach. Wolfsburg ist ein großer Konkurrent, alle sind große Konkurrenten. Aber das sind wir für alle anderen auch."

Pep Guardiolas Supercup-Fluch hält an

Der FC Bayern München hat den Supercup verloren. Den Allesgewinnern ist das nun schon zum dritten Mal in Folge passiert, immer stand als Trainer Pep Guardiola an der Seitenlinie. Schnell waren nach der Partie in und gegen Wolfsburg die Überschriften von "Peps Supercup-Fluch" gestrickt und die Frage in den Raum gestellt, ob dies für ihn persönlich denn schon die dritte und letzte Chance gewesen sein könnte, diesen Titel zu holen. Guardiolas nicht geklärte Vertragssituation öffnet nun einmal Raum für Spekulationen.


Dass es am Ende - mal wieder - eine eher bayern-untypische Niederlage war, die sich der Rekordmeister da einhandelte, interessierte nur die Wenigsten. Die Dusel-Bayern mussten einen späten Gegentreffer schlucken und danach verloren sie, Testspiele mit eingerechnet, das vierte Elfmeterschießen in Folge.

Der Supercup ist kein großes Prestigeobjekt. Aber der Wettbewerb läutet die anstehende Saison ein, er ist ein erster Fingerzeig, wohin es in der kommenden Spielzeit denn gehen könnte. Nimmt man diese Definition als Maßstab, dann lautet die Kernaussage für die Bundesliga: Einige Mannschaften können den Bayern unangenehm werden, ganz speziell der VfL Wolfsburg.

Die Wölfe haben seit Frühjahr 2014 kein Heimspiel mehr verloren. Damals setzte es ein 1:6 gegen eben diese Bayern. Die wiederum gingen im letzten Pflichtspiel der beiden Mannschaft gegeneinander beim 1:4 so übel ein, wie gegen keine andere Bundesligamannschaft in Guardiolas Amtszeit. Insofern gab es doch einiges klarzustellen. Die Bayern sind daran gescheitert.

Bayern gewähren VfL Wolfsburg zu viele Chancen

Zwei Wochen vor dem Start in die Liga-Saison hakte es beim Rekordmeister noch gewaltig. Die vielen Torszenen auf beiden Seiten, Douglas Costas sehr ordentliches Pflichtspieldebüt und die Führung bis zur 89. Minute dürfen darüber nicht hinwegtäuschen. Die Bayern haben dem Gegner zu viele Chancen gewährt, die Abstimmung im Mittelfeld war phasenweise kaum vorhanden, einzelne Spieler isoliert oder fielen hinter dem Niveau der anderen Bayern zurück.


Guardiola stellte Xabi Alonso vor die Abwehr. Thiago dagegen fand sich wie Thomas Müller auf der Halbposition wieder. Während Alonso um Linie und eine klare Struktur bemüht war, diese aber kaum liefern konnte, war Thiagos Spielwitz so eingeschränkt, dass der Spanier in dieser Spielausrichtung wie einer unter vielen wirkte - aber nicht wie derjenige, der ein Spiel in die Hand nimmt und es lenken kann.

Dass Wolfsburg mit den Einwechslungen von Max Kruse, Andre Schürrle und Niklas Bendtner nicht nur ein neues System, sondern auch mehr Druck aufbauen konnte und letztlich zwei der drei Neuen am späten Ausgleich maßgeblich beteiligt waren, ist die eine Sache. Dass Guardiolas Wechsel und Umstellungen dagegen verblassten, die andere.

Auswechslung von Thomas Müller problematisch

Dem Trainer daraus nun einen Strick zu drehen, wäre falsch. Und die Tatsache, dass mal wieder eine Partie verloren ging, in der Thomas Müller vorzeitig den Platz verlassen musste, war sicher auch eher ein Zufall. Die Bayern-Fans erinnern sich schließlich mit Grauen an das Finale dahoam, mit unglücklichen Wechseln, der Herausnahme von Müller und einem tragischen Elfmeterschießen. Trainer hieß damals übrigens Jupp Heynckes.

Heute heißt der Trainer Pep Guardiola. Und der will unbedingt das schaffen, was noch keiner vor ihm geschafft hat: Den vierten Titel der Bayern in Folge. Ein Sieg im Supercup hätte die Verhältnisse für die kommenden 34 Spiele schon mal abstecken können. So lassen die Bayern der Konkurrenz vielleicht sogar ein wenig länger die Illusion, dass sie tatsächlich angreifbar wären.

Dass alles anders kommt und die Münchener im Mai kommenden Jahres nicht schon wieder die Schale in den Himmel recken werden, glauben wohl trotz der Niederlage gegen Wolfsburg nur ein paar ganz Unentwegte. Dafür ist das Ziel zu groß und wahrscheinlich auch der Erfolgshunger der Spieler.
Auf die nächste Chance im Supercup müssen die Bayern jetzt mindestens ein Jahr lang warten. Das ist an und für sich keine besonders schöne Aussicht. Für einen Klub, der in neun von 16 Endspielen aber zumindest vertreten war, aber zu verschmerzen. 34 Spieltage lang - oder im Zweifel sechs Pokalrunden - haben die Bayern nun Zeit, sich wieder zu qualifizieren.

Im DFB-Pokal wartet am kommenden Wochenende der Oberligist FC Nöttingen in der ersten Runde, den Spötter in Sachen Spielstärke mit der des ersten Bundesliga-Gegners gleichsetzen, dem Hamburger SV. Für Manuel Neuer ist jetzt schon klar, dass einer der beiden Finalsten in einem Jahr FC Bayern München heißen wird. "Jetzt müssen wir halt wieder die Meisterschaft holen, ne?!", orakelte der Nationaltorhüter. Was ironisch gemeint war, dürfte in den Ohren der Konkurrenz, in Wolfsburg, Mönchengladbach, Leverkusen, Dortmund oder Gelsenkirchen, eher wie eine Kampfansage ankommen.

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